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www.rhetorik.ch aktuell: (15. Feb. 2001)

Zu einer Situation bei der Rundschau Sendung.



Im folgende Beispiel aus der Praxis geht es um etwas Ähnliches wie beim Aktuell Beitrag vom 10. Februar. Der Gast sitzt auf dem "Heissen Stuhl" und wird vom stehenden Moderator befragt.


Alle kennen die Befagungssituation in der Rundschau im Schweizer Fernsehen DRS: Der Befragte sitzt auf dem "heissen" Stuhl und der Moderator steht. In diesem Fall jedoch auf gleicher Augenhöhe. Bei diesem Konzept kreiste früher der Hannes Britschgi Moderator Hannes Britschgi während des Interview um den Stuhl. Jedermann kennt die unangenehme Situation, wenn jemand hinter dem Rücken steht. (Dies schätzt niemand. Es irritiert - selbst Hunde suchen in unangenehmen Situationen die Rückendeckung) Nach dem ersten Medienwirbel bei einer Befragung von Franz Steinegger bewies jedoch Hannes Britschgig, dass er sich anpassen kann.
Er blieb künftig vor dem Stuhl stehen und wechselte nur noch die Seite. Uneingeweihte regten sich weiterhin auf. Hannes Britschgi wurde verschiedentlich gefragt, warum er während des Interviews die Seite wechsle. Er begründete dies damit: "Ich möchte beide Hirnhälften aktivieren." (die Rechte und die Linke). Die Antwort schien die Fragesteller meist zu befriedigen. Die wenigsten hatten jedoch Kenntnis davon, dass durch den unverhofften Seitenwechsel der Befragte kurz irritiert und destabilisiert werden kann.
Die Befragten auf dem heissen Stuhl akzeptierten leider diese ungewöhnliche einseitig festgelegte Spielregel und merkten nicht, dass mit dem Moderator Vereinbarungen getroffen werden können. Hannes Britschgi war nämlich stets fair, wenn jemand Vereinbarungen traf. z.Bsp: Beim Gespräch mit Niklaus Senn blieb er während des ganzen Gespräches auf einer Seite, weil dies Senn vorher ausdrücklich gewünscht hatte. (Hörprobleme).
Die Praxis bestätigt es: Vielen Persönlichkeiten fehlt der Mut- vorgängig Situationen zu klären oder klare Vereinbarungen zu treffen.

Nicolas Hayek, Quelle: Coopzeitung In der Rundschau kam es einmal während der Befragung zu einer vielbeachteten Überraschung. Dabei wurde nun Hannes Britschgi irritiert. Vielleicht ist dieses spektakuläre Gespräch mit Nicolas Hajek vielen noch in bester Erinnerung. Hayek erlaubte sich, unverhofft von seinem "Beichtstuhl" (so nannte er den heissen Stuhl) hinunterzusteigen und mit Hannes Britschgi plötzlich ebenfalls stehend weiterzudiskutieren.
Am Schluss setzte sich sogar Hayek noch unten auf die Podestkante und brachte es zudem fertig, dass sich der Moderator ebenfalls zu seinem Platz hinsetzte.
Alle, die etwas gegen den harten Befrager hatten, freuten sich nun und glaubten, jetzt habe jemand dem "ekligen" Journalisten endlich gezeigt, "wo Gott hockt". Hatte in diesem Fall Hayek tatsächlich überzeugt?

Wir haben in Seminaren dieses Interview zahlreichen Leuten gezeigt und bald gemerkt, dass am Schluss nur der Gag Hajeks in Erinnerung blieb. Von Hajeks Kernaussage war nichts mehr übrig geblieben. Die Show überdeckte die wichtigsten Botschaften. Im Nachhinein konnte niemand mehr sagen, welche Aussagen Hajek gemacht hatte. Hajek hatte im Grunde genommen mit dieser Show keinen grossen Erfolg. Denn: Trotz des vielbeachteten Gags hatte Hajek die Chance des Medienauftrittes schlecht genutzt. Wir gehen davon aus, dass bei einem Auftritt jede Sekunde als Chance genutzt werden sollte.

Fazit: Journalisten kennen in der Regel die wichtigsten Grundsätze der Dialogik und werden entsprechend fachgerecht ausgebildet. Doch müssen wir immer auch mit Unzulänglichkeiten rechnen. Wer an Medien auftreten muss, sollte aber nie ohne Kenntnis der wichtigsten Spielregeln, vor Mikrofon oder Kamera reden. Das Coaching im Mediensimulator lohnt sich in jedem Fall.


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