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www.rhetorik.ch aktuell: (7. Feb. 2004)

Stefan Raab und sein teures Mundwerk



In einem kleiner Film über eine Misswahl in Köln werden die jungen Damen gebeten werden sich vorzustellen. Die Vorstellung von Lisa Loch wird im Dezember 2002 in einer Boulevardsendung ausgestrahlt. Die 16 jährige Gymasiastin sagt ins Mikrofon des Privatsenders:

"Mein Name ist Lisa Loch, und ich bin 16 Jahre alt".


Die Redaktion eines anderen privaten Fernsehsenders zeichnet die Szene auf, und zeigt es in der Sendung "TV-Total". Kommentar des Moderators Stefan Raab:



"Man muss doch heute nicht Lisa Loch heißen. So was kann man doch heute notariell ändern lassen, z.B. Lotti Loch oder vielleicht war Lisa Loch ihr Künstlername und die heißt nämlich Petra Pussy".


Seitdem wird das Mädchen auch heute noch von für sie völlig fremden Personen - mit "Petra Pussy" angesprochen. Am Telefon meldeten sich anonyme Anrufer.


Derbe Witze auf Kosten einer Schülerin kommen "TV Total"-Moderator Raab teuer zu stehen: Er hatte den Namen der 16-järigen Lisa Loch wiederholt für anzügliche Wortspiele missbraucht. Wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte der jungen Frau wurde Raab zu Schadenersatz in Höhe von 70'000 Euro verurteilt.

An Beleidigungsklagen wegen verletzender Ässerungen in seiner Sendung ist Stefan Raab gewöhnt. Doch diesmal müssen er und seine Produzenten wegen eines Falls tiefer als sonst in die Tasche greifen. Das Oberlandesgericht Hamm enschied, dass Raab, der Sender Pro Sieben und die beiden Produktionsfirmen von "TV Total" für den Schadenersatz aufkommen müssen.



Spiegel online berichtet:
Der Moderator hatte in den Jahren 2001 und 2002 mehrfach einen Fernsehausschnitt verwendet, in dem die damals 16-jährige Lisa Loch bei der Wahl zur "Miss Rhein-Ruhr" zu sehen war. Einen Fernsehspot, in dem sich die Klägerin mit den Worten "Mein Name ist Lisa Loch und ich bin 16 Jahre alt" für einen anderen Schönheitswettbewerb vorstellte, zog Raab kräftig durch den Kakao. In "TV Total" veröffentlichte der Moderator unter anderem ein Wahlplakat der fiktiven "Lisa-Loch-Partei", auf dem ein kopulierendes Paar abgebildet war.

Die Schülerin sagte vor Gericht, sie habe nach Ausstrahlung der Sendungen erheblich unter den Hänseleien gelitten. In der Öffentlichkeit sei auf sie gezeigt worden. Ausserdem habe sie obszöne Anrufe erhalten und sei auf offener Strasse beleidigt und mit Spottgesängen verhöhnt worden. Die junge Frau sagte, sie habe deshalb sogar eine Psychotherapie machen müssen.

Das Gericht urteilte, Raab habe durch die öffentliche Verunglimpfung der Schülerin ihr Persönlichkeitsrecht schwer verletzt. Satire könne einen beachtlichen Freiraum beanspruchen, dürfe eine Person aber im Kernbereich nicht verletzen, hiess es. Dabei sei vor allem zu berücksichtigen gewesen, dass die Klägerin bei der Ausstrahlung der Sendungen noch minderjährig war.




Auch wir vertreten die Meinung, dass Satire Grenzen hat. Jeder Mensch hat ein Recht auf Schutz der Persönlichkeit. Im Alltag ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Eltern und Erzieher Kinder nicht blossstellen oder psychisch verletzen dürfen. So wie Körperverletzungen geahndet werden, so sollten psychische Verletzungen durch Exekutionsrhetorik ebenfalls eingeklagt werden. Worte müssen ernst genommen werden, denn Worte können verletzen.

Spiegel online:
Der Richterspruch im Fall Lisa Loch soll generell abschreckend wirken. Nach Ansicht des Gerichts seien massive Persönlichkeitsrechtsverletzungen auch dann nicht zulässig, wenn die betroffene Person nicht prominent ist.

"Für alle Nichtprominenten, die Medienopfer geworden sind oder noch werden könnten, ist das eine richtungweisende Entscheidung", sagte der Anwalt der Klägerin, Frank Roeser. Der Fall Lisa Loch stelle klar, dass es keine Zwei-Klassen-Justiz geben darf.

Lisa Loch hatte zuerst Stefan Raab, die Produzenten und den Sender auf Schadensersatz in Höhe von 300'000 Euro verklagt. Das Landgericht Essen hatte der Frau in erster Instanz 22'000 Euro Schadenersatz zugesprochen, wonach beide Parteien in Revision gingen. Das heutige Urteil über 70'000 Euro wurde in zweiter Instanz gesprochen.


Fazit Bedachtes Reden lohnt sich! Unbedachte Worte können viel kosten.



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