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www.rhetorik.ch aktuell: (13. Dezember, 2003)

Christine Maiers Aufstieg zur Top-Moderatorin:

Teil 1

Teil 2: Zur Moderation von Christine Maier

Teil 3


Seit einer früheren Analyse hat Christine Maier ihre Gesprächsleitung beim "Club" wesentlich verbessert. In der Talksendung "Persönlich" im Radio DRS 1 vom 23. November erfuhren die Hörer, weshalb sie heute besser ankommt:

  • Sie ist selbstkritisch, nimmt Kritik von aussen ernst.
  • Sie bereitet sich vor jeder Sendung gut vor und zieht sich bewusst zurück.
  • Sie stellt sich dabei die zentralen Fragen:
    • Was will ich?
    • Was erwarten die Zuschauer von der Sendung?
    • Welche Fragen müssen gestellt werden?


Christine Maier schätzt das Unberechenbare bei ihren Clubgesprächen. Sie findet dies sogar spannend. Es gebe dabei viele unerwartete Komponenten. So habe es lebendige Gesprächsteilnehmer, die sagen plötzlich nichts mehr. Andere lassen sich einschüchtern, die vorher recht offen gewirkt haben. Es gebe aber auch stille Leute, die unverhofft loslegen. Sie habe schon Gegner erlebt, die sich plötzlich in den Armen liegen.


Es kommt nicht von ungefähr, dass Christine Maier selbstsicherer ist. Obschon sie immer noch etwas gespannt wirkt, so ist sie sichtbar lockerer geworden.
Dank ihrer Selbstkritikfähigkeit kam es zu deutlichen Verbesserungen. Sie nahm - nach eigener Aussage - Kritik immer ernst und hat sich mit den Fragen der Moderation auseinandergesetzt. Christine Maier weiss heute viel besser, was Moderation bedeutet. Sie formulierte es im Radiointerview recht treffend:

"Ich stelle die eigene Meinung zurück, obschon ich weiss, dass jeder Moderator seine eigene Meinung hat."


Christine Maier ist sich heute bewusst, dass sie beim Moderieren auch lenken muss: Dass man beispielsweise bei Langrednern einzugreifen hat, wenn es geboten ist.
Wir haben die Moderatorin hinsichtlich Gesprächsleitung bei der "Club" Sendung über die "Raser auf der Strasse" nochmals unter die Lupe genommen und festgestellt, dass Sie Ihre Moderationsphilosophie in der Praxis umsetzt:

"Die Moderatorin ist lediglich Transportmittel der Meinung anderer!"


Tatsächlich:

  • Sie kann sie heute besser zuhören und baut die Frage auf einer Plattform auf.
  • Sie stellt kaum noch Frageketten.
  • Die Moderation leitet das Gespräch bedeutend dialogischer.
  • Der Wechsel zwischen Gespräch "laufen lassen" und hartem Nachfragen oder Lenken des Gespräches ist in einer guten Balance.
  • Der rote Faden der Dialoge ist nachvollziehbar.


Schade, dass Christine Maier bei der jüngsten Moderation zum Frauenanteil in der Politik nochmals gegen ihr eigenes Prinzip (Die Moderatorin müsse Transportmittel der Meinung Anderer sein) verstossen hatte. Als Moderatorin diskutierte und argumentierte sie bei der Quotenfrage mit. Obschon dieser Vorschlag zur Förderung des Frauenanteils in der Diskussionsrunde geklärt war, und das Für und Wider auf dem Tisch lag, beharrte die Moderatorin auf ihrem Argument, in nordischen Staaten habe sich die Quotenregelung bewährt. Dies verdeutlichte, dass es schwierig ist, mit der eigenen Meinung zurückzuhalten, wenn man selbst befangen ist.

Erkenntnis: Moderieren ist eine Kunst, die erlernt werden muss - aber auch erlernt werden kann.






Nachtrag vom 2. Mai, 2004: Rückfall: In einem Hotelzimmer sahen wir im SF DRS 1 den Zischtig Club: Es tobt eine wilde verbale Auseinandersetzung. Christine Maier versucht wie eine Dompteurin die chaotische Situation zu meistern. Der Fernsehfrau schwammen jedoch die Felle davon. Hilflos schreit sie ins Durcheinander: "Halt! Jetzt spricht Jacqueline Bachmann!!" Doch niemand will die Intervention hören. "Jetzt spricht Jacqueline Bachmann!!" wiederholt Christine Maier noch bestimmter. Doch die Teilnehmer lassen sich nicht bändigen. Mit den Handkanten gibt die Moderatorin deutliche Signale des Schneidens. Aber auch diese nonverbalen Zeichen fruchten nichts. Die "Gesprächsleiterin" beugt sich nach vorn und wiederholt unablässig: "Jetzt redet Jacqueline Bachmann!!" Franz Jäger nimmt keine Rücksicht und spricht unablässig wild drauflos.Meist reden auch die anderen gleichzeitig. Die Aussagen werden vom Stimmengewirr zugedeckt. Jemand ruft nun zu Christine Maier: "Jetzt muss ich mich durchsetzen!" Verzweifelt verteidigt sich Christine Maier: "Ich muss mich auch durchsetzen!" Wir hätten gerne diese einmalige Chaosszene in diesem Beitrag gezeigt. Doch konnten wir die Sequenz nicht mehr beschaffen. Diese Szene wäre wiederum ein gutes Beispiel, wie man nicht moderieren darf. Wir gingen davon aus, dass Christine Maier nach den Anfangsschwierigkeiten gelernt hat, wie eine Gespräch geleitet werden muss. Nach einigen erfolgreichen Sendungen war für uns dieses Verhalten ein Rückfall.

Gedankenanstoss: Wie hätte sich die Moderatorin verhalten sollen?




Nachtrag vom 12. Mai, 2004. Eine Leserin hat uns eine denkbare Antwort zukommen lassen, die das Verhalten der Profifrau erklären könnte. In einem Interview im "Tele" (Nr.20/04) wird Christine Maier nicht zufälligerweise als "Die Forsche" bezeichnet und sie sagt zu Ihrem Moderationsstil: "Mit Klischees - wie softe Frau, harter Mann - können wir nicht dienen." Dieser Satz impliziere, dass Christine Maier auf keinen Fall eine softe Frau sein möchte. Dies sei möglicherweise die Ursache ihres "verkrampften" Verhaltens. Immer dann, wenn sie zu verbissen moderiere, schimmere dieses Bemühen durch. Diese Interpretation der Leserin stimmt zum Teil mit unserer Wahrnehmung überein. Auch wir stellten vielfach fest: Christine Maier fehlt die "Balance zwischen Gelassenheit und selbsverständlichem Führen". Möglicherweise könnten Christine Maier die Zauberworte: - "Entkrampfung" - "Gelassenheit" - vor weiteren Rückfällen bewahren.


Fortsetzung: Teil III


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