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www.rhetorik.ch aktuell: (9. Dezember. 2002)

Borer plant Millionenklage



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Operation "Big Easy": Millionenklage gegen Burda, "Milchstrasse", RTL und Sat1?
Die Thomas Borer Affaire geht in eine weitere Runde: Borer will zwei Deutsche Verlage, Burda mit Zeitschrift "Bunte" und Milchstrasse mit Zeitschrift "Max", sowie die beiden TV-Stationen RTL und Sat1 vor einem US Gericht auf Schmerzensgeld verklagen.

Nachdem das Ehepaar Borer-Fielding nach dem Vergleich mit Ringier in der Schweizer Boulevardlandschaft einen Erfolg buchen konnte und Borer von Ringier seither in Ruhe gelassen wird, erhofft sich der Ex-Botschafter mit dem juristischen Aufschlag im Skandalmatch weitere Punkte zu holen.
"Die Verlage und TV-Sender haben meine und die Persönlichkeitsrechte meiner Frau Shawne und meines ungeborenen Kindes auf übelste Weise und mit großer Hartnäckigkeit verletzt, dies muss ein Ende haben", kündigte Borer gegenüber "Spiegel" an. In den kommenden Tagen wollen seine Anwälte nun eine umfangreiche Klageschrift für das Gericht in Dallas vorbereiten. Die Operation heisst "Big Easy".

Poster vom Film The Big easy


Wirtz zieht Klage zurück

Nach dem Hin- und Her bei Zeugenaussagen, zieht nun ein weiterer Belastungzeuge seine brisante Klage überraschend zurück. Heinrich Wirtz behauptete früher, im Auftrag von Borer "ein Expertenteam zusammengestellt" zu haben (Operation Cross Return), um die Ringier Vorwürfe in der angeblichen Sexaffäre mit der Visagistin Djamile Rowe zu widerlegen. Mit dem Zweck: Das Verlegerehepaar erfolgreich in die persönliche Haftung zu nehmen. Im Auftrag von Borer habe er die finanzielle und psychische Betreuung der Visagistin nach dem Widerruf übernommen, Wirtz liess damals verlauten: Borer habe ihm nur 38'000 von den geschuldeten 100'000 Euro bezahlt.
Nun widerrief Wirtz alles und gab unverhofft die Rücknahme der Klage bekannt. Das ganze sei eine Aktion von Journalisten gewesen, (Frank A. Meyer als Mitwisser?), um Borer mit gezielten Indiskretionen persönlich und wirtschaftlich zu zerstören.

Emotionen machen einen Gerichtsentscheid unvorhersehbar

Am Sonntagabend, dem 8. Dezember wurde das Ehepaar nochmals in einer Fernsehsendung von Kerner befragt. Frau Fielding sahen wir, mit Tränen in den Augen, als sie an den Verlust des ungeborenen Kindes erinnert wurde.
Eine Szene voller Emotionen. Ein Bild der Einigkeit - Händchenhaltend - das dem Millionenpublikum bewusst machte: Dem Ehepaar ist unrecht geschehen! Es ist den beiden ernst mit der Klage. In einem US Gericht hätten die Borers wahrscheinlich noch gute Chancen (siehe Analyse vom "Spiegel" unten).
Das Paar Borer-Fielding


Matthias Gebauer schreibt im Spiegel vom 7. Dezember 2002:

"Schon jetzt malen die Berater Borers ein Prozess-Szenario, dass das amerikanische Geschworenen-Gericht überzeugen soll. So könnte die blonde Texanerin und ambitionierten Hobbyschauspielerin in den USA mediengerecht vor die Jury treten und ergreifend ihre Geschichte erzählen. Wie sehr sie die Aufregung um ihren Mann mitgenommen und wie sehr sie sich über die Berichterstattung aufgeregt hat. Schnell könnten so die Beklagten als Schuldige an dem Tod ihres ungeborenen Kinds dastehen. Kaum ein US-Geschworener, so hoffen Borers Juristen, würde bei dieser Lage noch von einer Verurteilung absehen. Ein solcher Auftritt könnte dann auch die Summe des Schmerzensgeldes erheblich nach oben treiben."
Ganz offen spekuliert der Schweizer auch mit den Möglichkeiten, die ein US-Verfahren für ihn böte. So könnte er, wie in den USA üblich, durch seine Anwälte auch Beweise selbst erheben lassen. Theoretisch könnte Borer durch seine Juristen Durchsuchungen beantragen und auch durchführen lassen, er könnte Zeugen vernehmen und seine Rechercheure in Redaktionsstuben in Hamburg, Köln und München wühlen lassen. Plötzlich stünden in dem Prozess in Dallas dann auch die teils harschen Arbeitsmethoden der Boulevard-Medien auf dem Prüfstand. "Ich und meine Frau Shawne wurden auf Mauritius und in Berlin von den Reportern regelrecht verfolgt und bedrängt", klagt Borer schon jetzt. Vor Gericht sind diese Beschreibungen freilich noch ausbaubar, als Vorbild zum Training dienen den Borers schon heute die Bilder vom öffentlichen Prozess gegen die Tennis-Legende Boris Becker in Miami."


Wie geht es weiter?

Was uns bei der Fortsetzungsgeschichte vor allem interessiert: Wie werden die betroffenen Medien jetzt reagieren? Der Ausgang ist schwierig vorherzusehen: Wichtige Aussagen basieren auf unglaubwürdigen Zeugen, die einmal das und einmal etwas anderes behaupten. Weder die Aussagen von Djamile Rowe noch jene des mehrfach vorbestraften Wirtz sind verlässlich.
Bis heute ist nichts bewiesen. Weder die Schuld noch die Unschuld. Nach unserem Rechtsempfinden bleibt jede Person unschuldig, so lange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Beim Fall Borer ging es denn auch bei unseren Beiträgen nie um die Schuldfrage, sondern vielmehr um das Medienverhalten von Personen, die Medien gerne als Plattform für sich zu nutzen verstehen.
Uns hat vor allem erstaunt, dass sich der Ex-Botschafter im letzten Fernsehbeitrag selbst als Krisenmanager bezeichnet hatte: die Geschichten belegen jedoch, dass Tomas Borer ausgerechnet in Krisensituationen (Startphase/Postolengeschichte) recht undiplomatisch oder falsch reagiert hatte.


Nachtrag vom 15. Januar, 2003: Presserat rügt den "Blick" Der Schweizer Presserat hat im Fall Borer eine schwere Verletzung der Intim- und Privatsphäre des Ehepaars Borer-Fielding durch die Ringier-Presse festgestellt. Die Berichterstattung von "Blick" und "SonntagsBlick" über das Verhältnis des damaligen Botschafters Thomas Borer mit einer Visagistin gehöre zur Intimsphäre der Betroffenen. Auf deren Respektierung hätten auch Personen des öffentlichen Lebens Anspruch.
Der Presserat stellte auch fest, dass kein öffentliches Interesse vorliege, das die Berichterstattung gerechtfertigt hätte. Während es verständlich sei, dass sich Menschen für den Intimbereich anderer interessieren, dürfe nicht mit einem öffentlichen Interesse verwechselt werden. Für unwesentlich hielt der Presserat, ob die Schilderungen wahr oder falsch waren. Offensichtlich unlauter sei zudem die Bezahlung eines Informationshonorars von 10'000 Euro an die betroffene Frau gewesen. Es bestehe in diesen Fällen die Gefahr, dass eine Information aus kommerziellen Gründen weitergegeben werde.


Nachtrag vom 19. Januar, 2003: Ende der Pistolengeschichte.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung weiss am 18. Januar zu berichten, dass die Ermittlungsverfahren gegen Borer im Zusammenhang mit dem Pistolenfund vom 13. August eingestellt worden sind. Borer-Fielding muss allerdings 10'000 Euro zahlen. Ermittelt worden war wegen unerlaubten Waffenbeseitzes. Borer-Fielding hatte aber der Staatsanwaltschaft glaubhaft machen können, dass es für einen Schweizer durchaus normal sein, eine Waffe im Haus zu haben.


Nachtrag vom 14. Februar 2004: Borer blitzt vor Richter in Texas ab
Ein Bezirksrichter in Dallas (Texas) hat die Klage des Ehepaars Borer-Fielding gegen deutsche Verlagshäuser abgewiesen. Der frühere Schweizer Botschafter in Berlin und seine Frau hatten wegen persönlichkeitsverletzender Berichterstattung geklagt. Anlass war die Berichterstattung in deutschen Medien über eine angebliche Liebesaffäre Borers, die auch in US-Medien aufgegriffen wurde. Wie "10 vor 10" auf Schweizer Fernsehen DRS am Freitag berichtete, entschied Bezirksrichter Ed Kinkeade, dass der Klage des Ehepaars Borer-Fielding gegen den Burda-Verlag und andere deutsche Verlagshäuser nicht stattgegeben werde.
Kinkeade stellt in seinen schriftlichen Ausführungen fest, dass der von Borer-Fielding behauptete Schaden auf Artikel in Europäischen Medien zurückgehe. Diese Publikationen seien in Texas kaum verbreitet; so habe der "Stern" gerade mal 40 Abonnenten in Texas.
"Die Artikel wurden auf deutsch geschrieben, in Deutschland publiziert und haben fast ausschliesslich Leser in Europa erreicht", schreibt Kinkeade. In der Schweiz wurde die Affäre im Juli 2002 beigelegt. Das Verlagshaus Ringier zahlte dem Ehepaar Borer-Fielding Schmerzensgeld in nicht genannter Höhe.
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