Ob
berechtigte Kritik an Kampagnen-Journalismus
| oder | Angriff auf die Pressefreiheit |
Münteferings juristischer Kurzfeldzug gegen die Bildzeitung war ein
taktischer Fehler.
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SPD Generalsekretär Franz Müntefering setzte sich kürzlich
in die Nesseln, als er im Zusammenhang mit den Bonus- Freiflügen
gegen "Bild" eine Strafanzeige gegen die Boulvardzeitung einreichte.
Der Grund der Klage war eine angebliche Kampagne gegen die SP und Grünen
die durch Indiskretionen der Bild Redaktoren inszeniert worden sei.
Siehe dazu die Beiträge
Im Zusammenhang mit "Bild", siehe
auf
rhetorik.ch.
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Münteferings Klage löste einen grösseren Wirbel aus.
Dank der unbedachten Strafanzeige gegen die "Bild" Zeitung konnte deren
Redaktion tagelang mit Leserbriefen, Kommentaren
und Schlagzeilen den Politiker angreifen. Die "Bild" Zeitung nutzte
natürlich die Gelegenheit, die unbedachte Anzeige als Attacke
gegen die Pressefreiheit auszuschlachten.
Es kam aber sehr rasch zu einer Solidarisierung der Journalisten gegen
Müntefering. Der Angriff wurde zu einem Bumerang. Nicht nur führende
Chefredakteure (wie z.B. vom Spiegel oder vom Fokus) kritisierten den
juristischen Schritt. Auch Bundestagspräsident Thierse
von der SPD distanzierte sich von Münteferings Anzeige.
"Die Pressefreiheit sei ein zu hohes Gut, als dass sie in Frage gestellt
werden sollte."
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Der Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung", Hans Werner Kilz fand, Franz
Müntefering sei schlecht beraten gewesen. Tatsächlich zeigten die
Untersuchungen auch nach einigen Tagen, dass es ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft
Lufthansa gewesen war, der die Angaben über die Gratisflüge
weitergeleitet habe.
Damit zeigte sich einmal mehr, dass zuerst alles geklärt werden sollte,
bevor geschossen wird. Die Regel "Warten - Denken - Überlegen - erst dann
Handeln" ist keine Leerformel.
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Nach Bekanntwerden des Sachverhaltes blieb Müntefering nichts anderes übrig,
als seine Strafanzeige gegen "Bild" zurückzunehmen.
Dieser Kurswechsel, war sicherlich vernünftig. Das Einlenken wurde von den
verschiedensten Seiten begrüsst. Das unbedachte Anlegen mit der "Bild" Zeitung
hat sich aber für ihn sicher nicht gelohnt.
Wer sich vorschnell gegen ein verbreitetes Medium anlegt, macht
einen Fehler. Wir verweisen auf den
Angriff Borers gegen Michael Ringier am Anfang der Krise.
Hätte Botschafter Borer damals zuerst den Sachverhalt geklärt,
wäre die Sache wahrscheinlich anders gelaufen.
Fazit: Auch die Medien als Kontrolleure dürfen kontrolliert und
kritisiert werden. Doch braucht der Kritiker dazu gute Karten.
Im Vorfeld der Kanzlerwahlen hat Müntefering mit seiner vorschnellen Klage
der SPD einen Bärendienst erwiesen.
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