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www.rhetorik.ch aktuell: (4. August, 2001)


Zu Larry Kings Interviewtechnik


King, Bildquelle: http://www.cnn.com Während unseres USA Aufenthaltes wurde uns bei den zahlreichen Fernsehprogrammen einmal mehr bewusst, dass wir uns in Europa immer mehr dem "Kurzfutter" des amerikanischen Fernsehens angleichen. Es sind nicht lange her, als uns das Schweizer Fernsehen bei der Einführung der Werbung zerst noch beim Abendprogramm und am Sonntag von Werbeblöcken verschont hatte.
Später - als die Werbung im ganzen Programm Einzug hielt - hiess es von der Programmdirektion noch selbstbewusst: In der Schweiz gibt es wenigstens bei ganzen Sendeblöcken keine unterbrechende Werbung wie bei privaten Fernsehstationen. Nach und nach wurden aber auch diese Grundsätze über Bord geworfen und die Unterbrecherwerbung schlich sich ins ganze Programm ein.
Die privaten Fernsehstationen gehen in den Vereinigten Staaten noch viel weiter. Der Rhythmus der Werbeblöcke ist so intensiviert, dass laufend unterbrochen wird. Die Programme werden gleichsam zerhackt. Jedenfalls hat man bei den meisten Sendern das Gefühl, dass zwischen den Werbeblöcken und Vorankündigungen nur noch Spuren von Programmresten durchschimmern.

Trotz dieser unerfreulichen Tendenz, (die hier sicher auch noch übernommen wird), kamen wir an einem Sonntagabend im Hotelzimmer in den Genuss eines Exklusiv Interviews von Larry King mit Paul M.C. Cartney.
Obschon auch dieses spannende pesönlichen Gespräch auch mit Werbeblöcken unterbrochen wurde, kam es zu einem aussergewöhnlichen Erlebnis. Die Werbung konnte den roten Faden nicht zerreissen. Weshalb? Der hervorragende Journalist versteht es, dem Gesprächspartner persönliche Aussagen zu entlocken.
Das Gespräch war ein Lehrstück, wie dialogisch interviewt werden kann. Ohne Provokationen, ohne lästige Unterbrechungstaktiken oder persönliche Sticheleien.
Paul Mc Cartny, Bildquelle: http://www.cnn.com Sowohl Paul M.C. Cartney und Larry King wurden zu Gewinnern. Der Interviewer erhielt wichtige, neue Aussagen und der Befragte fühlte sich ernst genommen.
Das vorbildliche Interview war beeindruckend, weil Larry King auf den Befragten einging, sich freute und mitunter mit ihm lachte. Vor allem hörte er dem Gesprächspartner zu und vermittelte Signale des aktiven Zuhörens.
Das Interesse war nicht gespielt. (Echte Anteilnahme. Einfühlendes Verstehen - "Empathie"). Dieses mustergültige "Interview zur Person" überzeugte, weil der Interviewer
  • Anschlussfragen stellte, die das Gespräch öffneten,
  • mit kurzen Inputs zu zusätzlichen Informationen kam,
  • auf Frageketten verzichtete (stets nur eine Frage stellte),
  • den Befragten in den Mittelpunkt stellte,
  • "Du-orientiert" fragte (Blick/Gestik),
  • sich für die befragte Person interessierte.
Der Journalist Larry King veranschaulichte, dass eine Person mit echter An-TEIL-nahme auch bessere, offenere, ehrlichere TEILE (Antworten) erhält als ein Interviewer, der glaubt, er müsse mit plumpen Überraschungstricks, Destabilisierungs- oder Irritationstaktiken zu aussergewöhnlichen Antworten kommen.
Für uns war dieses "Interview zur Person" deshalb ein gutes Lehrstück, weil es auf einer Basis des gegenseitigen Vertrauens geführt wurde.
Beobachtungsaufgabe: Achten Sie künftig im Fernsehen bei "Interviews zur Person" wie sich Journalisten verhalten. Auch an negativen Beispielen können wir beobachtend recht viel lernen. Sie werden bald erkennen: Es gibt nicht wenige Journalisten, die wollen in erster Linie sich selbst darstellen und beweisen, dass sie von der Thematik des Befragten viel wissen, anstatt die befragte Person in den Mittelpunkt zu stellen.


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