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www.rhetorik.ch aktuell: (3. Apr. 2004)

Wird Benissimo mit Minissimo minimiert?



Die Unterhaltungssendung "Benissimo" vom Schweizer Fernsehen DRS hatte stets grossen Unterhaltungswert. Sie zeichnete sich durch Qualität aus - mit hervorragenden Beiträgen, die sich international messen lassen konnten. Jedes Produkt muss laufend verbessert werden, doch darf die Veränderung nicht zum Selbstzweck verkommen, indem verändert wird, nur um zu verändern. Auch Verschlechterungen sind Veränderungen. Umstrukturierungen müssen stets zu Verbesserung führen. Es ist verständlich, dass die Sendung "Benissimo" nach 59 Ausgaben innovativ bleiben soll. So wurde auch das Outfit modernisiert. Christoph Schubiger, der das neue Dekor von "Benissimo" entworfen hat: "Eine Sendung würde an Drive verlieren, wenn man nicht ab und zu das Dekor erneuern würde."



In der Regel stossen Veränderungen überall auf Widerstände. Das Publikum ist ein Gewohnheitstier, das sehen wir in allen Bereichen. Beim neuen "Benissimo" hat es jedoch die äusseren Anpassungen erstaunlich gut akzeptiert. Die neue Aufmachung wirkt erfrischend.



Das neue Modul "Minissimo" führte jedoch bei "Benissimo" zu einer inhaltlichen Verschlechterung. Das werden die Macher bestimmt selbst schon erkannt haben und daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen. Die Veränderer haben mit dem neuen und fremden Element "Minissimo" die Unterhaltungssendung verschlimmbessert, jedenfalls bestätigten dies Analysen und eine erste Umfrage. Als Betrachter der Sendung stellten wir fest, dass die zweite Moderatorin Nina Havel wie ein Fremdkörper im Sendegefäss wirkte. Sicherlich glaubten die Macher, mit einer "aufgestellten" Plauderfrau ein jüngeres Publikum anzusprechen, mit dem Ziel: die Einschaltquote zu erhöhen. Es blieb bei dieser Überlegung unberücksichtigt, dass damit Stammpublikum verloren gehen könnte.

Die Co-Moderation und das Genre der Einlagen passten nicht zum bisherigen Konzept, weder die Moderatorin (als Konkurrentin zu Beni Thurnheer) noch als Kontrapunkt. Die junge Frau, leider eine von sich eingenommene Selbstdarstellerin - brachte es fertig, viele Zuhörer mit ihrem minutenlangenen hektischen Palaver zu langweilen. "Minissimo" dominierte durch:
  • Endloses "Geschnatter".
  • Zwei Einschübe waren zeitlich zu lang und zu gleichförmig.
  • Das hektisches Sprechen mit Versprechern störte.
  • Die angeblich "ausdrucksstarke Gestik und Mimik" der Moderatorin war aufgesetzt, zu übertrieben und damit künstlich "aufgestellt".
  • Übertriebenes, offensichtliches Theaterspielen wird vom Publikum erkannt und hat nichts mit professioneller Moderation zu tun.
  • Es bleibt nur zu hoffen, dass Nina Havel nicht Barbara Schöneberger als Vorbild nachahmt. Denn beide sind zu egozentrisch.




Uns interessierte, wie Nina Havel bei den Zuschauern ankam. Wir wissen, dass subjektive Kritik allein nicht massgebend ist. Bei den Medien sind es letztlich die Zuschauer, die entscheiden, ob etwas gut "rüberkommt". Unsere kleine Umfrage bestätigte aber:

  • Von 44 Befragten langweilte sich über die Hälfte der Befragten. Das heisst, "Minissimo" nahm zu viel Zeit in Anspruch. Viele wollten abschalten, doch blieben sie wegen des Millionengewinners am Apparat. Für einige war "Minissimo" ein aufgepfropfter Fremdkörper im Sendekonzept.
  • 10 Personen regten sich auf, dass die junge Moderatorin allen Leuten - ob alt oder jung- das Duzis aufgezwungen hatte. (Beni Thurnherr musste diese Spielregel bei einer Person zwangsläufig ebenfalls übernehmen).
  • 2 Personen störte es, dass die "vorlaute" Moderatorin eine Teilnehmerin nötigte, auf ihren persönlichen Entscheid (sie wollte die 1000 Fr) zu verzichten, weil die Moderatorin sonst zu wenig Angebote hatte für die Vergabe des Smart.
  • 7 fanden das Verhalten der Moderatorin übertrieben d.h. nicht angemessen, nicht natürlich.
  • Ein paar Jugendliche aus der Sekundarschulstufe fanden die Moderatorin recht cool.
  • Roger Anderegg von der Sonntagszeitung lobte die kesse Moderatorin des MusicStars Ihre Premiere habe sie glanzvoll bestanden, zumal sie fliessend Italiensch beherrscht.
  • 9 Personen würden die Sendung nicht mehr anschauen, wenn die Plappersequenz nicht gestrichen oder verbessert würde.
  • Niemand glaubte, dass "Minissimo" mehr Jugendliche am Samstagabend vor den Bildschirm locken wird. Denn Samstagabend ist für diese Altersgruppe der Abend des Ausganges und des Kinobesuches.


Wir sind überzeugt, dass die Fernsehmacher von sich aus über die Bücher gehen und die notwenigen Korrekturen vornehmen werden. Es bestätigen auch andere Konsumentenumfragen, dass "Minissimo" im Benissimo ein Fremdkörper ist (zumindest in der jetzigen Form). Wir können uns auch nicht vorstellen, dass in einer Jugendsendung eine Sequenz von Wysel Gyr einmoderiert würde, nur um auch noch ältere Fernsehkonsumenten zu gewinnen. Die Sendeverantwortlichen werden gewiss, die notwenigen Anpassungen treffen:
  • Die Moderatorin darf "Beni" nicht konkurrenzieren.
  • Beni National bräuchte keine Co-Moderatorin als Kontrapunkt.
  • Nina Havel müsste besser ins neue Konzept eingebettet werden.
  • Das Element sollte unbedingt gekürzt und umstrukturiert werden.
  • Eventuell mit einer anderen Moderatorin, jedenfalls nicht mehr mit einer Co-Moderatorin.
  • In einer Unterhaltungssendung sind gleichförmige Längen zu eliminieren.
  • Auch "lebendiges" minutenlange Geschnatter wirkt trotz Hektik langweilig.
  • Gleichförmigkeit tötet jede Unterhaltung.


Aus Benissimo darf kein Beminissimo werden. SF DRS ist gefordert, Benissimo raschmöglichst wieder zu "maximieren". Wir sind gespannt auf die nächste Sendung am Samstag, 8. Mai 2004 um 20.05 im Schweizer Fernsehen.




Nachtrag vom 9. Mai, 2004: Minissimo wird etwas besser eingebettet.

Die zweite Folge der Sendung "Minissimo" machte deutlich, dass das Schweizer Fernsehen die Erfahrungen der letzten Sendung umzusetzen versuchte. Die Elemente wurden besser getrennt. Es fehlten die Überschneidungen wie auch unerwünschte Konkurrenzsituationen hinsichtlich Moderation. Beni Thurnheer wies explizit darauf hin, dass beim Minissimo geduzt wird. Wir hatten den Eindruck, dass sich zuerst auch Nina Havel bemühte, die Kandidaten nicht mehr so penetrant zu nötigen, auf ihre Prämie zu verzichten und auf den Smart zu setzen. Dieses Bemühen fiel ihr jedoch schwer. Sie hielt die Zähmung nicht lange aus. Das künstliche Verhalten à la Schöneberger kann der hektischen Moderatorin gewiss nicht mehr bewusst gemacht werden. Die aufgesetzte Mimik ist wahrscheinlich schon zur Gewohnheit geworden. Nach wie vor zählten für uns die Einschübe "Minissimo" zu den langweiligsten Elementen der Sendung. Havels Redegeplätscher enthielt weder dramaturgische Höhepunkte noch Unterhaltungselemente. Es würde uns interessieren, was die Programmverantwortlichen zu den Einschaltquotenschwankungen sagen, die während der Sendung nachgewiesen werden könnten. Nachdem das Durchschnitts-Publikum die MusicStar Moderatorin kennt, vermuten wir, dass der Gang zum Kühlschrank während der Minimissimo-Einschübe schon in der kommenden Sendung festgestellt werden könnte.


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