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Sommerabend, da ruderte weit oberhalb von Laufen ein junger Fischer sein Boot über den Rhein, trieb am Ufer sein Boot mit einem letzten Ruderschlag auf den Sand und streckte sich dann, von der Hitze des Tages übermüdet, in seinem Kahne aus. Er wartete auf einen Kameraden, der ihm helfen sollte, den Fang heimzutragen. Dabei schlief er ein. Nun verhielt es sich so, dass die Strömung an jener Stelle zwar recht unbedeutend war, doch immerhin genügte, um das vorn nur auf dem Sande ruhende Boot zu verschieben und endlich mit sich hinwegzunehmen. Der Fischer merkte nichts davon. Auf der Seite liegend, und den Kopf in den Armen, schlummerte er immer noch friedlich, während sein Boot schon in die offene Strömung geriet und recht bald schnell dahintrieb. Die Wasser aber wurden nun immer unruhiger. Auch war bereits in der Ferne ein dumpfer Donnner zu hören, der sich beständig steigerte. Mit rasender Geschwindigkeit ging es darauf zu. Und jetzt streifte der Kahn ein Felsenriff, und als da der Bursch verstört aus dem Schlaf fuhr, um sich gleich darauf entsetzt an die Ruderbank zu klammern, sah er in eine wirbelnde Wolke von wild zerstäubendem und zerflatterndem Wasserdunst hinein, wusste auch sofort, wo er sich befand, und stürzte, schon, mehr als achzig Fuss tief, in den furchtbar tosenden und schäumenden Abgrund hinein. Das weitere vollzog sich so schnell, dass es der schrecklich durchgrauste Bursch es gar nicht zu erfassen vermochte. Wie durch eine eisige Hölle von peitschendem Gischt, hochwogenden Wassermassen und rasenden Wirbeln schoss er sekundenschnell in eine grelle Helle hinein. Die Sinne schwanden ihm dabei. Als er aber sogleich wieder zu sich kam, fand er, zu seinem unendlichen Erstaunen, bereits alles um sich her wieder völlig verändert, nämlich friedlich und voll ruhiger Klarheit. Grün grüssten von beiden Seiten die buschigen Ufer zu ihm herüber. Sich ungläubig umwendend - denn noch erfasste er nicht, dass er gerettet war - sah er schon weit zurück die weissschaumigen Gewölbe des wie in einem furchtbaren Traum durchmessenen Rheinfalls von Schaffhausen. Da aber, indem er endlich begriff, dass er heil davongekommen war, überkam ihn ein solch starkes Glücksgefühl, dass er glaubte, es würde ihm die Brust sprengen. Wie unsinnig lachte und winkte er etlichen Männern am nächstgelegenen Ufer zu, die ihrerseits nicht verstanden, wie der ihnen unbekannte Fischer an diese Stelle des Rheins gekommen war. Wohl hatten sie ihn zu ihrer höchsten Verblüffung plötzlich nahe dem Fall auftauchen gesehen. Dass er aber diesen herabgestürzt sein sollte, ohne dabei von den ungeheuerlichen Wasserwirbeln für immer verschlungen zu werden, das kam ihnen gar nicht in den Sinn. Um so mehr erstaunten sie, als sie von dem inzwischen gelandeten und völlig durchnässten jungen Menschen erfuhren, welch ein unvorstellbares Abenteuer dieser durchlebt haben wollte. Und als sie sich jetzt noch immer ungläubig zeigten und nichts anderes vermeinten, als hätten sie es mit einem verrückten Aufschneider zu tun, geriet der Bursche in eine wilde Prahlerei hinein. Er rief, das Ganze sei gar nicht so schlimm gewesen, ja es habe sogar sich erwiesen, dass man - bei einigem Glück natürlich - den Rheinfall leicht überwinden könne, und er selbst, der es schon einmal getan habe, werde es sogar mit Begier ein zweites Mal versuchen. "Denn", so sagte er, "wenn ich es halb schlafend und wie im Traum fertig brachte, werde ich es wachend doch ganz sicher schaffen!" Darauf erklärten die meisten seiner Zuhörer, der Fischer sollte das tollkühne Wagnis besser nicht noch einmal versuchen, sondern Gott danken, der ihm bei ersten Mal offenkundig beigestanden hatte. Nur ein einziger von den Männern, ging, zum Protest der übrigen, auf die Prahlerei des Burschen ein, indem er kühl sagte, im ersten Übermut schwätze man gar vieles leicht daher und nehme manches auf sich, vor dem man nachher leicht feige zurückweiche, so auch der Bursch. Er aber, der Müller Hirzel von Klein-Laufen, verwette hundert Taler, dass der so glücklich gerettete bei klarem Kopf nicht mehr daran denke, sein Abenteuer zu wiederholen und, tue er es dennoch, auch lebend wieder davonkomme. Das Ende war, dass sich der sich nun völlig verirrte junge Fischer in seiner Ehre angetastet fühlte und aufbrausend schrie, jawohl, er gehe auf die Wette ein und kein Mensch könne ihn daran hindern, zu zeigen, dass er den Mut dazu besitze. Schon am nächsten Tage, genau am Mittag, sollte man auf den Rheinfall achten. Dann komme er genau zwischen den beiden Felseninseln hindurchgeschossen. Wohl versuchte man noch, dem Tollkopf zuzusprechen. Es war alles vergebens. Er war schon auf und davon, ehe man überhaupt erfuhr, wer er war und wo er wohnte. Am nächsten Tag aber löste der junge Mensch sein Versprechen ein. Da sahen die vor Schreck wie versteinert am Rheinufer stehenden Bewohner von Laufen den Burschen in seinem Boot pfeilschnell auf den Rheinfall zutreiben, dort am Rande der Wölbung vornüberkippen und wie ein Strohalm in den greulich schäumenden, tosenden und wogenden Wassern verschwinden. Seine Leiche hat man nie gefunden. Nur Trümmer von seinem Boot. Und seit dem nun, so berichtet die Sage, hat man zu ungezählten Malen in Vollmondnächten mitten im Rheinfall ein gespenstisches Boot auftauchen sehen, mit einem schattenhaften jungen Menschen darin, der kurz vor dem Sturz in den schrecklichen Abgrund verzweifelt die Arme ringt und im Hinabstürzen jedesmal spurlos verschwindet. Danach ist nichts anderes mehr zu sehen, als das alltägliche oder das allnächtliche, eben das donnernde Sturzgewölbe des Falls mit seinem wild auflatternden und verwehenden Wasserstaubschleiern, den mächtig brodelnden Wirbeln in der Tief und den leise erzitternden Felseninseln mitten darin. |
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