Nach dem Kunstverständnis von Joseph Beuys ist jeder Mensch ein
Künstler. Seine Kunstwerke erregten Aufsehen, sorgten für
Skandale und sind zum Teil heute noch umstritten. Aus der Sicht des
Vermarktens, lieben es viele Künstler, wenn ihr Werk zu einem
Medienaufschrei führt. Skandale schaffen die gewünschte
Aufmerksamkeit. Und bei der Vermarktung ist Aufmerksamkeit ein
wichtiger Treiber. Beuys war diesbezüglich ein Könner:
Er füllte schon 1964 ein Klavier mit dem Waschpulver Omo und
Müll. Er musste zwar die Aktion abbrechen. Studenten schlugen
dem Aktionskünstler die Nase blutig. Später profitierte
er von seinem neuen Kunstverständnis.
Am 4. September sorgte in Schaffhausen das Kunstprojekt
"Hybride
Stadtbänke" für Empörung und rote
Köpfe. Der Schaffhauser Stadtrat sägte mit einer
Motorsäge Bänke entzwei. Der Kostenpunkt war 100'000
Franken. Dank der Verbreitung der Aktion in zahlreichen Medien sorgte das
angebliche Kunstwerk der Konzeptkünstler Frank und Patrik
Riklin zu einen Shitstorm. Die Künstler vermochten es in
der Bevölkerung nicht mehr, für die sonderbare Aktion
Akzeptanz zu schaffen.
In der SN gab es eine ganze
Seite von bösen und ironischen Leserbriefen. Die zahlreichen
negativen Reaktionen können nicht damit abgetan werden, die
Kritiker seien Kunstbanausen.
Aus meiner Sicht gilt bei der Kunst
ebenfalls die bewährte Kommunikationsregel: "Wenn der
Empfä¤nger die Botschaft nicht verstanden hat, ist in der Regel der
Sender schuld". Wahrscheinlich greift das Kunstverständnis
von Beuys zu weit.
Die Kunstaktion hat aber etwas erreicht. Es hat die Gemüter erhitzt.
Die Medien haben ganz Schweizerisch darüber berichtet.
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"Total abgehoben" und "ein schwer zu ertragendes
Geldverschwendungsspektakel": Schaffhauser Kantonsrat Severin
Brüngger lässt am Kunstprojekt des Schaffhauser Stadtrats
kein gutes Haar. Dieser hat am Mittwoch das Kunstprojekt "Hybride
Stadtbänke" der St. Galler Konzeptkünstler Frank und Patrik
Riklin vorgestellt. (...)
Brüngger hält sich mit Kritik nicht zurück: "Es
ist offensichtlich, dass sich der Stadtrat überhaupt keine
Gedanken gemacht hat, wie das Projekt auf die Bevölkerung
wirkt." Während viele Leute den Gürtel enger schnallen
müssten und hart für ihr Geld arbeiten gingen, gebe
die Stadtregierung "mir nichts, dir nichts" 100'000 Franken
Steuergelder aus - 90'000 Franken davon fürs Honorar für
das Künstlerduo.
"Die Botschaft ist klar: Man legt nicht viel Wert darauf,
wie die anvertrauten Steuergelder eingesetzt werden", sagt
Brüngger. Diese Abgehobenheit habe ihn doch sehr überrascht,
sagt der FDP-Politiker. "Restaurants und Geschäfte, die einen
Steinwurf vom Spektakel entfernt liegen und unter den ständigen
Baustellen leiden, hätten sich über einen Zustupf der Stadt
gefreut. Das versteht hier niemand."
Er wolle sich nicht anmassen, die Kunstaktion einzuordnen und Noten
zu verteilen, sagt Brüngger. "Aber ein Normalbürger wie ich
kann die Verwendung von Steuergeldern für ein solches Projekt
nicht nachvollziehen." Er wirft dem Stadtrat vor, das "soziale
Kunstprojekt" bewusst bis am Mittwoch geheim gehalten zu haben. "Die
Bürgerlichen Parteien wollten den Betrag im Jahresbudget streichen
lassen, der Stadtrat hat sich im Grossen Rat aber mit der linken
Ratsseite durchgesetzt."