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www.rhetorik.ch aktuell: (23. Apr, 2024)

Eine alte Debatte: Lippmann gegen Dewey

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:

Walter Lippmann 1899-1874
Der amerikanische Journalist Walter Lippmann (1889-1974) hatte 1922, also vor etwas mehr als einem Jahrhundert, in seinem Buch "Die Öffentliche Meinung" die "Steuerung der öffentlichen Meinung durch eine intellektuelle Elite im 'allgemeinen Interesse', für das Gemeinwohl im Sinne der Staatsräson" propagiert. Es ist bemerkenswert, dass sich Teile der moderne Medienlandschaft in Krisensituationen nach Lippmann ausgerichtet haben.
  • Lippmann's Werk ist eine demokratieskeptische Elitentheorie.
  • Er plädierte für Expertokratie. Eine auf wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte Managerelite solle den Staat leiten.
  • Er prägte den Ausdruck "gatekeeper" für Journalisten. Die Gatekeeper würden entscheiden, was der Öffentlichkeit vorenthalten und was weiterbefördert wird.
Es gab auch Kritiker, wie John Dewey (1859-1952), der sich für die Demokratisierung sämtlicher Lebensbereiche einsetzte. Die demokratische Staatsform sei wesentlich. Unter der Voraussetzung einer freien und offenen Meinungsbildung sei eine grossartige Gesellschaft immer noch möglich. Dewey war einverstanden mit der Ansicht, dass die moderne Welt zu komplex sei, um von jedem Bürger verstanden zu werden. Er glaubte aber daran, dass die Öffentlichkeit über Themen informiert werden könne, darüber entscheiden könne und zu Lösungen von sozialen Problemen beitragen könne.

Lippmann machte später eine Art Kehrtwendung: Er schrieb in den 1930er bis zu den 1950er Jahren am Buch "Öffentliche Philosophie" und entwickelte eine Skepsis für die herrschende Klasse. Er argumentierte auch, dass intellektuelle Eliten das Fundament der Demokratie untergrabe. Kein Wunder, dass sein Buch bei Kritikern schlecht ankam.

Es scheint, dass jede Zeit sich immer wieder erneut in der Lippmann-Dewey Debatte entscheiden muss: Einerseits Öffentliche Debatte, Medien ohne Propaganda, mündige Bürger, Vertrauen in die Öffentliche Meinung, anderseits Expertenmeinungen, Gefilterte Medien, Journalisten als Gatekeepers, und Angst vor Freier Meinungsäusserung.

Beim Beobachten der Entwicklungen der letzten Jahre muss man auch berücksichtigen, was längerfristig funktioniert. Die Effektivität der Medien hängt zum grossen Teil ab vom Vertrauen der Leser/Zuschauer/Konsumenten. Lügen, Propaganda oder Verschleierungen haben kurze Beine und bewirken, dass das Vertrauen in das Medium sinkt. Wer kein Vertrauen mehr besitzt, kann auch nicht mehr beeinflussen.

John Dewey 1859-1952


Quelle
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