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Der Kino im Kopf
Psychoanalytikerin Virginia Satir (1916-1988) brachte es auf den Punkt,
als sie schrieb: "Worte haben keine Energie, solange sie nicht ein Bild
auslösen." Machen wir uns bewusst, die Kraft der Worte kann auch
missbraucht werden. So wie ein Arzt die Wirkung starker Medikamente
kennt und damit immer verantwortungsvoll umgehen muss, gilt es auch mit
Worten stets bedacht umzugehen. Überall: In der Erziehung, in der
Politik. Auch in den Medien dürfen wir diese manipulative Kraft
nie missbrauchen. . Pfarrer Blocher sagte übrigens am Esstisch zu
den Kindern: "Sprecht so, dass man es sieht". Christopph und Gerhard
haben diesen Rat beherzigt. Dieses Phänomen nutzen auch alle,
die beeinflussen wollen. Beim autogenen Training (AT) , bei der Hypnose
oder bei der Werbung wird diese Kraft der Worte genutzt.
Die Wortwahl prägt:
Je nach politischer Färbung werden Worte gezielt gewählt:
"Freiheitskämpfer" oder "Terrorist". "Asylant" oder
"Flüchtling".
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Worte schaffen Wirklichkeiten
Worte beeinflussen, motivieren, überzeugen. Das Rahmenabkommen
mit der Europäischen Union wurde von Befürwortern als
"Freundschaftsvertrag" oder "Schlüsselabkommen" bezeichnet,
die Gegner nannten es "Knebelvertrag". Die Absicht beider Seiten
war offensichtlich. Gegner bezeichnen Kernkraftwerke stets als
"Atomkraftwerke". Das Wort assoziiert: Gefährliche Atombombe. Die
Befürworter benutzen hingegen das Wort "Kernenergie". Dieser Begriff
soll das Bild einer positiven Energie vermitteln.
Werbung und Marketing nutzen seit je die Kraft von Worten. Achten Sie
einmal gezielt auf die Wortwahl. Sie werden rasch fündig. Wenn wir
einen Pinot noir trinken, schmeckt er zwar nach Wein, aber der Geschmack
bleibt vage. Werden wir jedoch an einer Degustation darauf aufmerksam
gemacht, dass der Tropfen beim Abgang einen Hauch von Pfirsich hat,
können die meisten diese Wahrnehmung nachvollziehen. Ein Wort ist
somit nicht nur ein Wort, nicht nur Schall und Rauch. Worte müssen
ernst genommen werden. Sie bewirken etwas.
Bei der Corona-Pandemiewar die suggestive Wirkung von Worten ebenfalls
offensichtlich. Besonders wenn Begriffe oder Argumente wiederholt und
mit entsprechenden Bildern im Gehirn verankert werden ("Coronalüge",
stündliche Wiederholung der Toten im Radio oder die Publikation der
Aufnahme der dunklen Lastwagenkolonne mit Leichen in Italien). Rupert
Lay, Jesuit und Autor zahlreicher Bücher, wies in einem unserer
Seminare auf die Interaktion zwischen Wort und Einstellung hin. Wenn
beispielsweise Knaben Mädchen gegenüber ständig abwertende
oder verletzende Bemerkungen äussern, folgt bald auch entsprechendes
Verhalten, weil Worte unsere Einstellung prägen.
Versuche mit Schulklassen, bei denen im Schulhaus keine verletzenden
Bemerkungen mehr geduldet wurden, zeigten deutlich weniger Gewalttaten.
Trotz der Begründung der Jugendlichen: "Wissen Sie, diese
Sprüche sind ja gar nicht so gemeint. Jugendliche sprechen
heute so. Leben Sie in einer Welt von gestern?", verlangten die
Lehrkräfte konsequent, Worte ernst, gleichsam wortwörtlich,
zu nehmen. Erstaunlicherweise wurde in Klassen, die keine Schimpfworte
äussern durften, erkannt: Es gibt tatsächlich eine Verbindung
zwischen Wortwahl und Verhalten.
Wer sich mit Kommunikation und Rhetorik beschäftigt, sollte sich
unbedingt mit der manipulativen Kraft der Worte auseinandersetzen. In
meinem Studium wurde mir beim Modul "Autogenes Training" bewusst, dass bei
der Kombination von Wort-Bild-Stimmfarbe und erzählenden Elementen
die Worte suggestive Kraft entwickeln. Ich bin beim Coaching meist
in wenigen Minuten eingeschlafen, was nicht der Zweck der Übung
war. Die leise sonore Stimme trug viel dazu bei, mit Formulierungen
wie: "Sie liegen an einem ruhigen See und spüren die warmen
Sonnenstrahlen auf der Haut - dunkle Tannen spiegeln sich auf der
ruhigen Wasseroberfläche - Alles ist still - völlige Ruhe -
Sie atmen langsam ein und aus - es riecht nach Moos und Harz - Ruhe -
wohlige Wärme ""
Die Kraft des Storrytellings
Ein Arzt zeigte mir jüngst ein Büchlein, aus dem er bei
heiklen Fällen dem Patienten eine passende Geschichte vorzulesen
pflegt. (Jorge Bugay "Komm ich erzähl dir eine Geschichte.") Er
sagte, dass er oft mit einer Geschichte mehr bewirken könne, als
mit langen Überzeugungsgesprächen.
Nach Bugay lässt sich mit einer Geschichte Kompliziertes
vereinfachen. Sie hilft dem Zuhörer Probleme besser zu
verstehen. Erwachsenen erzählt man nicht Geschichten zum Einschlafen,
wie Kindern, sondern damit sie den Weg zur Lösung eines Problems
finden.
Geschichten können helfen, sich selbst zu helfen. Dank einer
passenden Geschichte betrachten wir einen komplexen Sachverhalte von einer
anderen Seite. Geschichten beschleunigen Verhaltensänderungen. Sie
sind ein wichtiger Teil unseres Lebens und können die
Vorstellungskraft der Menschen stärken. Geschichten veranschaulichen
abstrakte Sachverhalte. Sie erzeugen einen "Film im Kopf". Worte werden,
mit Bildern verknüpft, im Gehirn verankert. Übrigens verzichtet
der besagte Arzt, der nur in gewissen Fällen dem Patienten eine
Geschichte vorliest, nicht auf Diagnose und Therapie. Er versicherte
mir aber, dass sich in erstaunlich vielen Fällen der angebliche
Zeitaufwand für das Erzählen auszahle.
Zum Schluss ein treffender Gedanke von Eugen Drewermann: "Um einen Stein
zu zertrümmern, braucht man einen Hammer, aber um eine kostbare
Vase zu zerbrechen, genügt eine flüchtige Bewegung, und um
das Herz eines Menschen zu treffen, genügt oft ein einziges Wort."