
Bei Feedbackverfahren und Verbesserungsprozessen geht es immer auch
um Lob und Kritik. Nach Talentforscher Joe Baker schaden ehrgeizeige
Eltern und Trainer den Kindern - oder jungen Sportlern, wenn sie dauernd
nur loben. So wird Lob entwertet. loben ist wichtig. Aber in welcher
Dosis? Wer sich verbessern will, benötigt aber auch aufbauende
Kritik, damit blinde Flecken erkannt und Verhaltensweisen verbessert
werden. Es geht stets um das richtige Mass an Lob und Kritik. Ein
guter Coach zeichnet sich dadurch aus, dass er sich zurücknimmt
und herausschält, was im nächsten Schritt verbessert werden
muss. Ein Mitarbeiter, ein Kind oder ein Sportler sollte selbst erkennen
lernen, was zu verbessern ist. Hilfreiches Instrument ist die Kamera
als Spiegel, der zeigt, wo ein Defizit besteht. Dieses Hilfsmittel kann
leider nicht immer eingesetzt werden. Meine Lehrerin korrigierte, indem
sie mit Rotstift einfach alle Fehler anzeichnete. Ein Lob fehlte. Die
Fehler mussten dann schriftlich verbessert werden. Ich habe dann ohne
grosses Nachdenken nur noch schnell die Verbesserungen geschrieben. Der
Lernerfolg war gering. Professionell ausgebildete Ausbilder würden
heute zuerst schreiben, was im Aufsatz gelungen ist (1 Lob) z.B.: "Die
Vergleiche, Analogien und narrativen Elemente haben mir gefallen."
Dann würde bei der Arbeit nur der wichtigste Lernpunkt mit einem
Verbesserungsvorschlag herausgeschält. z.B.: "Die Struktur, der
Aufbau ist nicht erkennbar. Achte künftig darauf: Der rote Faden
muss erkennbar sein." Bei der nächsten Arbeit muss dann aber auch
dieser Lernpunkt überprüft werden. Das erfordert, dass Ausbilder
über jede Person ein Lernprotokoll führt. Nachdem Arbeit das
Defizit verbessert wurde, folgt die Korrektur des nächst wichtigsten
Schwachpunktes. Ist der Lernschritt nicht verbessert, wird unnachgiebig
wieder am alten Lernpunkt, in diesem Fall "an der Struktur" gearbeitet.
Bewährt hat sich im Alltag und Job: Die Person die geschult werden
muss, erhält jeden Tag nur ein kurzes Lob. z.B.: "Mir hat heute
gefallen, wie Du am Meeting so aktiv mitgearbeitet hast." (Nur 1 LOB
ca. eine Minute) und einmal im Tag eine konstruktive Kritik. Z.B.:
"Schade, dass Du heute erneut unentschuldigt 15 Min zu spät
gekommen bist." (Nur 1 Kritikpunkt, höchstens eine Minute).
Zum Reflektieren: Wann haben Sie das letzte Mal gelobt? Dank dieser
Balance von Lob und Kritik verbessert sich jede Person viel schneller.
Das habe ich auch bei den Coachs bei Spitzensportlern gesehen. Zu Schluss
noch ein paar bewährte, hilfreiche Tipps. Beim LOB: - Lob darf
nicht als "Verpackung zur Kritik" missbraucht werden. Eine Untugend ist
es, wenn das Lob gekoppelt wird mit dem "aber". Lassen Sie das "aber"
weg. Wir reagieren allergisch auf das "aber", weil nach dem "aber" in der
Regel seit der Kindheit stets eine Kritik folgt - Loben Sie nur, wenn es
ehrlich gemeint ist. Zu dick aufgetragenes Lob wirkt unglaubwürdig.
- Wer Selbstverständlichkeiten lobt, erzielt keine Wirkung
mehr. Bei der KRITIK: - Beschreiben Sie die Situation, die Sie
kritisieren. Halten Sie sich an Fakten. Verzichten Sie auf Vermutungen,
Hypothesen oder Verallgemeinerungen. - Kritisieren Sie unter vier
Augen. Der Kritisierte darf nicht blossgestellt werden. Ausnahme: Sie
arbeiten mit allen Beteiligten über die Selbstkritik im Plenum.
- Nehmen Sie sich Zeit für die Kritik - Fassen Sie sich kurz (mit
Ich-Botschaften). Verzichten Sie auf endlose Diskussionen.
Fazit: Ehrliches Lob motiviert. Konstruktive Kritik bringt uns weiter.