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Wer ein elektronisches Kinderbuch vom Autor Roald Dahl besitzt,
wie zum Beispiel "Charlie und die Schokoladenfabrik" wird
vermutlich nicht bemerken, dass die Sprachpolizisten sich
hineingenistet haben und Worte wie "Dick", "Haesslich" oder
"Verrueckt" ersetzten.
Der Autor Roald Dahl wird sich wahrscheinlich im Grab herumdrehen. Es gab
in den Medien einen Aufschrei der Entrüstung und
Beschwichtigungen wie in der New York Times wo man meinte,
dass die Änderungen minim und so unwichtig seien.
Es geht hier aber um mehr: es handelt sich um Verfälschungen
von Originaltexten. Wenn solche Änderungen akzeptiert werden,
wo hört es auf mit Zensur oder Manipulation. Vielleicht sollte
man es einfacher einfach Betrug nennen. Wenn schon, dann müsste
beim Kauf ganz klar markiert sein, dass das Produkt abgeändert
worden ist.
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Aus
Tonline:
Beseelt von zweifelhaftem Weltverbesserertum haben die Leute von der
Bertelsmann-Verlagstochter angekündigt, Roald Dahls Bücher
"umzuschreiben". Dafür haben sie eigens "sensible Leser" eingestellt,
die die Texte "prüfen" und "modernisieren" sollen, damit diese "auch
heute noch von allen geschätzt werden können". Schon Hunderte
Änderungen am Originaltext haben sie vorgenommen und neue - nicht von
Dahl stammende - Passagen hinzugefügt. So darf der fette Augustus
Glupsch in "Charlie und die Schokoladenfabrik" nun nicht mehr "fett"
sein, sondern muss "riesig" genannt werden. Weil beleibte Leser dies
sonst als verletzend empfinden könnten. Die "kleinen Männer"
namens "Oompa Loompa" in der Schokoladenfabrik müssen künftig
"kleine Leute" sein. Geht schliesslich nicht, dass da nur Männer
genannt werden, wo die Menschheit doch bekanntermassen zur Hälfte
aus Frauen besteht! Auch das Wort "weiblich" wird aus Dahls Werken
herausgestrichen. Mittlerweile gibt es angeblich ja schon drei, vier oder
sogar noch mehr Geschlechter. Um auch wirklich alle anstössigen
Passagen auszuradieren, hat sich der Verlag von einer ominösen
"Organisation für Inklusion, Diversität und Barrierefreiheit"
beraten lassen.
Nun mag es Leute geben, die im Eifer der Sprachmissionare nur
eine zu vernachlässigende Schrulle sehen. Ich sehe darin eine
gefährliche Grenzüberschreitung. Wehret den Anfängen, erst
recht am heutigen Tag der Muttersprache! Sprache ist mehr als nur eine
Aneinanderreihung von Buchstabenkombinationen zur Verständigung. Sie
ist Kunst, sie ist Genuss, sie ist formvollendete Schönheit. Wer
so denkt, erleidet beim Lesen der zensierten Sätze körperliche
Schmerzen. So wie der Schriftsteller Salman Rushdie, der den Verlagsleuten
entgegenschmetterte, sie sollten sich schämen.