
Erstaunlich, wie oft Personen befördert werden, die sich nicht
bewusst sind, wie wichtig es bei allen Tätigkeit ist, zu entscheiden,
was wichtig ist und sofort angepackt werden muss oder wo man noch mit
Entscheiden zuwarten kann. Ich bin überzeugt, dass den meisten
Lesern Beispiele aus dem Alltag in den Sinn kommen, wo Kolleginnen
oder Kollegen trotz intensiver Auslegeordung nicht entscheiden konnten,
was wichtig ist oder wie sie stimmen wollen.

Ich erinnere mich an eine Konferenz in einem Spital, bei der eine
Person nach beschlossenen Entscheid immer wieder auf die Festlegung der
Priorität zurück kommen wollte.
In heiklen Situation gilt in jedem Team. Zuerst werden alle Fakten
zusammen getragen. Die Vor- und Nachteile eines Entscheides werden
auf den Tisch gelegt und dann erst können die ersten Massnahmen
angeordnet werden.
In jedem Führungsseminar gilt es zu lernen, was Priorität hat.
Es ist schon einige Jahre her, da reiste der Chef der Zürcher
Kantonalbank ins Ausland, obwohl ein Mitarbeiter mit einer Waffe
in einer seiner Banken einige Kolleginnen und Kollegen getötet
hatte. Bei Katastrophen, Unfällen, Ueberschwemmungen usw. gehört
der Kapitän aufs Deck. Dieses Fehlverhalten rächte sich.
Aber auch bei wichtigen Anlässen kann die
Führungspersönlichkeit nicht fern bleiben, mit
der Begründung, sie hätte andere Verpflichtungen
gehabt. Prioritäten erheischen Flexibilität.
Bundesrätin Viola Amherd blieb beispielsweise bei der
Truppenübung "Pilum 22" (22. bis 29. November) fern. Das
kam gar nicht gut an. Wenn über 5000 Soldaten und mehr als
300 Panzer an einer einmaligen grossen Uebung teilnehmen, darf die
Verteidigungsministerin nicht durch Abwesenheit glänzen. Seit
1989 wurde in der Schweiz keine Bodentruppenübung mehr in
dieser Grössenordnung durchgeführt. Viola Amherd (Mitte)
stattete den Armeeangehörigen bei der achttägigen Übung
keinen einzigen Besuch ab. Nicht einmal einen Kurzbesuch. Stattdessen
diskutierte sie während dieser Tagen unter anderen mit den Zürcher
Regierungsrätinnen über Sicherheitspolitik, traf sich u.A. mit
den Höheren Stabsoffizieren der Armee und tauschte sich mit der
Jungpartei der Mitte im Wallis aus.
Dieses Fernbleiben sorgte nicht nur bei Armeeangehörigen für
Kopfschütteln.
Die Übung wurde übrigens während zwei Jahren
vorbereitet. Wäre es Amherd wichtig gewesen, die Truppen zu besuchen,
dann hätte sich das problemlos einplanen lassen. Es ist nicht
verwunderlich, dass Kritik über mangelnde Wertschätzung der
Truppe laut wurde.
Amherds Kommunikationschef Renato Kalbermatten wollte besänftigen:
"Bundesrätin Amherd konnte leider aufgrund anderer wichtiger
Verpflichtungen die Volltruppenübung nicht persönlich
besuchen." Die Departementschefin sei aber laufend über den aktuellen
Stand "der erfolgreichen Volltruppenübung" informiert worden.
Diese "Ausrede" mit anderen wichtigen Verpflichtungen überzeugt
nicht.
Hätte Amherd die Prioritäten richtig gesetzt, müsste
sie sich heute nicht verwerfen lassen, sie habe gar kein Interesse an
der Armee.