Lionel Messi und Cristiano Ronaldo sind im Profil sind zu sehen, sie scheinen in eine Partie Schach vertieft zu sein. In Denkerposen blicken die Profisportler auf ihre Figuren. Ihre Unterarme stützen sie auf ein Luxusköfferchen, das karierte Muster dient ihnen als improvisiertes Schachbrett. Die Männer tragen dunkle Farben und akkurate Frisuren, die goldenen Beschläge des Koffers glänzen im unwirklich kühlen Licht. Alles ist glatt und ruhig, nichts stört den Moment, die Szene strahlt Eleganz und Überlegenheit aus. Seit drei Tagen kursiert die Schachpartie, ein Werbebild von Louis Vuitton, im Internet - und wurde zu einem sensationellen Hit, mit allein 67 Millionen Likes auf Instagram. Veröffentlicht wurde das Bild auf den Accounts der Fussballer "leomessi" und "cristiano", nach drei Tagen gehört es zu den erfolgreichsten Posts aller Zeiten. Besser könnte es nicht laufen für Louis Vuitton. Warum das so ist? Es liegt nicht an der künstlerischen Qualität. Das Arrangement von Starfotografin Annie Leibovitz ist perfekt, aber es wagt nichts. Sondern kalkuliert mit dem, was bereits bekannt ist. Lange hielt sich die Mär, man könne einen viralen Hit nicht kalkulieren. Dieses Bild zeigt: Man kann. Leibovitz, selbst ein Star, zieht die Promikarte, spielt mit Konflikten, inszeniert Geheimnisse, die viele interessieren, aber nicht über sich hinaus weisen. Zum einen wäre da das Staraufgebot: Es geht um Fussballgötter. Lionel Messi ist siebenfacher Weltfussballer des Jahres, Cristiano Ronaldo bekam diesen Titel fünfmal. Auch die Partie, die sie vermeintlich spielen, ist berühmt: Die Figuren stehen wie in einer Partie zwischen Weltmeister Magnus Carlsen und dem Grossmeister Hikaru Nakamura. Das fanden Schachfans in den sozialen Netzwerken schnell heraus, bald meldete sich Carlsen selbst zu Wort. Das Motiv ist dann ambivalent, ohne Weltsichten zu erschüttern. Wer will, kann Kritik hineinlesen und spekulieren. Warum sehen Sportler bei Leibovitz aus wie Intellektuelle? Haben sie mehr Einfluss, als wir denken? Der Luxuskoffer wird bei ihr zum Spielfeld - macht Leibovitz das, weil Geld längst den Fussball regiert? Ein vermeintlicher Skandal als Booster Und es gibt einen Konflikt: Ronaldo und Messi sind erbitterte Konkurrenten. Normalerweise kämpfen sie mit ihren Körpern, möglicherweise treffen sie bei der WM in Katar aufeinander. Wer von beiden ist der grösste Spieler seiner Generation? Das Schachbild heizte die Debatte zusätzlich an. Zusätzlich sorgte das Timing für maximale Aufmerksamkeit: Die Kampagne erschien einen Tag vor Beginn der Fussballweltmeisterschaft, und Katar hält Anteile am Konzern Louis Vuitton Moët Hennessy. Geld aus Katar steckt momentan sowohl im Fussball als auch in Luxuslederwaren. Schliesslich wurde ein vermeintlicher Skandal zum Booster. Louis Vuitton veröffentlichte ein Making-of-Video, in dem Ronaldo und Messi nicht gemeinsam zu sehen waren - und löschte es nach einigen Stunden wieder. Fussballfans vermuten seitdem, dass es sich um eine digitale Montage handelt. Und sind empört, weil das Bild suggeriert, Ronaldo und Messi hätten sich für diese Aufnahme ausgesöhnt.