Das Erfolgsrezept von "Bares für Rares" beim ZDF ist das
Zusammenspiel eines nachvollziehbaren Konzeptes, das einfach gestrickt
ist, einem originellen Moderator und fachkundigen Experten. Das
Interesse wird geweckt mit ständig wechselnden Antiquitäten,
unterschiedlichen Preisvorstellungen und den überraschenden
Verkaufsabschlüssen im Händlerraum.
Im deutschen Fernsehen erreicht die kostengünstige
Unterhaltungssendung "Bares für Rares" im Nachmittagsprogramm
täglich über drei Millionen Zuschauer. Im Abendhauptprogramm
sind es noch viel mehr. Das ist erstaunlich. Das Konzept ist
einfach. Das Format findet dennoch grossen Anklang. Die Struktur wird
nie verändert: Interessierte wie du und ich bieten, Trödel,
Schmuck, Bilder, Uhren, mitunter skurrile Antiquitäten zum Verkauf
an. Meist wollen die Personen eine Rarität los werden, die im
Keller lagerte oder die auf dem Flohmarkt erworben wurde. Zuerst wird
das Exponat von Experten geprüft und eingeschätzt. Wird der
Schätzpreis akzeptiert, erhält der Anbieter eine Karte und kann
den Gegenstand bei den Händlern zum Kauf anbieten. Das Geld wird ihm
dann am Schluss bar ausbezahlt. Das jeweilige Abzählen der Noten in
Nahaufnahme hat dabei stets etwas Magisches. Geld ist bekanntlich sexy.
Für Medienkritiker René Hildbrand verdankt das ZDF die hohen
Einschaltquoten vor allem dem Moderator Horst Lichter mit dem Zwirbelbart.
Tatsächlich gelingt es dem originellen Moderator immer wieder, der
Sendung eine persönliche Note zu verleihen. Er übertreibt zwar
oft beim Vorstellen der Anbieter. Die Gäste werden zu geschönt
angesprochen. z.B. "Was bringt uns der junge Herr" (Auch wenn der Herr
nicht mehr so jung ist) "Bitte, die schöne Dame." "Wie darf ich
die charmante Dame vorstellen?" Oder: "Nun kommen zwei bezaubernde
jungen Damen." Als Moderator bringt er die Anbieter geschickt dazu,
sie mit Vornamen ansprechen zu dürfen. "Ich bin der Horst". Das
bringt Nähe. Ich habe viele Sendungen genauer unter die Lupe
genommen und fragte mich: Weshalb hat diese Sendung Erfolg mit einem
so einfachen Konzept, ohne Bühnenshow, ohne aufwändige
Kulissen und Stars? Jedes neue Exponat ist eine Ueberraschung. Die
Neugierde der Zuschauer wird laufend befriedigt. Wie viel ist der
Krimskrams wert? Handelt es sich um eine Trouvaille? Was würde ich
dafür bezahlen? Zudem sind die Ausführungen der kompetenten
Experten spannend und lehrreich. Obschon sich die Fachexperten bei den
Gegenständen vorgängig schlau machen dürfen, werden die
präzisen Erläuterungen - ohne abzulesen - detailgenau und
spannend beschrieben. Wer diese Informationen aufmerksam verfolgt,
erfährt Neues oder kann etwas lernen. Beachtenswert ist bei
jeder Sendung das grosse Hintergrundwissen der Experten über
Legierungen, Alter und ert der Exponate. Vor allem Kunstkenner Albert
Maier verblüfft immer wieder mit seinen konkreten historischen
Kenntnissen sowie die Gemmologin Wendela Horz oder Schmuckexpertin
Dr. Heide Rezepa-Zabel mit ihrem Fachwissen und den präzisen
Analysen. Der Auftritt danach im Händlerraum ist ebenfalls
spannend, wenn eine Anbieterin auf wichtige Details hinweist und so
den Preis geschickt in die Höhe treiben kann, oder andere Anbieter
passiv da stehen und viel zu schnell einlenken. Bei den Händlern
kommt es bei jeder Sendung zu lustigen Situationen. Die Händler
wissen, wie sie sich schlagfertig einbringen können. Das hat
Unterhaltungswert. Waldi ist für's Publikum ein Original, weil er
wie bei einem Ritual mit 80 Euro startet und Damen jeglichen Alters
mit Engelchen anspricht. Beim Geld zählen nennt er die Hunderternote
einen Hunni. Dank der straffen leicht verständlichen Struktur
fühlt sich der Zuschauer gut geleitet. Das Zeitbudget stimmt. Die
Sendung fliesst. Es gibt keine langweiligen Phasen. Vieles wirkt spontan
und improvisiert. Doch basiert der Erfolg auf einer sorgfältigen
Vorbereitung. Das ZDF zeigt mit "Bares für Rares", dass es keinen
Millionenaufwand braucht, um Menschen vor den Bildschirm zu locken. Die
Sendung ist ein Medienphänomen. Das Modell wird mit mehr oder weniger
Erfolg auch auf anderen Sendern copiert. Beispielsweise auf ORF2 "Kunst
und Krempel".