Ein Artikel von Kurt W. Zimmermann diskutiert erzwungene Sprachänderungen.
Zimmmermann ist Psychologe, Journalist und Publizist,
war unter anderem Chefredaktor der Sonntagszeitgung und Herausgeber
(sorry, Herausgebenden) vom Facts.
Die Kolumne Zimmermanns in der Weltwoche kritisiert zum Beispiel
dass man statt
Leser heute
Lesenden sagen. Zimmermann bemerkte scharf,
dass das aber nicht ganz konsequenz umgesetzt wird. Man muss nicht
Verbrechenden
sagen, das Wort
Verbrecher ist in Ordnung, denn
Verbrecher sind ja im allgemeinen
Männer.
Man kann dazu anfügen, dass man den Eindruck erlangt, dass
die Sprachverstümmelungskultur heute vor allem auch als Mittel zur Abgrenzung eingesetzt
wird. Im Barok hatte man sich durch monstöse Kleidung, komplizierte Umgangsregeln,
lateinischer Sprache, oder Wortwahl vom Pöbel abgesetzt.
Heute geht das raffinierter: man ändert die Sprache vom Standard weg, um sich als
fortschrittlicher Mensch zu profilieren.
Wer sich nicht an die ständig ändernden Wortschöpfungen hält, gilt
als
Grobian,
Sexist,
Rassist oder gar
Faschist.
In einer Zeit von sozialen Medien ist es einfach, von einer kleinen Gruppe insziniert,
bei Verletzung von neuen Standards, den Mob auf ein Opfer loszulassen. Dies spürten vor allem
Professoren, Lehrer, Schriftsteller, Künstler, Firmenführer oder Journalisten,
wenn sie nicht spuren. Denn dies sind Menschen, die Einfluss haben.
Interessant ist, dass man beim
Grobian,
Sexist,
Rassist oder
Faschist
die Sprachverformung zu
grob Denkenden,
sexistisch Denkenden,
rassisisch Denkenden oder
faschistisch Denkenden nicht
notwendig war:
der Grobian,
der Sexist,
der Rassist
oder
der Faschist waren ok.
Die Widersprüche der modernen Sprach Eliten wird auch mit anderen Sprachverkomplizierugen klar.
So forderte man nicht Verstümmelungen wie
Grobian*In oder
Sexist*In oder
Rassist*In oder
Faschist*In.
In den USA gab es ähnliche nicht offizielle Sprachregelungen in Sachen Rassismus: so gab
es einmal die Regel, dass man
"Native American" oder
"Asian" oder
"Brown"
oder
"Black" gross schreiben soll.
Es war es aber nicht erlaubt,
"Weiss" gross zu schreiben.
Wer auf die Inkonsistenz hinwies, lief Gefahr, als Rassist zu gelten.
Es gibt aber auch schon Intellektuelle, die
trotzdem
auf die Gefahr hinweisen:
wenn man Weiss nicht gross schreiben würde, dann wäre das wieder ein Zeichen, dass
"Weiss" ein Standard wäre. Es ging
den Sprachpolizisten vor allem darum, sich zu profilieren, nicht bemerkend, dass die Sache nur
für Wenige überhaupt relevant ist. Die meisten Menschen haben keine Zeit,
sich mit solchem Unsinn herumzuschlagen.
Sprachintoleranz ist real geworden und es lohnt sich darauf hinzuweisen. Im Jahre 2020 schon gab es
einen offenen Brief
im Harpers Magazin, der sich gegen ideologische Konformität einsetzte. Auch progressive Denker
wie Noam Chomsky (einer der Giganten auch in Sachen Sprache und Sprachentwickung) waren dabei um die
Kultur der offenen Debatte besorgt oder der Gefahr der Einschränkung von freier Rede, dem öffentlich an
den Pranger stellen. Der Brief hatte wie erwartet für
Aufruhr gesorgt. Tatsächlich muss man befürchten, dass unsinnige Regeln
und Standards in der Sprache der sozialen Gerechtigkeit nicht hilft, sondern im Gegenteil
die Gesellschaft noch weiter polarisiert.
Nachtrag vom 13. September 2022: Aus dem Bock: