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www.rhetorik.ch aktuell: (03. Sep, 2022)

Fragwuerdige Sprachaenderungen

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Ein Artikel von Kurt W. Zimmermann diskutiert erzwungene Sprachänderungen. Zimmmermann ist Psychologe, Journalist und Publizist, war unter anderem Chefredaktor der Sonntagszeitgung und Herausgeber (sorry, Herausgebenden) vom Facts. Die Kolumne Zimmermanns in der Weltwoche kritisiert zum Beispiel dass man statt Leser heute Lesenden sagen. Zimmermann bemerkte scharf, dass das aber nicht ganz konsequenz umgesetzt wird. Man muss nicht Verbrechenden sagen, das Wort Verbrecher ist in Ordnung, denn Verbrecher sind ja im allgemeinen Männer. Man kann dazu anfügen, dass man den Eindruck erlangt, dass die Sprachverstümmelungskultur heute vor allem auch als Mittel zur Abgrenzung eingesetzt wird. Im Barok hatte man sich durch monstöse Kleidung, komplizierte Umgangsregeln, lateinischer Sprache, oder Wortwahl vom Pöbel abgesetzt. Heute geht das raffinierter: man ändert die Sprache vom Standard weg, um sich als fortschrittlicher Mensch zu profilieren. Wer sich nicht an die ständig ändernden Wortschöpfungen hält, gilt als Grobian, Sexist, Rassist oder gar Faschist. In einer Zeit von sozialen Medien ist es einfach, von einer kleinen Gruppe insziniert, bei Verletzung von neuen Standards, den Mob auf ein Opfer loszulassen. Dies spürten vor allem Professoren, Lehrer, Schriftsteller, Künstler, Firmenführer oder Journalisten, wenn sie nicht spuren. Denn dies sind Menschen, die Einfluss haben. Interessant ist, dass man beim Grobian, Sexist, Rassist oder Faschist die Sprachverformung zu grob Denkenden, sexistisch Denkenden, rassisisch Denkenden oder faschistisch Denkenden nicht notwendig war:der Grobian, der Sexist, der Rassist oder der Faschist waren ok. Die Widersprüche der modernen Sprach Eliten wird auch mit anderen Sprachverkomplizierugen klar. So forderte man nicht Verstümmelungen wie Grobian*In oder Sexist*In oder Rassist*In oder Faschist*In. In den USA gab es ähnliche nicht offizielle Sprachregelungen in Sachen Rassismus: so gab es einmal die Regel, dass man "Native American" oder "Asian" oder "Brown" oder "Black" gross schreiben soll. Es war es aber nicht erlaubt, "Weiss" gross zu schreiben. Wer auf die Inkonsistenz hinwies, lief Gefahr, als Rassist zu gelten. Es gibt aber auch schon Intellektuelle, die trotzdem auf die Gefahr hinweisen: wenn man Weiss nicht gross schreiben würde, dann wäre das wieder ein Zeichen, dass "Weiss" ein Standard wäre. Es ging den Sprachpolizisten vor allem darum, sich zu profilieren, nicht bemerkend, dass die Sache nur für Wenige überhaupt relevant ist. Die meisten Menschen haben keine Zeit, sich mit solchem Unsinn herumzuschlagen. Sprachintoleranz ist real geworden und es lohnt sich darauf hinzuweisen. Im Jahre 2020 schon gab es einen offenen Brief im Harpers Magazin, der sich gegen ideologische Konformität einsetzte. Auch progressive Denker wie Noam Chomsky (einer der Giganten auch in Sachen Sprache und Sprachentwickung) waren dabei um die Kultur der offenen Debatte besorgt oder der Gefahr der Einschränkung von freier Rede, dem öffentlich an den Pranger stellen. Der Brief hatte wie erwartet für Aufruhr gesorgt. Tatsächlich muss man befürchten, dass unsinnige Regeln und Standards in der Sprache der sozialen Gerechtigkeit nicht hilft, sondern im Gegenteil die Gesellschaft noch weiter polarisiert.

Nachtrag vom 13. September 2022: Aus dem Bock:


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