|
Die Unschuldsvermutung ist ein Grundprinzip des rechtsstaatlichen
Strafverfahrens. Sie bekundet, dass jemand, der eines kriminellen
Vergehens beschuldigt wird, als unschuldig gilt, bis es zu einer
rechtskräftigen Verurteilung kommt. Verlage und Medien mussten in den
letzten Jahren für Artikel, die einer Vorverurteilung gleichkamen,
happige Entschädigungen zahlen.
Die Journalisten sind nach Fällen mit Thomas Borer, Jörg
Kachelmann, Jolanda Spiess-Hegglin viel vorsichtiger geworden. Auch das
Urteil im aktuellen Fifa-Prozess gegen Sepp Blatter und Michel Platini
wird auf künftige Medienberichterstattungen Auswirkung haben. Es
ist festzustellen, dass bei allen Beiträgen über Skandale
viel konsequenter die Formulierung "Es gilt die Unschuldsvermutung"
angehängt wird.
Es hat sich aber auch gezeigt, dass es sich für Beschuldigte lohnt,
Spitzenberater und teure Anwälte zu engagieren. Erstaunlich,
welche enorme Summen für Berater bezahlt werden. Im letzten Focus
konnte man lesen, dass die deutsche Bundesinnenministerin Nancy Faeser
seit Dezember 2021 mit 80 externen Beratern Verträge abgeschlossen
hat - im Wert von sage und schreibe 237,5 Millionen Euro. Da ist die
Frage berechtigt: Sind eigentlich die 2100 bezahlten Bediensteten des
Ministeriums unfähig?
Es wäre aber auch fatal, wenn die Medien ihre Funktion als
Kontrollinstanz und vierte Gewalt einbüssen und handzahmer,
vor allem gegenüber Personen und Instanzen würden, die sich
Staranwälte und teure Berater leisten können.
|