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www.rhetorik.ch aktuell: (09. Apr, 2022)

Verfaelschtes Kuenast Meme

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Deutsche Politikerin Renate Künast wurde in einem Meme verändert zitiert. Das Falschzitat ist
"Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!"
Das richtige Zitat ist
"Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher sich ihren Namen mal merken!"

Künast hat nun einen juristischen Erfolg gegen den Facebook-Konzern Meta im Streit um ehrverletzende Falschzitate errungen. Sie verlangte, dass Meme Wort-Bild-Kombinationen aus dem Netzwerk gesperrt werde. Auch Varianten des Memes müssen gelöscht werden.

Was war der Ursprung des Zitats? In einer Talkshow ``Beckmann" von 2015 traf Renate Künast mit Thilo Sarrazin und Aygül Özkan (dem damalige Sozialministerin Niedersachsens) und Renate Künast zusammen. Sarrazin hatte Schwierigkeiten, den Namen von Aygü Özkan richtig auszusprechen. Künast intervenierte und sagte `Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher sich ihren Namen mal merken." Irgendjemand (wer das zuerst gemacht hat ist nicht mehr klar) hat dann das Zitat verdreht: Aus "ihren Namen merken" wurde "türkisch lernen". Ein Twitter von 2018. Künast selbst hatte auf Facebook dementiert:
Verändertes Zitat: seit 2015 ein Meme Dementierung von Kuenast auf Twitter 2015


Nun wurde der Politikerin recht gegegeben: Heise. Ob das der Sache hilft, ist eine andere Frage. Denn das Falschzitat und vor allem das Originalzitat wird nun noch weiter verbreitet werden. Es ist der Streisand Effekt. Während jetzige Berichterstatter kaum das ursprüngliche korrekte Zitat bringen, kommt dieses sinnmässig schon ähnlich gemeinte Zitat wieder in die Medien. Und auch politisch noch radikalere Worte: In einem Twitter Beitrag vom 23. Februar 2015 meinte Kuenast:
Ich finde es ein Unding, den Namen anderer Menschen wiederholt trotz Hinweisen und Verbesserungen falsch auszusprechen. Dies ist unterschwelliger Rassismus und zeugt von einem komplett fehlenden Integrationswillen".
Die Unfähigkeit, einen fremden Namen aussprechen zu können, mit unterschwelligem Rassismus zu bezeichnen, ist offensichtlicher Unsinn. Fremde Namen und Sprachen zu kennen, ist wohl erstrebenswert, doch das von allen zu verlangen, grenzt an Arroganz. Es ist analog, einen Menschen, der sich keine guten Kleider leisten kann, als respektlos zu bezeichnen und dafür zu verurteilen. Der Vergleich hinkt nicht, denn nicht jeder ist vermögend genug oder hat die Zeit, sich in jeder Kultur zu bilden.

Hier ist das neuste von Heise.
Facebook muss Memes mit einem falschen Zitat der Politikerin Renate Künast (Grüne) und sinngleiche neue Varianten eigenverantwortlich löschen. Das geht aus einem Unterlassungsurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom Freitag hervor. Das soziale Netzwerk hat demnach die Pflicht, einmal als rechtswidrig festgestellte Inhalte auch im Wiederholungsfall zu löschen, ohne vorher auf jeden Einzelfall hingewiesen werden zu müssen. Das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, weitet die Prüfpflichten von sozialen Medien deutlich aus. Gegenstand des Verfahrens ist ein in sozialen Medien verbreitetes Bild der Politikerin, auf dem ihr ein Zitat zugeschrieben wird, das sie nie gesagt hat: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!" Zuvor war Künast bereits erfolgreich gegen Falschzitate und Beleidigungen vorgegangen, teilweise bis vors Bundesverfassungsgericht. In einem ähnlichen Verfahren hatte das oberste Gericht Österreichs Facebook im November 2020 dazu verpflichtet, auch sinngleiche Postings weltweit zu löschen. Mit Unterstützung der Organisation HateAid wollte Künast mit ihrer Klage nun erreichen, dass auch ein deutsches Gericht eine erweiterte Verantwortung des Plattformbetreibers feststellt.
Interessant ist aber, dass die sogenannten ``Faktenchecks", die sich damit brüsten, ``recherchiert" zu haben, die Sache selbst subtil verdrehen und manipulieren. Ein Beispiel:
Ein falsches Zitat der Grünen-Politikerin Renate Künast verbreitet sich seit 2015 im Netz. Trotz aufklärender Artikel und einer Klarstellung der Politikerin, teilen Nutzer es auf Facebook weiter. (...) Eine Quellenangabe fehlt. Wer das Bild im Netz sieht, denkt: Das hat Renate Künast gesagt. Dabei ist das Zitat frei erfunden.
Die Behauptung ``Dabei ist das Zitat frei erfunden" muss man bestreiten. Das Zitat ist nicht frei erfunden. Es ist eine Modifizierung und Uminterpretierung eines gemachten Zitats. Ja, die Verdrehung ist perfide, doch sinnmässig ist die Aussage ähnlich: um einen fremden Namen korrekt auszusprechen, muss man auch etwas von der Sprache verstehen. Die Verdrehung als ``ehrverletzend" zu bezeichnen, ist eher absurd.

Ebenfalls interessant ist, dass das viel populärere modifizierte Meme von Google kaum mehr gezeigt wird, obwohl es viel mehr verbreitet ist. Das macht Sinn, um Falschinformationen zu unterdrücken. Google reagiert so auf Google Bomben. Man fragt sich aber, wieviel andere Informationen von Suchmaschinen heute auf Druck von Politikern, Regierungen oder Firmen unterdrückt werden. Bei (auch gerechtfertigten) Manipulationen ist immer auch ein Vertrauensverlust zu bemerken. Eine tiefere Suche zeigt, dass das Ursprüngliche Meme populärer ist, als die heute bei der Suche angezeigte Dementierung:


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