Kevin Kühnert ist ein Politisches Talent, hat Stratege und ist ein feuriger Redner.
Er stand vor, während und nach den Wahlen
immer an den Orten des Geschehens herum.
Mit Turnschuhen, rauchend und dunkel gekleidet. Der 32 jährige
umtriebige Berliner spielt bei der SPD eine wichtige Rolle. Der Vertreter
des linken Flügels kann gut zuhören, aber auch feurig reden,
wie wenige in seiner Partei. Er hat offensichtlich Lust, Argumente zu
sezieren. Journalist Dominique Eigenmann beschreibt ihn treffend:
"Auf Twitter gibt es wenige, die lustiger, schlagfertiger, böser
ätzen. Macht interessiert ihn, weil ohne sie linke Ideen Ideen
bleiben. Der kleine Mann ist ein grosser Stratege, der stets einige
Züge vorausdenkt."
Folgende Aussage Kühnerts gibt einen Einblick in seine rhetorischen
Stärken: "Wenn Sie mich nach meiner Einstellung fragen, bin ich dafür, dass
wir morgen aus sind. Politik orientiert sich nicht an meiner Einstellung
oder an meiner Wünsch dir was. Sondern ich versuche, im Rahmen
meiner Möglichkeiten zu meinen politischen Zielen zu kommen. Und
das ist die Strategie, die ich dafür anwende."
Bei dieser Sequenz erkennen wir Kühnerts Auftrittskompetenz.
Er spricht frei.
Er ist formuliert stark.
Seine Augen sind hell, wach.
Seine Stimme ist kraftvoll, ausdruckstark.
Er ist ein beeindruckender, mitreissender Redner.
Trotz hoher Sprechgeschwindigkeit wird er dank der kurzen
Sätze, der Pausen und der vorbildlichen Artikulation sehr gut verstanden.
Die Medien schätzen bei Politikern die bildhafte Sprache,
vor allem zutreffende Analogien.
Kühnert: "...weil sie nur 25 Prozent Kapitalertragssteuer bezahlen
müssen, oder von üppigen Erbschaften, weil die Erbschaftssteuer
löchrig ist wie ein Schweizer Käse",
Es fällt auf, wie gut Kevin Kühnert die Konzentration
über längere Zeit aufrecht erhalten kann. Beeindruckend,
dass er es fertig bringt, ununterbrochen hochkonzentriert unter Strom
zu stehen. Konzentration gehört immer seiner Rede und dem Publikum.
Wenn er zuhört, signalisiert der intensive, kritische Blick, dass
er jedes Wort des Gegenübers prüfend wahrnimmt.
Es gibt nicht viele Redner, die während eines längeren
Auftrittes so authentisch, eloquent und souverän bleiben
können, wenn zahlreiche Kameras am Ort sind. Das ist nur
möglich, wenn man nichts vorspielt. Für mich ist Kühnert
ein begnadeter Redner, möglicherweise einer der besten rhetorischen
Talente der SPD. Er kann aber auch seine schüchterne Seite
zeigen. Medienrhetorisch punktet er, weil man ihm gerne zuhört,
weil er Emotionen zeigen kann und wir seine Argumente nachvollziehen
können, die er auf den Punkt bringt.
Was unangenehm auffällt, ist seine merkbar gequetschte, gepresste
Stimme, dies verstärkt den aggressiven Unterton.
Kevin Kühnert könnte Scholz das Leben noch schwer machen.
Schon als Vizekanzler war er sein Gegner. Der junge Wilde hat den
Kampf anfangs verloren, aber jetzt wird er gefürchtet oder
verehrt. Kühnert bleibt eine ambivalente Figur.
Er wird bestimmt nicht aufhören, Scholz zu piesacken, denn hinter
jedem Kompromiss wittert der Linke Verrat.
Seine politische Karriere verdankt der gebürtige Berliner
der SPD-Nachwuchsorganisation (Jusos), die er drei Jahre als ihr
Bundesvorsitzender anführte. Durch sie hat sein Wort in den
vergangenen Jahren Gewicht bekommen. Olaf Scholz lehrte er bereits das
Fürchten. Kühnert verdarb im die Wahl zum Parteichef. Mit
seinen Jusos unterstützte er die linken Kandidaten Saskia Esken
und Norbert Walter-Borjans, die den Kampf um die Parteispitze gewannen.
Wer sich Zeit nimmt und im Internet unter Youtube den Dialog
Kühnert-Lanz vom 14.10.21 linkt, kann 1:1 verfolgen, wie es der
redegewandte Kühnert versteht, den Journalisten an die Wand zu
spielen. Mit seinen ungewohnten, überraschenden Antworten gelingt
es ihm, dass Markus Lanz ein paar Mal Mühe hat, den roten Faden
wieder zu finden.
Was bei diesem Gespräch auffällt:
Kühnert ist schlicht gekleidet. Schwarz mit weissen Sneakers und
sehr gepflegter Frisur. Bisher hatte man oft das Gefühl, er sei
schlecht rasiert und halte nicht viel von seinem Erscheinungsbild.
Auch wer die extrem linken Juso - positionen von Kühnert nicht
teilt, schätzt, dass er offen und ungeschminkt zu seinen radikalen
Forderungen steht. Auf die Frage, ob er radikal sei, antwortet er: #Wer
nicht radikal ist, bekämpft das Unkraut mit dem Rasenmäher."
Kühnert ist gegen Leiharbeit
für wesentlich höhere Mindestlöhne
für die Kollektivierung von Eigentum
Kühnert fordert, dass "jeder maximal den Wohnraum besitzen
(dürfe), in dem er selbst wohnt."
Solche linken Thesen werden wohl in der neuen Regierung kaum
viel Widerhall finden. Schon fehlender zu verteilender Mittel wegen, aber
wohl auch grundsätzlich. Doch mit Kühnert ist zu rechnen. Die
Frage ist nur, wann?
Nachtrag vom 2. Dezember, 2021:
Ex Juso Chef Kevin Kühnert soll Generalsekretär der SPD werden.
Quelle.