Es steht nun nach dem Rücktritt von Petra Gössi fest, wer
künftig das schlingernde FDP-Schiff navigieren wird. Es gibt einige
Persönlichkeiten, die fähig gewesen wären, das Steuer
des FDP-Schiffes zu übernehmen. Die gehandelten Kandidaten haben
sich alle aus dem Rennen genommen. Nun ist entschieden, wer neu als
Kapitän die Partei führen wird. Es ist Ständerat
Thierry
Burkart. Es gibt ein Präsident mit einem Vizepräsidium von vier
Personen (mit den Ständeräten Johanna Gapany (FR) und Andrea
Caroni (AR), sowie den Nationalräten Philippe Nantermod (VS) und
Andri Silberschmidt (ZH)). Auf eine Doppelspitze wurde verzichtet. Das
war eine richtige Entscheidung. Eine Doppelspitze ist nicht effizient
Es war lange von einem Co-Präsidium die Rede, wie bei der SP. Doch
diese Lösung fand nicht überall Zustimmung. Viele vertreten
die Meinung: Eine Partei muss von nur einer Spitze geführt
werden. Verantwortung im obersten Parteiamt lasse sich nicht teilen. Eine
Person - nicht zwei - habe das Gesicht der FDP zu prägen.
Als Kommunikationsberater stellte ich in der Praxis immer wieder fest:
Der Trend, Führung auf verschiedene Köpfe aufzuteilen, hat
sich selten bewährt. Auch nicht bei Firmen, Schulen oder anderen
Institutionen. Es geht bei der Doppelspitze viel Energie
durch laufende Absprachen und Koordinationsgespräche verloren. Ferner besteht
die Gefahr, dass sich ein Führungsduo hinsichtlich Medienpräsenz
in einen Konkurrenzkampf manöveriert und dadurch die Arbeit erschwert.
Die FDP benötigt in der jetzigen Situation ein neues
starkes Präsidium mit einer starken Führung.
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Von http://www.parlament.ch, Attribution, Quelle
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Ständerat Therry Burkart, der nun als Parteipräsident
gewählt worden ist, möchte als
Parteipräsident die Partei wieder einen. Pläne für einen
neuen Kurs sind jedenfalls vorhanden.
Othmar von Matt interviewte den
designierten neuen Parteichef für die Schaffhauser Nachrichten. Es
ist spannend, ein paar Antworten Burkarts zu analysieren. Ich zitiere:
von Matt: An der Medienkonferenz sprachen Sie immer wieder vom
"Team FDP" Ist das Ihr Claim (Anspruch, Forderung) für die Wahlen?
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Burkart: Nein. Die vier Vizepräsidenten und ich wollen die FDP gemeinsam
weiterbringen. Wir werden strategische und operative Belange gemeinsam
entscheiden. Zudem werden alle vom Vicepräsidium mit Kompetenzen
und Aufgaben ausgestattet.
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Kommentar: Das eindeutig klare NEIN
ist bei einem Politiker selten. Viele müssen meist lernen, Nein
zu sagen. In der Antwort wird das Wort GEMEINSAM (Präsidium und
Vizepräsidium) wiederholt, so betont, sodass sogar die Zeitung
titelte: "Wir werden geschlossen auftreten." Die Stärkung des
Teamgedankens belegt Burkart durch die Ausstattung des Vizepräsidiums
mit Kompetenzen. So kann sich der Präsident nicht nur entlasten,
das Delegieren von Aufgaben unterstreicht noch den Teamgedanken.
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von Matt: Zwei Fragen sorgten für Uneinigkeit: Rahmenabkommen und CO2
Gesetz.
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Burkard: Das Rahmenabkommen wurde beerdigt und das CO2 Gesetz vom Volk
abgelehnt. Wir haben damit in beiden Fragen die Chance, wieder gemeinsam
klar Position zu beziehen - und uns zu einen.
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Kommentar: Wir wissen, Thierry Burkart war nicht immer auf der Parteilinie. Nachdem
er bei der CO2 Abstimmung zu den Siegern gehört, fällt es ihm
heute leicht, den Verlieren die Hand zu reichen. Spannend wäre die
Zusatzfrage an den neuen Präsidenten: "Wie gelingt es Ihnen konkret,
die Positionen zu einen?"
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von Matt: Wie sehen Sie die Situation beim Rahmenabkommen?
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Burkard: Wir stehen zum bilateralen Weg. wollen ein stabiles Verhältnis mit der EU.
Das ist völlig unbestritten.
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Kommentar: Diese unangreifbare, typische Politikerantwort war
bislang von vielen FDP Parlamentariern zu hören. Spannend wäre
es, zu erfahren, wie sich die FDP verhält, wenn die Schweiz von
der EU unter Druck gesetzt wird. Auf diese Antwort müssen wir wohl
noch warten.
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Wie wirkt Thierry Burkart vor Mikrofon und Kamera?
Burkart ist noch eher unbekannt. Er ist ehrgeizig, erfolgsverwöhnt aber nicht
mediengeil. Im Blick TV (17. August) antwortet Burkart pausenlos,
fliessend, sehr schnell, aber als typischer Bandwurmsprecher. Beim freien
Sprechen müssten jedoch Aussagen auf Anhieb verstanden werden.
Folgende typische Antwort des vorgesehenen FDP Präsidenten gibt zu
denken (in Standardsprache wortwörtlich wiedergegeben). Erkennen
Sie den Hauptfehler?
Burkart: "Ich habe intensiv abgewogen nach diesem
Gespräch im persönlichen aber auch im politischen Umfeld, mich
hat erwogen die Zusammensetzung der Kolleginnen und Kollegen-Aeh-die
Motivation mit bringen-Aeh-um die Partei weiterzubringen - das ist
meine Partei seit vielen Jahren-ich bin über zwanzig Jahren schon
in politischen Aemtern und ich bin überzeugt davon, dass das Land
diese Partei braucht und das, was mich motiviert, das liberale Feuer
mitzutragen-Aeh-ich habe den Eindruck ich könne etwas bewirken und
das ist das was motiviert."
Kommentar: Dieses hastige Nonstopsprechen
im schnellen Tempo zeigt, wie wichtig das Reden in kurzen Sätzen ist,
die weder mit "und" oder "Aehs" verbunden, noch nahtlos aneinander gereiht werden. Diese
Bandwurmantwort enthält 81 Wörter (an einem Faden)!.
Pausen helfen die Gedanken schneller zu erfassen. Das Gehörte
wird besser "verdaut".
Der Sprecher kann zudem das Gesagte reflektieren und allfällige
Fehler überlegen evt. präzisieren und den nächsten Gedanken
vorbereiten. Wer frei spricht, mit kurzen Sätzen und deutlichen
Pausen wird nicht nur besser verstanden, sondern wirkt auch sicherer und
kompetenter. Pausen sind ein wichtiger Verständlichkeitshelfer.
Der neue Parteipräsident müsste vor Mikrofon und Kamera in
erster Linie die richtige Pausentechnik verbessern. Die zahlreichen
Satzbrüche und der falsche rhythmische Akzent sind dann mit der neuen korrekten
Pausentechnik kein Thema mehr. Wer am Blick-TV den Politiker beim
Antworten gesehen und gehört hat, merkte dieses Manko kaum
auf Anhieb. Viele haben das Gefühl: Da spricht ein Profi, der
fliessend frei spricht. Denn Burkart überzeugt in der Art und Weise, wie er da
steht und spricht.
Erkenntnis: Das "WIE" und das "WAS", beides ist beim Sprechen wichtig.
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Obschon Thierry Burkart als Medienrhetoriker vor Mikrofon und
Kamera noch Defizite hat, hat er alle Voraussetzungen, rasch
Arena-tauglich aufzutreten. Er kann sehr gut frei sprechen, denkt
schnell, ist selbstsicher und als Jurist fähig, strukturiert
zu formulieren. In der BZ lesen wir sogar, Wirtschaftsanwalt Burkart
wirke charismatisch und eloquent. Ich finde: Wenn der FDP Kapitän
bei künftigen Auftritten die Pausentechnik verbessert, wird er
wesentlich besser überzeugen. Der designierte Präsident
hat die einmalige Chance, der Schweiz zu zeigen, was die neue FDP
will. Doch muss er die Vision auch noch konkret formulieren und sagen,
wie er das liberale Feuer entfachen und als Einiger die Partei zum Erfolg
führen will. Durch die Neubesetzung des Präsidiums hat die
FDP vor allem die Chance, den gewünschten neuen Erfolgsweg zu
beschreiten. Immer vorausgesetzt, dass es dem Präsidenten gelingt,
seine Vizepräsidenten von diesm Weg zu überzeugen, aber auch
die Wählerinnen und Wähler. Wir müssen spüren:
Für Thierry Burkart ist jetzt die FDP wichtiger als seine Karriere.