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www.rhetorik.ch aktuell: (16. Jul, 2021)

Mit Speck faengt man Maeuse

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Es gibt Betrüger, die es immer wieder verstehen, Leuten mit einfachen Mitteln Geld aus der Tasche zu ziehen. Es gibt leider viele aktuelle Vorkommnisse, die zeigen, dass Betrüger gute Psychologen sind. Sie wissen, wie ihre Opfer ticken. Die Maschen sind stets ähnlich und bekannt. Trotzdem agieren die Gauner immer wieder erfolgreich. Denken wir an die Masche mit falschen Polizisten, mit dem Enkeltrick, mit der Liebeslüge (online Partnerbörse) oder den Phishing-Mails (Absender tarnen sich täuschend echt als #Amazon", "Netflix" oder "Post"). Die Betrüger verlangen hier innerhalb von 24 Stunden die Kreditkartenangaben, um sie zu aktualisieren. In Schaffhausen spielte sich nun folgende konkrete Geschichte ab:

Ein Schaffhauser Künstler wurde von zwei angeblichen Kunstexpertinnen, die Galerien und Ausstellungen betreuen, überraschend kontaktiert. Da ihm ihr Angebot zweifelhaft vorkam, wollte er meine Einschätzung zu diesem Angebot erfahren und sandte mir das folgende Mail. Ich erhielt grünes Licht, den Vorfall anonymisiert zu publizieren :

Zwei berühmte Kunstexpertinnen vom European Culture Center sind am Dienstag extra aus London angereist, um mich zu treffen. Sie haben vor, eine Ausstellung mit meinen Werken und auch meinen Skulpturen zu machen und mich an der nächsten Biennale von Venedig 2022 teilnehmen zu lassen. Eine Ausstellung für 7 Monate mit einem Katalog. Sie organisieren grosse Ausstellungen in der Saatchi Gallery in London. Eine ist von Sotheby's, die andere von Christie's. Sie sind sehr begeistert von meiner Arbeit. Sie werden heute morgen wieder hier sein. Ausserdem bekäme ich die Unterstützung einer Prinzessin von Oman und eines Freundes, der ein Pariser Sammler ist."

Die sogenannten Expertinnen setzten den Künstler unter Zeitdruck, indem sie schrieben, sie könnten ihn noch an diesem Tag vor ihrer Abreise für 30 Minuten zu einem Gespräch treffen, damit sie eine Ausstellung in die Wege leiten können.

Es wurde ein Treffen in Schaffhausen vereinbart. Als Sofortmassnahme riet ich dem Künstler, auf keinen Fall ein Papier zu unterschreiben oder eine Vorauszahlung zu akzeptieren. Wir erarbeiten mit ihm noch kurz vor dem Gespärch einen Fragekatalog . Mein Rat: Fragen statt sagen! Nichts zu unterschreiben. Hart nachfragen: #Kostet mich die Ausstellung etwas? Können Sie mit noch alle genauen Koordinaten bekannt geben?" (Namen, Adressen, Telephon Nummer usw). Da ich als Kommunikationsberater kein Kunstexperte bin, mailte ich das verlockende Angebot vor dem Treffen einem renommierten Kunstsachverständigen, der grosse Erfahrung hat mit Ausstellungen und Betrügern, die für Geld mit gefälschten Visitenkarten und unter falschen Namen erschleichen. Der Experte recherchierte und erkannte, dass es sich bei den russischen Frauen um raffinierte, fragwürdige Personen handelt. Auch er empfahl dem Künstler, auf keinen Fall etwas zu zahlen! Zuviel war bei der Geschichte unklar. Nach dem Experten handelt es sich beim Angebot mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Netz für den Fang von Naiven. Er informierte den Künstler zudem, dass strafrechtlich gegen die Bauernfänger nichts zu machen ist. Versprechungen sind nicht strafbar und der Drang nach Anerkennung ist nicht nur in der Welt der Künstler weit verbreitet. Bei praktisch allen renommierten Künstlern geht der mühsame Weg zur Anerkennung (Werke finden Käufer) über Galeristen, die die sehr hohen Kosten an wichtigen Messen übernehmen. Bei einem Verkauf erhält der Galerist ca. 30 - 40 Prozent des Verkaufspreises. Eine Messe kostet locker ca. 50 bis 80'000.- Franken. Nun gibt es aber Schlaumeier, die den tausenden von malenden Hausfrauen und Möchtegernkünstlern das Blaue vom Himmel versprechen. Die Beträge, die in diesem Fall auf einem "Fötzelipapier" notiert wurden, sind oft höher. Da wird mit grossen Namen wie Sotheby's und Christie's und Prinzessinnen hausiert, wobei das nur grossartig tönt, Sotheby's und Christie's sind Auktionshäuser. Die Prinzessinnen sind falsch ... Die Saatchi Gallery verkauft Objekte im Bereich von 100 Millionen ! Wenn diese "Damen" vielleicht mal ins Schaufenster geschaut haben, sind sie dann persönliche Freunde von Mr. Saatchi. Als Lockvogel ist die Biennale von Venedig natürlich einladend, nur sollte man sich erkundigen. Die Biennale gibt es seit 1920 und sie wird von den Staaten (ohne die kommunistischen) bestückt und dauert 7 Monate. Es ist aber keine Verkaufsausstellung. Diese "Damen", die im Auftrag internationaler Betrüger Leute "glustig" machen, mieten nur ein Gebäude in der Nähe der Biennale und machen Versprechungen. Der echte Experte schilderte dem Schaffhauser Künstler eine wahre Geschichte, die 30 Jahre zurück liegt: An der TEFAF in Maastricht (die mit Abstand wichtigste Kunstmesse) hat einer der bekanntesten Kunsthändler aus Deutschland Werke von Dürer, Michelangelo, Leonardo Vinci etc. ausgestellt, seltenste Originale versteht sich. Eine Gruppe von eleganten Libanesen, mit Bodyguards haben während 2 Tagen die wichtigsten Zeichnungen begutachtet und reserviert. Es handelte sich um einen Betrag von 12 Millionen. Die Libanesen haben sich als italienische Adlige ausgegeben, selbstverständlich mit handgestochenen Luxusvisitenkarten. Die Bedingung war, dass die ausgesuchten Objekte an einen Palazzo in Venedig geliefert werden, mit Einladung an den Besitzer mit Ehefrau für 3 Tage Luxus in Venedig. Die Lieferung fand statt, und die deutschen Kunsthändler wurden sehr verwöhnt, Opernbesuch feinstes Essen bei Cipriani und so weiter. Am 3. Tag wurde dem Händler mitgeteilt, dass Verkauf und die vereinbarte Summe perfekt sei, es würde aber am nächsten Tag, der Doyen der Familie noch extra aus Rom einfliegen, weil er beim Ritual der Übernahme dabei sein möchte..... Am nächsten Tag kam der Händler mit grosser Freude wie abgemacht in den Palazzo, und, der Palazzo war verwest, nur ein Hauswart, aber keine Kunstliebhaber und vor allem, kein einziges der musealen Gemälde. Der Palazzo wurde von den eleganten mit falschen Adressen hausierenden "Kunstliebhabern" gemietet und in der Nacht ausgeräumt. Bis heute ist keines der seltenen Objekten wieder aufgetaucht. Die libanesische Mafia hat mit diesen perfekten Schauspielern wohl im Auftrag eines verrückten Sammlers gehandelt..... Die Versicherung hat nichts bezahlt, weil es kein Einbruch war und Leichtsinnigkeit nicht versichert wird. Diese Geschichte war über Jahre das Gespräch im Kunsthandel, und ist tatsächlich passiert.


Wer Kunsthandel hört, denkt meist, man würde bei diesen Geschäften locker und schnell einen Haufen Geld verdienen. Der Job ist knochenhart und um in den Olymp des gehobenen Handelverkaufs zu kommen, braucht es einige Jahre und sehr viel Herzblut. Diese konkrete Einschätzung des Experten überzeugten letztlich den Künstler. Er ging den Damen nicht auf den Leim. Er lehnte es ab, 30'000 Fr. in das verlockende Projekt zu investieren und Sponsoren aufzutreiben.

Die Geschichte zeigt einmal mehr, wie Betrüger zu Geld zu kommen versuchen. Es lohnt sich immer, Lockangebote zu hinterfragen und mit Zahlungen zurückhaltend zu sein.

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