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www.rhetorik.ch aktuell: (19. Jun, 2021)

Lücke im Wort

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die gendergerechte Sprache scheitert am Prinzip; Geschriebenes muss auch gesprochen werden können. Der Gendergap beeinträchtigt den Sprechfluss. Trotzdem soll schriftlich und mündlich das "Loch im Wort" druchgeboxt werden. Verlage und Redaktionen, auch Bildungsstätten sind aufgerufen, die militanten Sprachpolilizistinnen zurückzubinden, die Sprache verkomplizieren, statt zu vereinfachen und mit unnötigen Lücken unverständlicher machen. Der Stern hat eine eindeutige Funktion als Fussnote. Der Doppelpunkt hat innerhalb eines Wortes nichts zu suchen. Das Binnen I (SchülerInnen) kann nicht ausgesprchen werden. Wir lehnen alles ab, was die Verständlichkeit beeinträchtigt, unlogisch ist oder das Sprachbild zerstört. Es lohnt sich gegen den Strom der gendergerechten RotstifttypenInnen zu schwimmen. Deutschlandfunk
Wie gross ist das Loch im Wort? Das Problem mit dem Loch im Wort. Als der Gendergap Anfang der Nuller-Jahre eingeführt wurde, konnte die Lücke nicht gross genug sein. Der Philosoph Steffen Kitty Hermann machte den Unterstrich damals salonfähig: "Er schiebt grafisch die männliche und die weibliche Form auseinander, um dazwischen Platz für etwas Neues zu machen. Nämlich genau für jene, die sich nicht mit der zweigeschlechtlichen Ordnung identifizieren können oder wollen. Der Unterstrich dient also in erster Linie der Sichtbarmachung."
Doch Lücke heisst eben auch Trennung. Im Fall des Unterstrichs, meint Anna Berkenbusch, aber sprachlich völlig unlogisch: "Das hat mich am Anfang immer sehr irritiert, als es diesen Unterstrich gab mit einem wirklich deutlichen Platz zwischen dem Wort und dann dem Anhang, dass da eben ein Wortteil entsteht, der eigentlich "-innen` wie "aussen` - eben einfach nochmal eine besondere Bedeutung hat."
Dann kam das Gender-Sternchen. Aber auch das, wie alle Satzzeichen, die wir zweckentfremden, sei nur eine Behelfslösung, so Berkenbusch:
"Das Sternchen steht ja eigentlich für eine Fussnote, und in dem Moment ist dann sozusagen das dritte Geschlecht mit einem Fussnotenzeichen bezeichnet. Und beim Doppelpunkt ist es eigentlich ähnlich. Nur der Doppelpunkt, der passt sich sicherlich sehr viel besser ein in ein Alphabet und reisst nicht so eine Lücke."
Also, nach der möglichst sichtbaren Lücke soll sie jetzt lieber wieder schrumpfen, obgleich nicht unsichtbar werden. Man könnte das als Fortschritt in der Genderdebatte sehen, als Weg hin zur Normalisierung im Schriftbild. Abgesehen von ganz praktischen Vorteilen: Sprachausgabeprogramme lesen den Doppelpunkt automatisch als Pause. Das Zeichen ist somit barriereärmer und inklusiver, weshalb es inzwischen sogar von einigen Stadtverwaltungen eingesetzt wird.
Woher der Doppelpunkt eigentlich stammt, ist schwer zu sagen. Das erste Mal taucht er 2015 beim Fusion-Festival auf - und zwar bei der jährlichen Ticketverlosung. Warum, weiss niemand so genau. Von dort trat der Doppelpunkt den Siegeszug an - wenn es denn einer werden wird.
Die Schweizer Künstlerin Bea Schlingelhoff, die mehrere Schriftarten entwickelt hat, die nach Widerstandskämpferinnen benannt sind, weist auf ein weiteres Doppelpunkt-Dilemma hin:
"Die zwei Punkte können ja schlecht für non-binary stehen, oder? Das wäre bizarr. Und dann ist es ja eigentlich so, es kommt immer eine Auflistung nach einem Doppelpunkt. Man sagt: Heute gehe ich einkaufen. Doppelpunkt. Birnen, Äpfel, Mehl, keine Ahnung."
Diese Suche nach einem einzigen passenden Zeichen, das sprachlich Gendergerechtigkeit schaffen soll, ist Problem und Chance zugleich. Ist doch eigentlich ganz schön, dass wir seit 20 Jahren um den richtigen schriftlichen Ausdruck für den Gendergap ringen und dabei auch immer ein bisschen scheitern.
"Eigentlich bedeutet das ja, wir sind noch im Prozess, das zu finden", sagt Bea Schlingelhoff, "und wir haben alle noch ein Unbehagen damit. Vielleicht ist das auch etwas Gutes, dass es weiterhin Vorschläge gibt, oder dass es weiterhin Versuche gibt."

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