Der nette Armin im Check
Armin Laschet, der Ministerpräsident von Nordrhein - Westfalen,
CDU Vorsitzende und mögliche Kanzlerkandidat, hielt am Dienstag
eine Grundsatzrede. Grundtenor: So kann es nicht weitergehen. Deutschland
ist verkrustet und droht den Anschluss zu verlieren. Damit distanziert er
sich deutlich von Angela Merkel. Laschet weiss: Die Abwärtsbewegung
der CDU muss gestoppt werden. Laut Meinungsforschungsinstitut Insa liegen
die Unionsparteien aktuell nur noch bei 26 Prozent. Es geht Laschet auch
darum, als denkbarer Kanzlerkandidat Punkte zu holen.
Bei folgender Analyse geht es nun um die Ueberzeugungskraft,
die kommunikativen Stärken und Schwächen, sowie um die
Auftrittskompetenz des möglichen Kanzlerkandidaten.
In der letzten Rede ist Laschet voll und ganz bei seiner Botschaft.
Immer wieder spricht er die Bevölkerung direkt an. Ueberzeugend
wirken die verständlichen rhetorisch gut aufgebauten Gedanken. Die
Pausen signalisieren Ueberlegenheit.
Die kraftvolle Stimme strahlt Sicherheit aus.
Es ist gut möglich, dass Laschet mit seiner Grundsatzrede die Wechsel
zum Erfolgsweg geschafft hat. Für mich enthält sie jedoch zu
viele Plausibilitätsformulierungen, Gedanken die allgemeingültig
sind, die immer schön klingen, aber zu wenig konkret sind. Ein
Beispiel:
"Wir brauchen einen hocheffizienten, schlanken, starken, flexiblen und
schlagkräftigen Staat. Wir brauchen mehr Vertrauen in die Menschen,
in die Kraft zu verändern, wenn man sie machen lässt. Angst
ist für die Gestaltung kein guter Ratgeber".
Wer möchte dies nicht alles?
Doch hat Laschet bei einer Vielzahl von Stimmberechtigten den Ton
getroffen.
Die Stärken Laschets:
Als Ministerpräsident hat bewiesen, dass er konsensfähig ist.
Er sagte von sich, er werde nicht CEO, sondern Mannschaftskapitän
sein und sieht sich als Brückenbauer, der verbindet, nicht
polarisiert.
Der neue CDU Chef gilt als Frohnatur (hat eine Leidenschaft für
Karneval), ist aber zäh.
Er ist kein Mann der grossen Pose. Bescheidenheit kommt immer gut an.
Mit seinen Aussagen versteht es Laschet, seine Kernbotschaft vorbildlich
zu wiederholen und herauszuschälen:
#Man muss das Handwerk der Politik der Mitte beherrschen" (Quelle:
Bewerbungsrede zum Parteichef)
Er hat den anspruchsvollen Auftritt ohne Publikum, mit Blick in die
Kamera, stets sehr gut gemeistert.
Das ist nicht einfach, wenn die Parteidynamik in einer leeren Halle
fehlt. Wenn es kein Publikum und keine Rückkopplung durch das
Publikum gibt, die dem Redner zusätzlichen Schwung gibt.
Mängel und Schwächen:
Laschet wirkt oft unentschlossen und gilt für viele nicht als
politischer Führer. Das Bild des #netten Armin" gilt es, neu zu
besetzen, sonst bleibt er profillos.
Bei früheren Auftritten fehlte ihm die
Begeisterungsfähigkeit. Das bestätigt, die Mimik, die Sprache,
die Stimme. Es mangelte ihm oft an der notwendigen Körperspannung.
Er hat ein Problem mit den Umfragewerten.
Laschet hatte bislang den Ruf eines Merkelianers, der nicht gewillt ist,
Merkels Politik zu ändern.
Es fehlt ihm Merkels Härte. Ein Journalist bezeichnete ihr als
herzig, lieb, manchmal etwas trottelig.
Wenn es jedoch Laschet nicht gelingt die Anhänger der Mitbewerber,
vor allem der Konservativen, mit ins Boot zu holen, wird er Gegenwind
verspüren. Es könnte zu Parteiaustritten kommen. Er hat
einen Grossteil der Bevölkerung noch nicht überzeugt, dass er
tatsächlich Mannschaftskapitän aller Gruppen, der Erneuerer,
der Merzanhänger und der Bevölkerung aus der linken wie rechten
Ecke ist.
Laschet ist Jurist mit einem Hang zum Chaos. Nachdem er als Dozent an der
Hochschule Aachen kurzerhand Noten ausdachte, auch für Studenten,
die nicht anwesend waren, flog dies auf.
Seither bringt er den Ruf als unzuverlässiger Rheinländer
nicht mehr los.
Diese Geschichte liegt sehr weit zurück. Sie wird somit Sicht
seine Wahlchancen kaum schmälern. Im Gegenteil, wer sie liest oder
hört, muss schmunzeln.
Es git auch zu bedenken, dass Wähler Politiker mögen, die
nicht perfekt sind.
Die fehlende Begeisterungsfähigkeit ist jedoch ein Handicap.
Seine Loyalität für Merkel ist lobenswert. Doch wünschen
sich heute viele Stimmberechtigten einen Kanzler, der sich deutlich von
Merkel mit ihrem Wendehalsverhalten absetzt. Das ist mit ein Grund,
weshalb Friedrich Merz so viele Stimmen geholt hat. Merz unterscheidet
sich unmissverständlich vom Verhalten der langjährigen
Kanzlerin, die vor Jahren den missliebigen, intelligenten Politiker
bewusst kalt gestellt hatte.
Mit der Spitze gegen Merz (Ich bin kein CEO) hat er viele Konservative
vor den Kopf gestossen.
Rhetorische Rosinen aus Laschets Reden:
Zitat:
"Ich höre immer wieder den Satz: Man muss auch polarisieren
können. Und ich sage: Nein, muss man nicht! Polarisieren ist einfach,
das kann jeder. Die Rezepte sind bekannt, das Gift schnell zur Hand,
digital schnell zu verbreiten. wir müssen KLARTEXT sprechen, aber
nicht polarisieren."
Laschet plädiert so für einfache, klar verständliche
Aussagen.
Laschet zog die Bergmannsmarke seines Vaters aus der Hosentasche, die
als Zeichen des Vertrauens unter Tage galt und hielt sie in die Kamera.
Sein Vater habe ihm diese Marke mit dem Satz vermacht:
"Sag den Leuten, sie können dir vertrauen."
Mit diesem narrativen Einschub in der Rede hat er die Delegierten wohl
bewegt. Das war geglücktes bildhafte Rhetorik.
Mit Selbstironie konnte Laschet die Zuhörer gewinnen:
"Ich bin nicht der Mann der perfekten Inszenierungen, aber ich bin
Armin Laschet - darauf können Sie sich verlassen."
Sein Schlusssatz wirkte ebenfalls nachhaltig und sitzt (Start und
Schluss muss stets gut vorbereitet sein):
"Heute geht es um sehr viel. Es geht um die für die Demokratie sehr
wichtige Frage: Wem vertrauen? Das entscheiden heute-SIE!"
Weshalb gilt Armin Laschet als Merkel Nachfolger?
- Er ist kein Polterer, sondern schüttet Gräben zu und
führt Menschen zusammen (Peter Maffay)
- Der Laschet-Stil würde sich im Kanzleramt bewähren: Gut
zuhören, dann abwägen.
- Laschet ist loyal. Obschon sich rasch gezeigt hat, dass Merkels
Flüchtlings-Willkommenskultur falsch war, hielt er zur Kanzlerin.
Fazit und Prognose:
Die Chance, dass Laschet Merkel Nachfolger wird, ist denkbar, wenn er
das Image des Merkelinaners ablegt und zeigt, dass er tatsächlich
Mannschaftskapitän aller ist.
Ich bin überzeugt, dass das Erscheinungsbild von Laschet
trügt. Sein weiches Gesicht strahlt nicht Härte oder
Machtstreben aus. Doch auch ohne Kanzlergesicht versteht es Laschet,
mit Macht umzugehen.
Er kann Angriffe ins Leere laufen lassen.
Es gelingt ihm recht gut, die Herzen der Stimmbürger zu gewinnen.
Der Erfolg des #netten Armin" besteht darin, dass er immer wieder
durchblicken lässt, wie hart er sein kann. Hier ein Schlusssatz
aus einer alten Rede:
#Damit Sie sich keine Illusionen machen: Ich werde es mir nicht leicht
machen, Ihnen aber auch nicht."
Die Situation spitzt sich immer mehr zu.
Es zeichnet sich doch ein Duell Söder - Laschet ab.
Die jüngste Ablösung von Merkel kann dazu führen, dass
Laschet den Support der Machtfrau Merkel verliert und er wie viele
Kontrahenten, wie eine heisse Kartoffel fallen gelassen wird.
Die heutige ist Situation ist spannender, denn je.