Moritz Leuenberger war als Bundesrat ein redegewandter und kreativer Kommunikator.
Beispiel aus dem Jahre
2002. Er hat dafür einmal den Cicero Preis erhalten
Quelle.
Seit seinem Rücktritt ist er aber auch eher unglücklich aufgetreten:
Zum
Beispiel hier. Mit kürzlich gemachten
Aussagen über Lösegelder hat er keinem einen Gefallen getan. Auch
sich selbst nicht.
Blick:
Alt Bundesrat Moritz Leuenberger wirft der Regierung vor, beim Thema
Lösegeld-Zahlungen zu lügen. Ein Geständnis, das schwere
Folgen haben könnte.
Die offizielle Position unseres Landes ist klar: "Die Schweiz
bezahlt kein Lösegeld." So steht das sogar auf der Website des
Aussendepartements (EDA). Doch das ist eine Lüge, wie alt Bundesrat
Moritz Leuenberger (74) sagt. Im Interview mit der "NZZ am Sonntag"
macht er öffentlich: "Kommt eine Geisel frei, ist wohl meist
bezahlt worden." Die Regierung sage die Unwahrheit, um Nachahmer und
weitere Geiselnahmen zu verhindern. "Erklärt man dieses Verhalten
der Öffentlichkeit, wird dies als legitime Lüge akzeptiert."
Die Aussage des SPlers mag Kenner aber kaum überraschen, denn
viele sind davon ausgegangen, dass Geld fliesst - wenn angeblich auch
oft über einen Drittstaat.
Und ein Kommentar im
Blick:
Dass Politik und Medien im höheren Interesse über gewisse
Dinge schweigen müssen, dürfte jedem klar sein. Und doch hat
letzte Woche ein ehemaliger Bundesrat ein bisher unbestrittenes Tabu
gebrochen. Moritz Leuenberger plauderte in der "NZZ am Sonntag" aus,
dass Regierungen - im Gegensatz zu sämtlichen Beteuerungen - eben
doch Lösegelder zahlen, um entführte Bürger zu befreien:
"Kommt eine Geisel frei, ist wohl meist bezahlt worden. Aber da steht
nicht #Lösegeld# auf dem Einzahlungsschein, sondern da werden
irgendwo Spesen abgebucht."
Leuenberger löste einen Sturm der Entrüstung aus - zu
Recht. Ein solches Eingeständnis aus dem Mund eines ehemaligen
Regierungsmitglieds ist geradezu als Einladung an alle Terroristen dieser
Welt zu verstehen, Jagd auf Schweizer Bürger zu machen.
Als der alt Bundesrat schliesslich zerknirscht erklärte, er bedaure
seine Worte, die Formulierung sei "ungeschickt gewesen", fragten sich
viele: War das echte Reue - oder eher eine faule Ausrede?
Moritz Leuenberger ist ein Mann des Worts, ein intellektueller
Schöngeist, seine Reden sind legendär, weil er stundenlang
an seinen Sätzen schleift, bis sie perfekt sitzen. Wenn jemandem
nicht mal eben eine ungeschickte Formulierung rausrutscht, dann ihm!
Zwar kann es durchaus bereichernd sein, wenn höchste Vertreter der
Eidgenossenschaft auch nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt mit all ihrer
Erfahrung und ihrem Wissen in der Öffentlichkeit präsent sind.
Doch wenn die Eitelkeit so weit geht, dass ein erfahrener Politiker alle
Regeln und guten Sitten ignoriert, um wieder mal in den Schlagzeilen zu
stehen, wenn er dabei sogar Tabus bricht, bei denen es um Leben und Tod
geht - dann ist das nur noch peinlich.
Aus der
Aargauerzeitung:
Die Schweiz lässt sich von Terroristen nicht erpressen. Das beteuert
der Bundesrat stets, wenn es um Lösegelder bei Entführungen
geht. Doch so standhaft scheint die Schweizer Regierung gar nicht zu sein.
Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger (SP) sagte der "NZZ am Sonntag": "Kommt
eine Geisel frei, ist wohl meist bezahlt worden." Diese Aussage löst
Kritik aus. "Eitelkeit", twitterte Mitte-Präsident Gerhard Pfister.
"Unnötig und nicht besonders klug", findet Fabian Molina (SP),
der wie Pfister in der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats ist.
Auf Nachfrage dieser Zeitung betont Leuenberger das Wort "wohl"
und sagt: "Während meiner Amtszeit wurden im Bundesrat nie
Lösegeldzahlungen beschlossen. Das habe ich im Interview auch nicht
gesagt. Manchmal ist aber zu vermuten, dass via andere Kanäle
wohl etwas geflossen sein könnte." Trotzdem verneine man dies,
und das sei eine legitime Lüge. Natürlich ist diese Strategie
nachvollziehbar: Die Regierung möchte sich nicht als zahlungswilliger
Staat geben, um keine finanziellen Anreize für Entführungen
zu setzen. (...)
Eine Karikatur aus dem Tagi:
Tagi.