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www.rhetorik.ch aktuell: (13. Feb, 2021)

Leuenberger tritt ins Fettnaepfchen

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Moritz Leuenberger war als Bundesrat ein redegewandter und kreativer Kommunikator. Beispiel aus dem Jahre 2002. Er hat dafür einmal den Cicero Preis erhalten Quelle. Seit seinem Rücktritt ist er aber auch eher unglücklich aufgetreten: Zum Beispiel hier. Mit kürzlich gemachten Aussagen über Lösegelder hat er keinem einen Gefallen getan. Auch sich selbst nicht.
Blick:
Alt Bundesrat Moritz Leuenberger wirft der Regierung vor, beim Thema Lösegeld-Zahlungen zu lügen. Ein Geständnis, das schwere Folgen haben könnte. Die offizielle Position unseres Landes ist klar: "Die Schweiz bezahlt kein Lösegeld." So steht das sogar auf der Website des Aussendepartements (EDA). Doch das ist eine Lüge, wie alt Bundesrat Moritz Leuenberger (74) sagt. Im Interview mit der "NZZ am Sonntag" macht er öffentlich: "Kommt eine Geisel frei, ist wohl meist bezahlt worden." Die Regierung sage die Unwahrheit, um Nachahmer und weitere Geiselnahmen zu verhindern. "Erklärt man dieses Verhalten der Öffentlichkeit, wird dies als legitime Lüge akzeptiert." Die Aussage des SPlers mag Kenner aber kaum überraschen, denn viele sind davon ausgegangen, dass Geld fliesst - wenn angeblich auch oft über einen Drittstaat.
Und ein Kommentar im Blick:
Dass Politik und Medien im höheren Interesse über gewisse Dinge schweigen müssen, dürfte jedem klar sein. Und doch hat letzte Woche ein ehemaliger Bundesrat ein bisher unbestrittenes Tabu gebrochen. Moritz Leuenberger plauderte in der "NZZ am Sonntag" aus, dass Regierungen - im Gegensatz zu sämtlichen Beteuerungen - eben doch Lösegelder zahlen, um entführte Bürger zu befreien: "Kommt eine Geisel frei, ist wohl meist bezahlt worden. Aber da steht nicht #Lösegeld# auf dem Einzahlungsschein, sondern da werden irgendwo Spesen abgebucht." Leuenberger löste einen Sturm der Entrüstung aus - zu Recht. Ein solches Eingeständnis aus dem Mund eines ehemaligen Regierungsmitglieds ist geradezu als Einladung an alle Terroristen dieser Welt zu verstehen, Jagd auf Schweizer Bürger zu machen. Als der alt Bundesrat schliesslich zerknirscht erklärte, er bedaure seine Worte, die Formulierung sei "ungeschickt gewesen", fragten sich viele: War das echte Reue - oder eher eine faule Ausrede? Moritz Leuenberger ist ein Mann des Worts, ein intellektueller Schöngeist, seine Reden sind legendär, weil er stundenlang an seinen Sätzen schleift, bis sie perfekt sitzen. Wenn jemandem nicht mal eben eine ungeschickte Formulierung rausrutscht, dann ihm! Zwar kann es durchaus bereichernd sein, wenn höchste Vertreter der Eidgenossenschaft auch nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt mit all ihrer Erfahrung und ihrem Wissen in der Öffentlichkeit präsent sind. Doch wenn die Eitelkeit so weit geht, dass ein erfahrener Politiker alle Regeln und guten Sitten ignoriert, um wieder mal in den Schlagzeilen zu stehen, wenn er dabei sogar Tabus bricht, bei denen es um Leben und Tod geht - dann ist das nur noch peinlich.
Aus der Aargauerzeitung:
Die Schweiz lässt sich von Terroristen nicht erpressen. Das beteuert der Bundesrat stets, wenn es um Lösegelder bei Entführungen geht. Doch so standhaft scheint die Schweizer Regierung gar nicht zu sein. Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger (SP) sagte der "NZZ am Sonntag": "Kommt eine Geisel frei, ist wohl meist bezahlt worden." Diese Aussage löst Kritik aus. "Eitelkeit", twitterte Mitte-Präsident Gerhard Pfister. "Unnötig und nicht besonders klug", findet Fabian Molina (SP), der wie Pfister in der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats ist. Auf Nachfrage dieser Zeitung betont Leuenberger das Wort "wohl" und sagt: "Während meiner Amtszeit wurden im Bundesrat nie Lösegeldzahlungen beschlossen. Das habe ich im Interview auch nicht gesagt. Manchmal ist aber zu vermuten, dass via andere Kanäle wohl etwas geflossen sein könnte." Trotzdem verneine man dies, und das sei eine legitime Lüge. Natürlich ist diese Strategie nachvollziehbar: Die Regierung möchte sich nicht als zahlungswilliger Staat geben, um keine finanziellen Anreize für Entführungen zu setzen. (...)
Eine Karikatur aus dem Tagi: Tagi.

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