In der letzten "Kulturplatz"-Sendung (SRF) berichtete Eva Wannenmacher
über einen Workshop, der zur Gruppenmasturbation anleitet.
Akteurin war Talaya Schmid, die Gruppen- und
Selbstbefriedigungsworkshops am Radio leitet. Bei ihren Übertragungen
fordert sie die Hörer auf, die "Schenkel zu spreizen, die Herzen
zu öffnen und gemeinsam zu masturbieren". Die Anwesenden sollten
sich auf das Experiment mit geschlossenen Augen einlassen.
"Heute geht es bei uns um körperliche Lust und weibliche
Selbstermächtigung", begrüsste Eva Wannenmacher die Zuschauer
von "Kulturplatz". Wenngleich in der Sendung nicht masturbiert wurde,
zeigte aber Schmid Wannenmacher ihre Sexspielzeugsammlung. Auch Sequenzen
aus einem Radiobeitrag waren zu hören. Selbst wer nicht prüde
ist, musste sich fragen: Was hat gemeinsames Masturbieren mit Kunst
und Kultur, vor allem im Schweizer Fernsehen zu tun?
Ich bin wohl nicht der Einzige, der sich die berechtigte Frage gestellt
hat, weshalb SRF Masturbieren in Gruppen im Service public propagiert.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Programmverantwortlichen
eine überzeugene Begründung finden, weshalb Masturbation
und die Aufmunterung zum Masturbieren im Sendegefäss Kultur Platz
gefunden hat. (Schlusswort von Schmid: "Passt auf euch auf und vergesst
nicht zu masturbieren!") Eva Wannenmacher ist mir schon 2003 in einem
Interview mit FACTS (Ausgabe 32) aufgefallen, als sie die Nähe zu
einer niveaulosen Sendung gesucht hatte. Nach der Moderation von 10 vor
10 hätte sie die anspruchsvolle Sendung "Gesundheit Sprechstunde"
moderieren können. Der Vertrag stand bereits. Damals wurde Eva
Wannenmacher vertragsbrüchig und zog es vor, bei TV3 die seichte
Sendung " Big Brother" zu moderieren. Dort hatte sie dann wenig Erfolg
und es folgte eine fernsehfreie Zeit. Die Journalistin war einsichtig
und gestand, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Mit der Moderation
von "Kulturzeit" war dann die Journalistin wieder am Bildschirm
zurück und blieb dann über Jahre der Kultur treu. Bei SRF beim
"Kulturplatz". Sie entwickelte sich zu einer guten Kulturjournalistin.
Nach der deplazierten Masturbationssendung müssen wir uns fragen,
wie hoch der Anteil des Ausrutschers bei der Moderatorin liegt.
Wannenmacher hätte sich weigern können, in ihrer Sendung
die fragwürdige Gruppenmasturbation auf den Status einer Kultur-
und Kunsthandlung zu hieven. Wer letztlich für diesen Ausrutscher
im SRF verantwortlich zeichnet, sei dahingestellt. Jedenfalls ist
es unbegreiflich, öffentliche Masturbation als kulturellen Wert
zu sehen oder unter Kunst einzuordnen. Weshalb tritt eine erfahrene
Journalistin so unbedacht ins Fettnäpfchen? Es ist bedauerlich, dass
Kulturjournalistin Wannenmacher ihr neues Image, das sie sich über
Jahre erarbeiten konnte, mit diesem Thema beeinträchtigt hat.
Nachtrag: SRF könnte Wannemacher verteidigen, indem auf den
erweiterten Kulturbegriff und dessen Entwicklung verwiesen wird:
"Die ursprüngliche, engere Bedeutung von Kultur, die sich auf
Praktiken und Techniken des Landbaus bezog, ist durch metaphorische
Erweiterung und Übertragung auf andere Bereiche zum Modell
für andere mentale und soziale Formen der Kultivierung einer
Gesellschaft geworden: "Kultur ist die Kunst ("ars", "téchne"),
durch welche Gesellschaften ihr Überleben und ihre Entwicklung in
einer übermächtigen Natur sichern." (Quelle: Bundeszentrale
für politische Bildung.)
Wenn SRF einer Selbstbefriedigungskursleiterin eine Plattform
bietet, entspricht dies nicht dem Auftrag einer breiten, sachgerechten
Beleuchtung von fragwürdigen Verhaltensweisen. Und was eigentlich
noch gravierender ist: Masturbieren in Gruppen ist sicherlich keine
Form zur Kultivierung unserer Gesellschaft.