Im
SRF gibt es ein bemerkenswertes
Interview mit dem Historiker
Ronald Gerste
über die Rhetorik von Trump. Er vergleicht Trump mit
Andrew Jackson,
der ähnlich ein grosses Vermögen hatte und burschikos politisierte.
Gerste weist aber auch darauf hin, dass Trump eine Aushahme ist, weil er
militärisch zurückhaltend war (und das sei eine Eigenschaft, die
in den Medien bisher kaum zur Sprache gekommen ist).
Man muss da bis zu Herbert Hoover zurückschauen,
um eine ähnliche Zurückhaltung zu finden.
Das Interview wurde am 12. Oktober im Echo der Zeit ausgestrahlt.
Roger Brändlin: Seit vier Jahren sorgt US-Präsident Donald Trump
mit seinem Auftritt und seinen Vorhaben für Schlagzeilen. Ist er wirklich so anders
als all seine Vorgänger?
Ronald Gerste: Sicher in der neueren Geschichte der USA. Aber auch schon
früher wurde polarisiert und kräftig ausgeteilt. Es kommt nicht
von ungefähr, dass Trumps Vorbild Präsident Andrew Jackson ist,
der von 1829 bis 1837 regierte und einen sehr burschikosen Politikstil
pflegte. Neu und für viele verwirrend, wenn nicht gar abstossend,
ist die sehr persönliche Rhetorik. So war es früher undenkbar,
einem ehemaligen Aussenminister nachzuwerfen, er sei "dumm wie ein
Stein". Das geht über das manchmal hemdsärmelige Diskutieren
in der US-Politik deutlich hinaus.
Roger Brändlin: Neu und für viele verwirrend, wenn nicht gar abstossend,
ist die sehr persönliche Rhetorik. Sie ziehen
einen Vergleich zu Andrew Jackson. Können Sie ein Beispiel machen?
Ronald Gerste: Jackson hat sich rhetorisch wenig zurückgehalten, besonders als er
1824 das erste Mal kandidierte. Es gab damals eine enge Wahl unter vier
Kandidaten, und die Entscheidung musste letztlich im Kongress fallen.
Damals taten sich die Stimmen und Anhänger von zwei der anderen
Kandidaten zusammen, worauf Jackson von einer völlig korrupten
Handlung sprach und den nachmaligen Vizepräsidenten schwer
beschimpfte. Das war aber eine Zeit, als die USA noch jung und der Westen
noch wild war. Was jetzt abläuft, unterscheidet sich aber doch stark,
ging es doch damals persönlich noch immer halbwegs fair zu und her.
Roger Brändlin: Trump wird vorgeworfen, er beschädige das Amt und die
Institutionen. Gab es das bei Jackson auch schon?
Ronald Gerste: Bei Andrew Jackson sagten das viele bisherige Eliten auch. Dessen Wahl
gilt ein wenig als Durchbruch der Demokratisierung in dem Sinne, dass
viele Menschen aus sozial schwächeren Schichten mitreden konnten
und einen vermeintlichen "Champion" ihrer Sache im Weissen Haus hatten.
Auch Jackson war der Präsident der einfacheren Bevölkerung, was
nicht den biografischen Realitäten entsprach, denn er war steinreich,
mit grosser Plantage vor den Toren von Nashville und jeder Menge Sklaven.
Roger Brändlin: Es entsteht der Eindruck, dass Trump ein Präsident der
Weissen und der Wirtschaft ist. Gibt es andere solche US-Präsidenten?
Ronald Gerste: Die US-Präsidenten waren alle nicht aus armem Haus. Wer es
bis zur Präsidentschaft geschafft hat, hatte ein ordentliches
privates Vermögen angehäuft und gehörte traditionell eher
einer weissen Oberschicht an. Was sie allerdings unterschied, war die
Fähigkeit, sich auch als Kämpfer für die anderen Ethnien
darzustellen, auch wenn sie wenig Bezug dazu hatten. Zwei ganz prominente
und positive Beispiele sind John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson,
welche die Bürgerrechtsgesetze nach vielen blutigen Tragödien
auf den Weg brachten.
Roger Brändlin: Hatten die USA je einen Präsidenten, der militärisch so
zurückhaltend war wie Donald Trump?
Ronald Gerste: Dieser Aspekt findet eigentlich überhaupt keine Beachtung. Was
sicherlich für Trump spricht, ist die äusserste
militärische Zurückhaltung. Er hat keinen neuen Krieg
angefangen und kaum direkte Militäraktionen befohlen. Mir kommt nur
der Raketenschlag gegen einen wohl schon leer geräumten syrischen
Flughafen in den Sinn. Man muss zurückschauen bis auf Herbert Hoover,
der von 1929 bis 1933 regierte, um Ähnliches zu finden.