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Früher hielten sich die Kaiser und Könige einen
Hofnarren. Dieser durfte, im Kleid des Humors, Dinge sagen, die niemand
sonst sagen durfte. Der Hofnarr konnte die Tabus seiner Zeit brechen und
der feinen Gesellschaft einen Spiegel vorhalten. Ab und zu kam es dabei zu
geköpften oder erdrosselten Witzbolden, doch grundsätzlich galt:
Der Hofnarr muss nicht heucheln. Er muss nicht, wie alle anderen, vor der
Macht kriechen.
Inzwischen ist das anders. Die feine Gesellschaft von heute, die
Hüter der politischen Korrektheit, machen regelmässig
mobil, wenn ein Hofnarr zu weit geht. Wenn Humoristen und Satiriker
es wagen, sich lustig zu machen über die Selbstgerechtigkeit
von Antifaschisten, Antirassisten oder Gender-Sensiblen. Wie etwa
der Deutsche Comedian Dieter Nuhr, der den Greta-Hype kritisiert und
Corona-Massnahmen-Witze macht, oder die Kabarettistin Lisa Eckhart, die
angeblich antisemitische Sprüche klopft: Sie kassieren Shitstorms
und werden von Kulturveranstaltern ausgeladen. Sie sind nicht die
Einzigen. Ein prominentes Beispiel aus den USA ist der Komiker Kevin
Hart. Er durfte wegen "schwulenfeindlicher Witze" die Oscar-Gala
nicht moderieren.
Nun kann man Greta- oder Schwulenwitze natürlich für dumm
und schädlich halten, wie auch Witze über Behinderte oder
über Mohammed. Man kann sich einsetzen für Tabus im Sinn eines
emotionalen "Safe Space" für Minderheiten. Man kann als Kulturbetrieb
dafür plädieren, nur noch Witze über anerkannt Böses
zuzulassen: Trump, die SVP, Konzernchefs oder überhaupt alle
Nicht-Linken. Eine Devise, an die sich bereits viele Schweizer Komiker
halten. Man kann eine Gesellschaft als gefährlich empfinden,
die ordnungswidrige Witze über Transsexuelle toleriert, über
klimahysterische Grünschnäbel oder vegane, mülltrennende
Abtreibungsfeministen. Viel gefährlicher ist jedoch eine Gesellschaft
mit einer Moralpolizei, die ihre Tabus auch im Kabarett durchsetzt. Eine
Gesellschaft der Sittsamen und Edlen, die mit dem Begriff "Hassrede"
gegen die gefährliche freie Rede kämpft. So lange, bis niemand
mehr widerspricht, bis alle feige am Boden rumkriechen.
Im Gegensatz dazu braucht eine freie Gesellschaft freie Hofnarren
und Provokateure. Sie braucht ein unverkrampftes, selbstbewusstes
Verhältnis zur Satire. Wie es schon der antike Philosoph Epiktet
empfiehlt: "Sagt man Böses von dir, und es ist wahr, bessere
dich. Sind es Lügen, lache darüber."
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