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www.rhetorik.ch aktuell: (05. Aug, 2020)

Pannenserie beim BAG

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20 Min:
"Bundesamt für Fehltritte" (NZZ), "Die Corona-Krise wird zur BAG-Krise" (SRF), "Vertrauen verspielt" ("Aargauer Zeitung"): Nachdem das Bundesamt für Gesundheit (BAG) falsche Zahlen zu den Ansteckungsorten herausgab, steht es im Kreuzfeuer der Kritik. Für Kritik sorgte vergangene Woche schon der Auftritt von BAG-Direktor Pascal Strupler. Er hatte die Kantone wegen der steigenden Corona-Zahlen eindringlich aufgefordert, einen Gang höher zu schalten. Unter anderem empfahl er allen Kantonen eine Maskenpflicht in Läden. Bisher ist aber kaum ein Kanton dem BAG gefolgt. "Die Leute nehmen Ansagen nicht mehr ernst" Für Kommunikationsexperte Marcus Knill ist der Bock mit den falschen Daten nur einer in einer langen Serie von Kommunikationspannen: "Das Vertrauen in das BAG als Institution ist beschädigt. Das ist gravierend, weil es zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung führt. Die Folge ist, dass die Leute Ansagen und Massnahmen aus dem Bundesamt nicht mehr ernst nehmen." "In einer Pandemie ist das besonders gefährlich, weil es unmittelbar Auswirkungen auf die Ansteckungen haben kann." Laut Knill ist es richtig, dass Alain Berset am Dienstag Stellung zur Panne genommen hat: "Ein Sorry allein reicht in einem solchen Fall nicht. Berset muss konkret aufzeigen, was er unternimmt, damit sich der Fehler nicht wiederholt." Die Reputation sei viel schneller beschädigt als wiederhergestellt. Masken als "Kardinalfehler" Auch ZHAW-Kommunikationsexpertin Adrienne Suvada ist besorgt über die Häufung von Pannen in den letzten Monaten. Sie rät dem BAG, schneller und authentischer zu kommunizieren. Als Beispiel führt sie die Kommunikation beim Thema Masken an, die sie als "Kardinalfehler" bezeichnet: "Hätte man von Anfang an gesagt, dass man wegen der zu kleinen Lagerbestände keine Maske empfehlen kann, hätte das für Aufruhr gesorgt. Das BAG wäre heute aber glaubwürdiger." Im Bundesamt gebe es zweifellos kompetente Experten, sagt Suvada. Sie empfiehlt, viel mehr zu erklären, damit die Leute die teils einschneidenden Massnahmen auch nachvollziehen können. "Seit der Öffnung entsteht der Eindruck, dass wieder Lobbyisten übernommen haben. Die Leute haben zum Beispiel nicht verstanden, wieso Tattoo-Studios aufmachen durften, Campieren aber lange verboten blieb." Dass neue Corona-Massnahmen wegen der Pannen nicht mehr ernst genommen werden, glaubt Suvada hingegen nicht. "Entscheidend sind die Fallzahlen, die Hospitationen und die Todesfälle. Sind die Intensivstationen voll, werden die Leute die Massnahmen auch ernst nehmen." Adrienne Suvada stellt der Krisenkommunikation des BAG kein gutes Zeugnis aus. Adrienne Suvada stellt der Krisenkommunikation des BAG kein gutes Zeugnis aus. Foto: zvg "Vertrauen ins BAG nicht erschüttert" Gesundheitsminister Alain Berset nahm gegenüber SRF Stellung zum Zahlenchaos: "Es ist ein Fehler passiert. Es gibt so viele Anfragen, so viel Druck. Das kann immer passieren." Wichtig sei, Fehler schnell zu bemerken und zu korrigieren. Das sei auch passiert. Man werde die Lehren daraus ziehen und die nötigen Anpassungen vornehmen. Der Fall werde beim BAG Konsequenzen haben. Das BAG hatte von einem Fehler eines einzelnen Mitarbeiters gesprochen. Patrick Mathys, Leiter Krisenbewältigung beim BAG, sagte zu SRF: "Wir haben aus den Fehlern gelernt. Ich glaube nicht, dass das Vertrauen ins BAG erschüttert ist." Nicht zum ersten Mal Kritik und Pannen Das BAG steht in der Pandemie nicht zum ersten Mal in der Kritik. Die Chronologie: # An einer Medienkonferenz Ende Juli entstand der Eindruck, die Quarantänepflicht gelte auch dann, wenn ein Land erst kurz nach der Rückkehr auf die Liste gerät. Dies dementierte das BAG wenig später. # Inzwischen empfiehlt das BAG den Kantonen eine Maskenpflicht in Läden. Zu Beginn hiess es stets, es bringe nichts, wenn die breite Bevölkerung Maske trage. # Im Juli berichtete der "Tages-Anzeiger", dass Airlines handschriftlich ausgefüllte Kontaktkarten mit Passagierdaten am Flughafen Zürich für 14 Tage einlagern. Kommt es zu einem Fall, müssten die Zettel eingescannt und nach Bern geschickt werden. Das BAG sagte damals, man prüfe ein elektronisches System. # Im Mai vermeldete das BAG via Twitter 98 Neuinfektionen. Weil ein Labor falsche Zahlen durchgab, musste der Wert anschliessend auf 58 korrigiert werden. # Im April musste das BAG die Todesfallstatistik korrigieren. Der vermeintliche Tod eines Mädchens (9) hatte für Schlagzeilen gesorgt. Das Opfer war in Tat und Wahrheit aber 109 Jahre alt. Ein anderer Verstorbener war 87 statt 27. # Im gleichen Monat sorgte die Frage, ob Grosseltern ihre Enkel umarmen dürfen, für Verwirrung: Obwohl das BAG dringend davon abriet, die Enkel von den Grosseltern hüten zu lassen, sagte der Covid-Delegierte Daniel Koch, eine Umarmung liege drin. # Ganz zu Beginn der Pandemie gab es "Anfangsschwierigkeiten": Die neu lancierte Corona-Info-Hotline funktionierte in den ersten Stunden nicht.

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