Die Thüringer Landeschefin
Susanne Hennig schmiss dem
überraschend gewählten FDP Ministerpräsidenten Thomas
Kemmerich den Blumenstrauss vor die Füsse.
Thüringen ist politisch ein Spezialfall. Es ist ein Bundesland, in dem die Linken
und die AfD stärker ist als die Hauptparteien. Vor der Flüchtlingskrise
sass die CDU da immer klar im Sattel. Heute ist die CDU dort abgestürzt mit
12 Prozent. Die Wahl hat nun den Buendesland ins politische Chaos und ins Lampenlicht
bebracht.Es könnte ein Modellfall für ganz Deutschland werden:
eine Situation mit starker Linke und Rechte, und wo die tradionellen Parteien schwach sind.
Natürlich wurden Parallelen mit
Weimar
aufgestellt (Weimar ist eine Stadt in Thüringen). Doch wie der Welt Korrepondenz Reitz mal sagte,
Berlin ist nicht Weimar, und die AfD ist nicht die NSDAP. Klar ist aber, dass
die Parteien CDU und FDP bei dieser Geschichte schlecht wegkommen. Die AfD und die
Linke haben Aufwind. (Vor allem auch sieht der frühere Ministerpräsident
Bodo Reamelow, der
in einer ror-rot-grünen Koalition im Jahre 2014 gewonnnen hat, wieder besser aus).
Kemmerich wurde mithilfe der AfD demokratisch gewählt, einer Partei die in Deutschland einen
Fünftel der deutschen Stimmberechtigten abdeckt. Die Partei (die
mit Einwanderungsthemen stark geworden ist, vor allem während der Zeit
von Merkels Politik der offenen Tür während der Flüchlingskrise
im Jahre 2015 und die 2017 in den Bundestag gekommen ist), wird
von den Medien geschnitten und manchmal gar als Nazipartei stigmatisiert.
Es ist ein sonderbares Demokratieverständnis, denn Demokratie lässt
auch unliebsame Meinungen zu. In Erfuhr wurde der FDP Politiker zum
Ministerpräsidenten überraschen gewählt. Es folgt ein
Aufschrei des Entsetzens, als sei ein Tsunami über die politische
Landschaft gefegt. Die deutschen Medien schreiben von Schande der
Demokratie. Demonstrationen folgen. Von Tabubruch, Verräter ist
die Rede. Der Pakt aller Parteien gegen die AfD sei gebrochen worden.
Das dürfe nicht hingenommen werden. Die Empörung des Blocks
gegen die AfD erkalierte. Es war abzusehen. Dem neu gewählten
Ministerpräsident bleibt nichts übrig als die Segel zu
streichen, obschon es in einer Demokratie kein Makel ist, wenn jemand
von einer anerkannten aber unliebsamen Partei unterstützt wird.
Dem Gewählten wurde ein Blumenstrauss vor die Füsse geworfen.
Eine unwürdige Geste, die zum Bumerang werden kann, so wie
Nancy Pelosi in den Vereinigten Staaten, die vor der Kamera während
der Rede Trumps sein Manuskript zerrissen hatte. Solche Demonstrationen
sind zwar medienwirksam, letztlich aber meist kontaproduktiv. Bislang
konnte die AfD konsequent ignoriert, ausgegrenzt und stigmatisiert werden,
obwohl die Partei 20 Prozent der Bevölkerung hinter sich schart und
eigentlich zur Volkspartei geworden ist. Je mehr die Medien und Parteien
die AfD ausgeklammert hatten und bei Talks nicht mehr eingeladen wurde,
wuchs die unliebsame Partei. Ein Fünftel der Deutschen können
keine Neonazis sein, nur weil es bei der AfD auch rechtsextremen
Triebsand gibt. Es ist unvorstellbar, dass der gleiche Medienhype
entstanden wäre, wenn die Sozialisten dank der Unterstützung
gewählter extremer Linken die bürgerliche Vorherrschaft
gesprengt hätte. Ich behaupte: In diesem Fall hätte es keine
Empörungswelle, keine Demostrationen gegeben, auch wenn bei den
Linken fragwürdige Kommunisten im Boot sind.
Die Wahl in Tübingen war laut NZZ kein Tabubruch, kein
Skandal, nein nur Demokratie.
Spiegel:
Nun aber haben die Bürgerlichen nach all diesen
Wochen gemeinsam mit der AfD - der Fraktion aus Rechtspopulisten
und Rechtsradikalen - einen FDP-Ministerpräsidenten ins Amt
gehievt. Irre. Diese Wahl ist ein Tabubruch. Einen solchen Coup von
Konservativen, Liberalen und Rechtsaussen hat es in der Geschichte der
Bundesrepublik noch nicht gegeben.
Spiegel:
Lässt sich ein Beben rückgängig machen? Mit den Stimmen der
AfD-Fraktion war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich im Thüringer
Landtag zum Regierungschef gewählt worden: Erstmals hatte die
Rechtsaussenpartei damit einem Ministerpräsidenten zu seinem Posten
verholfen. Nun, nur einen Tag später, hat Kemmerich angekündigt,
dass er ebendieses Amt niederlegen wird.
ANZEIGE # Mit dem Schritt wolle er den Weg für Neuwahlen
freimachen und den "Makel der Unterstützung durch die AfD" vom
Amt des Ministerpräsidenten nehmen, sagte Kemmerich. Der Weg zu
Neuwahlen ist verfassungsrechtlich klar abgesteckt. Die Bewältigung
der politischen Folgen dieses in der Geschichte der Bundesrepublik
beispiellosen Vorgangs dürfte ungleich schwerer werden.
NZZ:
Ministerpräsident Kemmerich tritt zurück, FDP-Chef Lindner
will sich Vertrauensfrage im Parteivorstand stellen, Merkel nennt Wahl
"unverzeihlich" - die neusten Entwicklungen nach dem Polit-Beben in
Thüringen Nur einen Tag nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten
mit den Stimmen von CDU und AfD tritt Kemmerich von seinem Amt
zurück.
Blick:
24-Stunden-Ministerpräsident Kemmerich Thomas Kemmerich (FDP)
war für einen Tag Ministerpräsident in Thüringen.
Ein politischer Super-Gau. Dafür lohnt sich sein AfD-Coup finanziell
- und wie. Der 54-Jährige kassiert ordentlich ab. Umgerechnet fast
100'000 Franken.