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www.rhetorik.ch aktuell: (06. Feb, 2020)

Die Kemmerich Wahl in Thueringen

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Thüringer Landeschefin Susanne Hennig schmiss dem überraschend gewählten FDP Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich den Blumenstrauss vor die Füsse. Thüringen ist politisch ein Spezialfall. Es ist ein Bundesland, in dem die Linken und die AfD stärker ist als die Hauptparteien. Vor der Flüchtlingskrise sass die CDU da immer klar im Sattel. Heute ist die CDU dort abgestürzt mit 12 Prozent. Die Wahl hat nun den Buendesland ins politische Chaos und ins Lampenlicht bebracht.Es könnte ein Modellfall für ganz Deutschland werden: eine Situation mit starker Linke und Rechte, und wo die tradionellen Parteien schwach sind. Natürlich wurden Parallelen mit Weimar aufgestellt (Weimar ist eine Stadt in Thüringen). Doch wie der Welt Korrepondenz Reitz mal sagte, Berlin ist nicht Weimar, und die AfD ist nicht die NSDAP. Klar ist aber, dass die Parteien CDU und FDP bei dieser Geschichte schlecht wegkommen. Die AfD und die Linke haben Aufwind. (Vor allem auch sieht der frühere Ministerpräsident Bodo Reamelow, der in einer ror-rot-grünen Koalition im Jahre 2014 gewonnnen hat, wieder besser aus).
Kemmerich wurde mithilfe der AfD demokratisch gewählt, einer Partei die in Deutschland einen Fünftel der deutschen Stimmberechtigten abdeckt. Die Partei (die mit Einwanderungsthemen stark geworden ist, vor allem während der Zeit von Merkels Politik der offenen Tür während der Flüchlingskrise im Jahre 2015 und die 2017 in den Bundestag gekommen ist), wird von den Medien geschnitten und manchmal gar als Nazipartei stigmatisiert. Es ist ein sonderbares Demokratieverständnis, denn Demokratie lässt auch unliebsame Meinungen zu. In Erfuhr wurde der FDP Politiker zum Ministerpräsidenten überraschen gewählt. Es folgt ein Aufschrei des Entsetzens, als sei ein Tsunami über die politische Landschaft gefegt. Die deutschen Medien schreiben von Schande der Demokratie. Demonstrationen folgen. Von Tabubruch, Verräter ist die Rede. Der Pakt aller Parteien gegen die AfD sei gebrochen worden. Das dürfe nicht hingenommen werden. Die Empörung des Blocks gegen die AfD erkalierte. Es war abzusehen. Dem neu gewählten Ministerpräsident bleibt nichts übrig als die Segel zu streichen, obschon es in einer Demokratie kein Makel ist, wenn jemand von einer anerkannten aber unliebsamen Partei unterstützt wird.
Dem Gewählten wurde ein Blumenstrauss vor die Füsse geworfen. Eine unwürdige Geste, die zum Bumerang werden kann, so wie Nancy Pelosi in den Vereinigten Staaten, die vor der Kamera während der Rede Trumps sein Manuskript zerrissen hatte. Solche Demonstrationen sind zwar medienwirksam, letztlich aber meist kontaproduktiv. Bislang konnte die AfD konsequent ignoriert, ausgegrenzt und stigmatisiert werden, obwohl die Partei 20 Prozent der Bevölkerung hinter sich schart und eigentlich zur Volkspartei geworden ist. Je mehr die Medien und Parteien die AfD ausgeklammert hatten und bei Talks nicht mehr eingeladen wurde, wuchs die unliebsame Partei. Ein Fünftel der Deutschen können keine Neonazis sein, nur weil es bei der AfD auch rechtsextremen Triebsand gibt. Es ist unvorstellbar, dass der gleiche Medienhype entstanden wäre, wenn die Sozialisten dank der Unterstützung gewählter extremer Linken die bürgerliche Vorherrschaft gesprengt hätte. Ich behaupte: In diesem Fall hätte es keine Empörungswelle, keine Demostrationen gegeben, auch wenn bei den Linken fragwürdige Kommunisten im Boot sind. Die Wahl in Tübingen war laut NZZ kein Tabubruch, kein Skandal, nein nur Demokratie. Spiegel:
Nun aber haben die Bürgerlichen nach all diesen Wochen gemeinsam mit der AfD - der Fraktion aus Rechtspopulisten und Rechtsradikalen - einen FDP-Ministerpräsidenten ins Amt gehievt. Irre. Diese Wahl ist ein Tabubruch. Einen solchen Coup von Konservativen, Liberalen und Rechtsaussen hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben.
Spiegel:
Lässt sich ein Beben rückgängig machen? Mit den Stimmen der AfD-Fraktion war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich im Thüringer Landtag zum Regierungschef gewählt worden: Erstmals hatte die Rechtsaussenpartei damit einem Ministerpräsidenten zu seinem Posten verholfen. Nun, nur einen Tag später, hat Kemmerich angekündigt, dass er ebendieses Amt niederlegen wird. ANZEIGE # Mit dem Schritt wolle er den Weg für Neuwahlen freimachen und den "Makel der Unterstützung durch die AfD" vom Amt des Ministerpräsidenten nehmen, sagte Kemmerich. Der Weg zu Neuwahlen ist verfassungsrechtlich klar abgesteckt. Die Bewältigung der politischen Folgen dieses in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellosen Vorgangs dürfte ungleich schwerer werden.
NZZ: Ministerpräsident Kemmerich tritt zurück, FDP-Chef Lindner will sich Vertrauensfrage im Parteivorstand stellen, Merkel nennt Wahl "unverzeihlich" - die neusten Entwicklungen nach dem Polit-Beben in Thüringen Nur einen Tag nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen von CDU und AfD tritt Kemmerich von seinem Amt zurück. Blick:
24-Stunden-Ministerpräsident Kemmerich Thomas Kemmerich (FDP) war für einen Tag Ministerpräsident in Thüringen. Ein politischer Super-Gau. Dafür lohnt sich sein AfD-Coup finanziell - und wie. Der 54-Jährige kassiert ordentlich ab. Umgerechnet fast 100'000 Franken.

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