Beim Schwingerfest hat Christian Stucki gewonnen.
20 Min
Zum vierten Mal in Serie wird ein Berner König: Christian Stucki holt den Titel und gewinnt als erst
zweiter Schwinger alle drei bedeutenden Eidgenössischen Feste.
Warum ist Schwingen so beliebt? Dieses Jahr sahen sich 57000 Zuschauer beim
Eidgenössischen in einer Arena die Wettkäpfe an. Wie ist so ein Riesen-Event
möglich, wo es ausser der Einlasskontrolle keinen Sicherheitscheck
gibt? Man konnte von einem Gegenentwurf des Zeitgeistes lesen. Wenn
Hunderttausende ein Festareal zwei Tage friedlich bevölkern und sich
keine besonderen Vorfälle erreignen, darf von einem Phänomen
gesprochen werden. Wie kann man sich diese Beliebtheit erklären?
Es sind vor allem die Aushängeschilder- die Schwinger. Sie wirken
bescheiden. Sie leben die Fainess und Bodenständigkeit im Ring. Sie
haben keine Starallüren. Sicher gibt es auch Neid und Streit. Aber
das wird weniger nach aussen getragen. Viele Schwinger meiden die
Medien. Sie wirken authentisch. Die Aktuere wollen den guten Ruf der
Sportart bewahren. Das Eidgenössische bewahrt die Tradition seit
1895. Zwar hat sich das Rahmenprogramm geändert: Früher standen
Kugelstösser, Wettheuer und Hornusser im Rampenlicht.
Nachtrag vom 26. August:
20 Min:
Nach 42 Sekunden liegt Joel Wicki im Schlussgang am "Eidgenössischen" auf
dem Rücken. Christian Stucki jubelt. Der Berner wird mit 34 Jahren
zum ältesten Schwingerkönig. Wicki gratuliert: "Chrigu hat
den Titel mehr als verdient." Allein: Als der Innerschweizer aufsteht
und dem neuen König die Hand reicht, ist das Hemd des Unterlegenen
nur zur Hälfte mit Sägemehl bedeckt. Dennoch wird das Verdikt
von den direkt und indirekt Beteiligten nicht angezweifelt. Auch an der
Pressekonferenz gut zwei Stunden später am Sonntagabend ist es kein
Thema; nicht beim Verlierer, nicht beim Gewinner.
Am Montagmorgen entfacht das Onlineportal "watson" eine Polemik:
"Verrückt, aber wahr - Stuckis Sieg, der keiner war." Klar ist:
Wickis Hemd kann und darf als "Beweismittel" nicht ins Feld geführt
werden. Es ist immer möglich, dass das Sägemehl nicht
gleich stark haftet, vor allem nicht, wenn der Schwinger nur für
den Bruchteil einer Sekunde am Boden war. Im technischen Regulativ
des Eidgenössischen Schwingerverbands steht: "Ein Gang gilt als
entschieden, wenn ein Schwinger mit dem Rücken ganz oder bis Mitte
beider Schulterblätter gleichzeitig den Boden berührt. Das
Resultat ist nur gültig, wenn beide Schulterblätter innerhalb
des Sägemehlrings zu liegen kommen." Es gilt die Faustregel: Zwei
Drittel des Rückens müssen im Sägemehl sein.
Wer die Zeitlupe des entscheidenden Zugs analysiert, der kommt zum
Schluss: Es war ein enger Entscheid, aber Wicki dürfte für
einen Moment mit beiden Schulterblättern unten gewesen sein. Zur
Erinnerung: Schulterblatt ist nicht gleich Schulter.
Am Wochenende in Zug gab es einige Resultate, die weniger klar waren
als jenes im Schlussgang. Sowohl der Platzrichter als auch die beiden
Kampfrichter am Tisch hatten keine Zweifel.
Am Tag danach sagt Schwingerkönig Stucki, er habe sich die
Aufzeichnung des Schlussgangs angesehen, aber nicht die Zeitlupe. "Aber
wenn sich die Kampfrichter im Schlussgang eines Eidgenössischen nicht
zu hundert Prozent sicher sind, dann geben sie das Resultat nicht." Der
Berner wird am Montagabend im Seeland in Lengnau geehrt, dort befindet
sich sein Schwingclub. Am Dienstag folgt die Feier an Stuckis Wohnort
Lyss. So richtig abschalten kann der König im September: Er verreist
mit seiner Familie in die Ferien.