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Nicht nur missglückter Start für Michael Elsener
Von Marcus Knill
Die neue Late-Night Show "Late Update" mit Michael Elsener wurde mit
vielen Vorschusslorbeeren gestartet. Nach der ersten Sendung waren
die Meinungen geteilt. Der sympathische Satiriker hatte nach Giacobbo-
Müller einen schweren Einstand mit seiner Einmann-Show. Er erlitt
einen Quotenabsturz. Jeder vierte zappte weg. Auch ich hätte
mich gern verabschiedet. Doch verharrte ich am Bildschirm. Ein neues
Sendegefäss zu beurteilen - ohne mehrere Sendungen gesehen zu haben-
wäre unseriös gewesen.
Fazit der ersten Sendung:
Mich ärgerten die animierten Claquere und das aufgezwungene Duzen
aller Teilnehmenden.
Zu viele Pointen kamen nicht an. Dass die Sendung tendenziös war,
konnte niemand bestreiten. Ob dies generell so ist, lässt sich
erst später beurteilen. Es bleibt zu hoffen, dass Elsener keine
Parteien schonen und nicht nur die bürgerlichen Politiker auf die
Schippe nehmen wird. Es wäre fahrlässig, die Serie nach einer
Sendung abschliessend zu beurteilen. Jede Programmänderung ist
gewöhnungsbedürftig. Es ist somit verständlich, dass SRF
den Quotenschwund gelassen sah. Man will Elsener und seinem Team Zeit
geben müssen, sich zu entwickeln.
"Dazu gehört auch, dass wir das Team nicht einem Quotendruck
aussetzen", sagte eine Sendersprecherin.
Zur zweiten Ausgabe:
Bei der zweiten Ausgabe verlor die Satiresendung "Late Update"
jeden vierten Zuschauer. Kritiker vermuteten den Markwalder-Effekt.
FDP-Nationalrätin Christa Markwalder kündigte nämlich
nach dem FDP Bashing an, die Satire-Sendung künftig nicht mehr
an-zu-schauen. Viele Zuschauer haben es der Berner Politikerin gleich
getan.
Blick konfrontierte Markwalder und wollte wissen, was sie gestört
hat:
Blick:
Gefuchst hat Markwalder, dass sich Elsener in seiner ersten Sendung
komplett auf ihre Partei eingeschossen hatte - vom Genfer Staatsrat
Pierre Maudet über Kasachstan bis hin zur Haltung der FDP zum
Klimaschutz. Dort verhunzte der Comedian sogar den Partei-Namen: "FDP -
Fuck de Planet".
"Klar hat es mich auch genervt, dass die Sendung vor allem ein FDP-Bashing
war", so Markwalder. Doch das sei nicht das einzige gewesen: "Ich fand die
gesamte Sendung einfach total humorfrei." Und das, obwohl die Sendung im
Vorfeld gross angepriesen worden war. "Da hatte ich schon erwartet, dass
er mich wenigstens einmal zum Lachen bringt. Doch daraus wurde nichts."
412'000 Zuschauerinnen und Zuschauer schalteten sich am 20. Januar zu (ein
Marktanteil von 29,3 Prozent). Eine Woche später waren es 309'000.
(Marktanteil von gerade nur noch 21,7 Prozent).
Das Ziel Elseners ist eigentlich: "Humorvoll das aktuelle Zeitgeschehen
zu betrachten".
Die Zuschauer störten nach wie vor der eigenartig aufgesetzte
Applaus des Publikums. Die eingespielten Lacher wirkten unecht. Dies
lässt vermuten: Da ist etwas nachgeholfen worden: Auf Kommando:
Achtung Jubel, fertig los! Ich war vor Jahren bei der Aufzeichnung einer
Unterhaltungssendung. Da musste das Publikum mit der Farbe Grün und
dann jenes mit der Farbe Blau auf Kommando im Saal vor der Aufzeichnung
klatschen und jubeln. Dieser Applaus wurde aufgenommen und dann bei der
Sendung eingespielt, je nach Wunsch des Programmleiters.
Bei solchen Aufzeichnungen ist dem Publikum zu Hause meist nicht bewusst,
dass es manipuliert wird.
FAZIT nach der zweiten Sendung:
In der Presse mangelte es nach den ersten beiden Sendungen nicht an
konkreten Verbesserungsvorschlägen:
- Weniger Unterbrechungen
- Auf das Dauergrinsen verzichten
- Nicht alle Gäste duzen
- Nach links und recht austeilen (Nichts darf heilig sein)
- Elsener soll seine Stärken pflegen (Er ist ein guter Imitator)
- Bitte mehr Biss!
- Mehr Humor
Dem Satiriker sollte weiterhin die Chance eingeräumt werden, sich
zu verbessern, sodass er dem Wunsch nach Unterhaltung und Humor gerecht
werden könnte.
Die Kommentare in den sozialen Medien blieben mehrheitlich vernichtend.
Zur dritten Sendung:
Bei der dritten Sendung flaute die Kritik nicht ab. Doch die Quote
verbesserte sich etwas. Möglicherweise ist dies dem negativen
Medienecho zu zuschreiben, weil sich viele selbst ein Bild machen wollten
von der umstrittenen "Late Update" Sendung mit Elsener.
Ich konnte bei der dritten Sendung keine Trendwende feststellen. Die
Meinungen blieben gespalten. Blick schrieb zur dritten Sendung:
"Langfädigkeit ist die einzige Konstante". Auch intern hielt sich
die Begeisterung in Grenzen. SRF Unterhaltungschef Stefano Semeria wurde
nach der dritten Sendung im Branchenportal Persönlich zitiert:
Er sei " noch nicht vollends zufrieden", es gebe noch "Luft nach oben".
Tatsächlich hatten der Zuschauer das Gefühl, Elsener
gelänge es noch immer nicht, die Pointen zu setzen. Ex-
Unterhaltungschef Marco Stöcklin würde die Zahl der Gäste
erhöhen und ergänzte: "Schon die erste Sendung glich einer
gezwungenen-launigen Diplomfeier. Eine Kürzung würde nicht
schaden."
FAZIT nach der dritten Sendung:
Man merkt, dass Elsener die kritischen Kommentare zur neuen Sendung
nicht liest. Ich zitiere Elsener im Landboten:
"Die Kritiken in den Zeitungen werde ich nicht lesen. Sie spiegeln
jeweils die Meinung einer einzelnen Person wider. Mein Stil muss nicht
allen gefallen."
Schade - auch Profis können von konstruktiver Kritik
lernen. Vielleicht wirkt deshalb der Comedian immer noch so
übermotiviert. Ueberlegenswert wäre, entweder die "One man
Show Elemente" vermehrt mit unterhaltenden Einspielungen zu bereichern
oder die Sendung zu kürzen.
Vor allem die penetranten Unterbrechungen stören die Zuschauer. Auch
Schawinski musste lernen, die Unterbrechungen der Gesprächspartner
zu reduzieren. Ich habe mich bei Konsumenten schlau gemacht und immer
wieder gehört: Die Sendung ist für mich viel zu hektisch.
Bei allen Kommunikationsprozessen ist die Wahrnehmung der Adressaten
ernst zu nehmen.
Elsener muss noch Einiges bereinigen. Tele bestätigt die
festgestellten Defizite:
"Der engelsgelockte Zappelphilipp wirkt zu nervös und zu
überdreht. Er lässt die nötige Souveränität
vermissen."
BLICK trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er schreibt:
"Es gibt noch Luft nach oben. Doch wird sie mit jeder Sendung
dünner."
Zur vierten Sendung:
Die vierte Ausgabe fand ich wesentlich unterhaltender. Es war wohl
bis anhin die beste Sendung. Nun ist zu hoffen, dass dies auch
vom Publikum honoriert wird. Elsener bietet viel mehr humorvolle
Einspielungen. Es schimmert aber immer noch der Oberlehrer durch
(Thematik Homöopathie).
Erfreulich: Elsener hetzt nun weniger durch die Sendung.
Es wäre falsch gewesen, die Sendung bereits nach den ersten Flops,
zu verurteilen.
SRF kann noch länger ein Auge zu drücken. Wenn jedoch die
Programmverantwortlichen im Sommer 2019 noch beide Augen zudrücken
müssten, wäre ein Grundsatzentscheid fällig.
Ich bleibe nach wie vor am Ball und werde die Sendungen weiter verfolgen
und mir später ein Urteil erlauben.
Aller Anfang ist schwer.
Das Publikum hatte sich an Ciacobbo-Müller gewöhnt. Elsener
muss deshalb noch lange damit rechnen, mit den Vorgängern verglichen
zu werden. Veränderungsprozesse haben es überall schwer. Wenn
jedoch Michael Elsener bereit ist, den Wünschen des Publikums
entgegenzukommen und konstruktive Kritik ernst zu nehmen, hat er nichts
zu befürchten.
Einen weiteren Quotenschock dürfte jedoch SRF nicht
ignorieren. Würde sich die Akzeptanz der Sendung auch nach der
Gewöhnungsphase weiter verschlechtern, sähe ich schwarz.