Das neue EU-Urheberrecht kommt. Es wird interessant zu sehen, was die Wirkungen sind.
Die neuen Gesetze kö;nnten eine Chance für Medien und Techfirmen ausserhalb
der EU sein. Zum Beispiel für England, falls das Brexit durchgeht. Man hat in
Deutschland und Spanien gesehen, dass das Leistungsschutzrecht ein Rohrkrepierer ist.
Wenn eine Medienzeitschrift für Suche unsichtbar wird, dann kollabieren die
Leserzahlen. Das schlimmste das für Journalisten passieren kann, dass sie nicht
mehr gelesen werden. Wie die Upload filter funktionieren werden ist eine andere Frage.
Möglich ist, dass sich Techfirmen aus dem EU Raum zurückziehen oder durch
Services mit einem Standort ausserhalb der EU ersetzt werden.
SRF:
348 Abgeordnete stimmten heute im Europaparlament für die Reform
des EU-Urheberrechts, 274 waren dagegen. So klar wie dieses Resultat
glauben lässt, war die Zustimmung aber nicht: Den Wunsch,
Änderungsanträge zuzulassen, hatten die Abgeordneten
nämlich mit nur 5 Stimmen Unterschied abgelehnt.
Nun sollen also umstrittene Artikel wie der zum Leistungsschutzrecht
umgesetzt werden. Spanien und Deutschland kennen bereits ein solches
Recht - in beiden Ländern gilt es als gescheitert. In Spanien
stellte Google seinen Newsdienst ein, um Verlegern keine Abgaben zu
zahlen. Das führte zu einem Besucherrückgang bei Newsportalen
und geringeren Werbeeinnahmen. Kleine Verlage waren besonders betroffen.
Um gleiches zu verhindern, gewährten deutsche Verleger Google das
Recht, ihre Inhalte kostenlos darzustellen. Es bleibt abzuwarten, wie sich
die Verleger verhalten, wenn das Recht einmal im ganzen EU-Raum gilt. Gut
möglich, dass sie auch dann wieder vor einem Suchmaschinen-Riesen
wie Google einknicken und freiwillig auf Lizenzangaben verzichten -
aus Furcht, dass sonst weniger Publikum auf ihre eigenen Seiten findet,
auf denen sie mit Werbung Geld verdienen wollen. Viele offene Fragen
zu den Uploadfiltern
Für noch grössere Proteste sorgte vor der Abstimmung Artikel
13 zu den automatischen Uploadfiltern, aus dem im endgültigen
Gesetzestext Artikel 17 geworden ist. Dazu sind noch viele Fragen offen:
Wer wird diese Filter bauen und unterhalten? Gerade kleine Firmen sind
damit technisch überfordert und werden ihre Uploadfilter einkaufen
müssen - bei Google oder Facebook zum Beispiel. Wer kontrolliert also
die Filter-Hersteller, die künftig darüber wachen könnten,
was Europäer im Internet sehen und was nicht? Upload Filter
Ausserdem: Wie schliesst man falsche Urheberrechtsansprüche aus? Und
profitieren von der neuen Regelung tatsächlich die Autoren der
urheberrechtlich geschützten Werke - oder eher Plattenfirmen, Verlage
und andere Rechteverwerter, an welche die Autoren ihre Ansprüche
abtreten mussten? Über die Umsetzung entscheiden die Länder
Als nächstes müssen nun alle Mitgliedstaaten der EU die heutige
Einigung noch einmal bestätigen. Ein möglicher Termin dafür
ist der 9. April. Es ist keineswegs sicher, dass dann tatsächlich
alle Länder zustimmen werden. Falls nicht, müssen Parlament
und EU-Staaten erneut verhandeln. Wegen den anstehenden Europawahlen
könnte sich dieser Prozess lange hinziehen.
Selbst wenn alle Länder die Reform annehmen ist nicht sicher, wie sie
schliesslich umgesetzt wird. Weil der Text viel Interpretationsspielraum
zulässt, kann es in der Praxis zu ganz unterschiedlichen
Anwendungsformen kommen. Es kann sein, dass einige Länder mit der
Umsetzung zuwarten - bis sich zeigt, was anderswo funktioniert und was
nicht. Dabei können sowohl Kritiker wie Befürworter in den
jeweiligen Ländern noch einmal aktiv werden.
Der Einfachheit (und der Kosten) halber werden die Plattformbetreiber
von Land zu Land kaum unterschiedliche Systeme einführen. Ein
Uploadfilter wird in Frankreich gleich funktionieren wie in Polen. Und
um sich rechtlich abzusichern wird es wohl die jeweils restriktivste
Variante sein. Davon ist auch die Schweiz betroffen: Denn auch wenn das
Land nicht zur EU gehört wäre die Pflege eines helvetischen
Sonderfalls für die Filter-Hersteller zu aufwändig.
Spiegel:
Der umstrittene Vorschlag zur Reform
des EU-Urheberrechts hat im EU-Parlament eine Mehrheit gefunden. 348
Europaabgeordnete stimmten am Dienstagmittag dafür, 274 dagegen. 36
Abgeordnete enthielten sich. Zuvor war ein Antrag knapp gescheitert,
Änderungen zu einzelnen Artikeln noch zu erlauben.
Teil der Reform sind so auch die von Netzaktivisten heftig
kritisierten Artikel 11 und 13. Artikel 11 sieht die Einführung
eines EU-Leistungsschutzrechts vor. Artikel 13, der in der offiziellen
deutschen Übersetzung der Richtlinie mittlerweile Artikel 17 heisst,
dürfte dazu führen, dass viele Internetplattformen Uploadfilter
einsetzen müssen - obwohl das Wort Uploadfilter selbst im Vorschlag
nicht vorkommt.
Vergangenen Samstag waren in Städten wie Berlin und München
Zehntausende gegen die Reformpläne auf die Strasse gegangen,
darunter auch bekannte YouTuber. In den Wochen zuvor hatte es schon,
vor allem gegen Artikel 13, Proteste gegeben, unter anderem mehrfach
in Köln. Eine gegen Artikel 13 gerichtete Onlinepetition sammelte
zudem länderübergreifend gut fünf Millionen Stimmen.
Auch das EU-Leistungsschutzrecht war und ist ein Reizthema - das bereits
2013 in Kraft getretene deutsche Leistungsschutzrecht etwa gilt als
dysfunktional.
Das jetzige Abstimmungsergebnis ist ein Erfolg unter anderem für
bestimmte Presseverlage wie Axel Springer, die sich für das
Leistungsschutzrecht stark gemacht hatten. Für Artikel 13 hatten
sich unter anderem Verwertungsgesellschaften wie die Gema eingesetzt.
Die Debatte zwischen Befürwortern und Gegnern der Reform hatte in
den Wochen und Tagen vor der Abstimmung im EU-Parlament an Schärfe
zugenommen. Einige Politiker etwa warfen jungen Menschen vor, sich von
Internetkonzernen wie Google instrumentalisieren zu lassen.