Nachtrag vom 28. Juni, 2018: Deutschland ist raus. (Quelle: Spiegel)
Die Schweiz kommt ins Achtel Final:
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Nachtrag vom 3. July, 2018: Die Schweiz und Deutschland sind
beide draussen: hier ist das Viertel Final (Quelle Spiegel)
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Doppler Adler Skandal bei der Fussball WM hat hohe
Wellen geworfen.
Luzerner Zeitung:
Was für ein Spektakel! Die Schweiz schlägt Serbien am
Freitagabend in einem packenden Spiel mit 2:1 und hat gute Chancen, zum
zweiten Mal in Folge die Achtelfinals der Fussball-Weltmeisterschaft
zu erreichen - ein grosser Erfolg für ein kleines Land. Auf
den Strassen herrscht eine emotional aufgeladene Stimmung,
Autokorsos und Hupkonzerte im ganzen Land; die Fussball-Schweiz
im Freudentaumel. Alles gut? Mitnichten. Denn der sportliche Erfolg
wird überschattet von politischen Querelen. Die Doppeladler-Geste
der beiden Torschützen Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri hat zur
Folge, dass der Last-Minute-Sieg gegen Serbien in den Hintergrund
rückt. Die Schweiz debattiert am Beispiel Fussball-Nati einmal
mehr über Integration und Identitäten. Der Doppeladler,
eine nationalistische Geste aus Albanien, ist in dieser politisch
ohnehin aufgeheizten Partie gegen Serbien nur eine weitere Provokation
zwischen den beiden Teams. Oder besser gesagt: zwischen Serbien und
dem albanischstämmigen Teil der Schweizer Nationalmannschaft. Vier
Spieler mit albanischem Hintergrund standen am Freitag in der
Startaufstellung. Im Vorfeld der Partie war vor allem Shaqiri in
den Fokus serbischer Medien geraten, weil er ein Bild von seinen
Fussballschuhen veröffentlicht hatte. Auf dem linken Schuh prangt
die Schweizer Flagge, auf dem rechten die kosovarische. Shaqiri war es
auch, der bei jeder Ballberührung lautstark von den serbischen
Fans ausgepfiffen wurde. Der serbische Aussenminister Ivica Dadic
goss Öl ins Feuer, indem er sagte, der Sieg Serbiens im Spiel
gegen Costa Rica sei eine "kleine, süsse Rache" gewesen, weil das
zentralamerikanische Land das erste gewesen war, das den Kosovo 2008
als unabhängigen Staat anerkannte. Dann fügte er hinzu,
dass er nicht wisse, ob sein Land am Freitag gegen die Schweiz,
Albanien oder Pristina spiele. Politik war also von Anfang an Teil
dieser Partie. Es ist naiv, zu fordern, man müsse Sport und
Politik trennen. Und es ist falsch. Gerade der Fussball hat eine
solche gesellschaftliche Relevanz, dass er längst ein politischer
Faktor ist. Schliesslich geht es auch um sehr viel Geld. Und mit
Sport wird seit jeher Politik betrieben. Oder glaubt jemand, dass der
russische Präsident Wladimir Putin aus Spass Grossanlässe
wie Olympische Spiele oder die Fussball-WM ins Land holt? Man kann
Xhaka und Shaqiri durchaus für ihre politische Geste kritisieren.
Serbische Zuschauer - auch in der Schweiz - müssen sich davon
provoziert fühlen. Aber man muss auch bedenken, was dieses Spiel
in der albanischen Gemeinschaft in der Schweiz, aber auch im Kosovo
für eine Bedeutung hat. Die Begegnung wurde nicht umsonst als
Hochrisikospiel eingestuft. Noch immer erkennt Serbien den Kosovo nicht
als eigenständigen Staat an, sondern sieht ihn als eine Provinz
des eigenen Landes. Der Kosovo-Konflikt Ende der 1990er-Jahre kostete
Tausende das Leben. Er bedeutete für viele Flucht und Vertreibung.
Entsprechend emotional ist das Thema heute noch für die Mehrzahl
der Kosovaren und der Serben - und offensichtlich auch für die
Schweizer Spieler, die aus dem Kosovo stammen. Aus menschlicher Sicht
ist der emotionale Ausbruch nach dem Torerfolg deshalb nachvollziehbar.
Der Fussball-Nati wird immer wieder vorgeworfen, eine Truppe von
Söldnern zu sein. Es wird kritisiert, dass einige die Hymne
nicht singen. Daraus wird dann gefolgert, sie identifizierten sich
nicht als Schweizer. Das ist falsch. Sie identifizieren sich einfach
nicht ausschliesslich als Schweizer. Die Wurzeln im Ausland sind
präsent, die Identitätsfrage können oder wollen sie
nicht schwarz-weiss beantworten. Und das müssen sie auch nicht.