Die Stadträte Filippo Leutenegger und Richard Wolff müssen
ihre Büros räumen. Sie wurden gegen ihren Willen in andere
Departemente versetzt. Das sorgt für Empörung in den
Rängen der AL und der FDP.
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Für Corine Mauch ist die
Enttäuschung der beiden Stadträte nur eine vorübergehende
Begleiterscheinung. "Es ist ja nicht so, dass beide grundsätzlich
gegen ihre neuen Departemente wären", erklärt sie der NZZ.
Leutenegger habe eine grosse Affinität zu den Schulen. Auch
das anstehende Tagesschulprojekt sei ihm und seiner Partei wichtig.
"Natürlich geht man ungern weg, wenn man gut mit den Leuten im Amt
zusammengearbeitet hat und die Dossiers kennt." Die anfängliche
Unzufriedenheit nach einer Rochade sei aber keine neue Situation.
Eine solche habe man bereits vor fünf Jahren gehabt. Daniel Leupi
musste gegen seinen Willen von der Sicherheit zu den Finanzen wechseln.
Dasselbe gilt für den damals frisch gewählten Richard Wolff,
dem das Sicherheitsdepartement zugeteilt wurde. "Dass am Ende beide
glücklich waren, ist der beste Beweis dafür, dass es wieder
klappen wird." Natürlich aber brauche es eine gewisse Zeit,
dieses "Vertrauen in die gemeinsame Arbeit" wiederherzustellen. "Ich
sehe mich da durchaus in der Verantwortung", erklärt Mauch. Man
müsse alle wieder ins Boot holen. Zudem habe man einigen von
Leuteneggers Wünschen entsprochen. "Er wird unter anderem zweiter
Vizepräsident."
Das mag die FDP aber nicht besänftigen. Sie äussert in
einer Mitteilung "grosses Befremden" über den Entscheid. Die
links-grüne Mehrheit sei offenbar bereit, Vertrauen und Konkordanz
ihren Machtansprüchen zu opfern. Zudem stehle sich die SP beim
Gesundheitsdossier aus ihrer Verantwortung. Auch die SVP wettert über
die "feige SP". Die AL zeigt ebenfalls Bedauern. Der Entscheid habe einen
"machtpolitischen Beigeschmack"
Ungewöhnliches, Ueberraschendes sind für die Medien immer
spannend.
Auseinandersetzungen in einem Gremium sind normal.
Doch sollte die Wäsche intern und nicht in der Oeffentlichkeit
gewaschen werden. Wenn nach der Zwangsversetzung zwei Stadträte
Klartext sprechen, so ist dies Futter für die Medien.
Das ist etwas Aussergewöhliches.
Kommunikation ist Chefsache.
Wenn es der Chefin nicht gelingt, die Spielregeln durchzusetzen hat sie
ein Problem, das sie meistern muss.
Ich bin mir nicht sicher, dass nach dem Eklat an der Medienkonferenz
die Zwangsversetzungen keine politischen Folgen haben. Die Situation
könnte eskalieren.
Filippo Leutenegger hat seinen emotionalen Auftritt geschickt genutzt
und Corine Mauch gab sich recht selbstsicher. Doch könnten
die Zwangsversetzungen durchaus noch politsche Folgen haben. Der
Rot-grüne Sieg würde dann zum Bumerang.
Meine Stellungsnahme aus TAGI- Interview mit Hannes Weber:
Tagi:
Die Stadtzürcher Linke hat bei der gestrigen Departementsverteilung
ihre Macht demonstriert: Der Freisinnige Stadtrat Filippo Leutenegger
muss das zentrale Verkehrsdepartement abgeben. Auf diesen Entscheid
reagiert er mit einer Abrechnung vor laufender Kamera und kritisiert den
Entscheid von Links-Grün. Und auch der vom Sicherheitsdepartement ins
Verkehrsdepartement versetzte Richard Wolff (AL) zeigte sich unzufrieden.
"Das ist sicher keine Bagatelle", sagt der Experte für
Medienrhetorik, Marcus Knill. Für ihn hat der Stadtrat als
Gremium hier eine wichtige Kommunikationsregel gebrochen: "Wasche deine
Wäsche intern - und rede gegen Aussen mit einer Stimme." Dass sie
nicht eingehalten werden konnte sei problematisch und könnte noch
ungeahnte Folgen haben.
Bessere Noten gibt Knill Filippo Leutenegger individuell. "Er hat seine
Rede geschickt inszeniert und wusste genau, wann er was sagt." Man merke
zwar, dass er enttäuscht und wütend sei. Doch er konnte die
Emotionen steuern."Emotional vermittelte Argumente kommen besser an. Ich
könnte mir vorstellen, dass der bedachte Auftritt Leuteneggers
sogar Mitleid auslöst", sagt Knill.
Auffällig war aber nicht nur Leuteneggers Klartextrede, sondern auch
die Reaktion von Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP). Diese fixiert
ihren Kollegen während seinem Votum richtiggehend und wendet ihren
Blick nur kurz von ihm ab.
"Ich interpretiere das als eine Art Kontrollblick", sagt Knill. "Mauch
signalisiert damit Präsenz und Selbstsicherheit, obwohl sie von den
harschen Worten wohl überrascht ist." Sie zeige ihrem Kollegen zudem,
dass sie ihm ganz genau zuhöre. Gleichzeitig habe sie damit ihre
Rolle als Chefin souverän gespielt. "Alles an ihr war gefasst. Man
merkt, dass Corine Mauch genau weiss, dass ihr nichts passieren kann. Sie
sitzt fest im Sattel"
Jetzt sieht Marcus Knill aber die Stadtpräsidentin in der Pflicht.
"Kommunikation ist Chefsache. Wenn sie im Stadtrat intern nicht
funktioniert, ist nun Mauch gefordert." Das heisse jetzt auch, dass
sie nicht zu selbstsicher auftreten dürfe und sie der internen
Aushandlung höchste Priorität einräumen müsse.