Blocher startet zum letzten Gefecht
In der ARENA überzeugt er heute medienrhetorisch nicht mehr.
Jonas Projer in der "Arena": Christoph Blocher, Alt Bundesrat,
zurücktretender Strategiechef SVP, Philipp Müller,
Ständerat FDP/AG Cédric Wermuth, Nationalrat SP/AG, Camille
Lothe, Präsidentin Junge SVP/ZH, Matthias Oesch, Professor
für Europarecht, Universität Zürich, Robin Udry,
Generalsekretär Pro Tell, Urs Berner, Vorstandsmitglied Swissmem,
Inhaber Urma AG, Peter Gehler, Vorstandsmitglied scienceindustries,
Leiter Pharmapark Siegfried Zofingen.
Blocher tut seinem Anliegen mit solchen Aufritten, wie wir sie an der
letzten ARENA erleben konnten, keinen Gefallen.
SRF:
Der Gralshüter der unabhängigen Schweiz ist in der ARENA nicht
mehr der Medienrehtoriker wie bei der EWR Auseinandersetzung. Christoph
Blocher ist medienrhetorisch stehen geblieben, nach meinem
Dafürhalten sogar zurückgefallen. Sein Poltern und sein
ständiges Dreinreden kommt nicht mehr gut an.
Die Bevölkerung liebt harte Auseinandersetzungen. Geschätzt
wird heute das Fechten mit dem Florett des Geistes und nicht mehr die
Brüllrhetorik. Ich habe mir die Sendung angesehen und stellte fest:
Blocher kann in so einer Runde zu wenig diffenzieren zwischen den Formaten
TELE-BLOCHER und ARENA. Auf dem Internetkanal hat er genügend Zeit,
seine Gedanken lange auszubreiten. Doch in der ARENA hat er es verlernt,
Sachverhalte kurz und konkret auf den Punkt zu bringen. Weshalb delegiert
er nicht jene Akteuere in den Ring, welche vor Mikrofon und Kamera
überzeugen? Akteure wie Roger Köppel oder Adrian Amstutz. An
guten Personen mangelt es bei der SVP nicht.
Wer die Sendung gesehen hatte, konnte sehen, dass Blocher ungehalten
und meist viel zu laut sprach. Er bringt es in so einer Runde nicht
mehr fertig, souverän über das Sache zu stehen. Er war zu
ungehalten. Seine Lippen vibrierten, wenn er nicht sprechen konnte und
fiel allen ständig ins Wort.
Wenn Blocher sein letzte Gefecht gewinnen will, muss er bei solchen
heiklen Medienauftritten die Rollen neu verteilen. Er sollte nicht mehr
allein die Rolle des Kämpfers an Duellen übernehmen. Er hat
fähige Leute, die am Bildschirm gut wegekommen. Roli Brunner war
so eine Person.
Christoph Blocher hat zwar die Europapolitik geprägt wie
kein anderer. Nun tritt er aus der SVP-Leitung ab - und will das
Rahmenabkommen mit der EU versenken. Es ist nachvollziehbar, dass
Jonas Projer den zurücktretenden Strategiechef der SVP in der Runde
haben wollte.
Die ARENA machte bewusst, dass auch Camille Lothe und Christoph
Blocher am Bildschirm kein Dreamteam sind. Blocher entzog selbst der
Präsidentin der Jungen SVP/ZH das Wort. Während Blocher nicht
mehr ARENA tauglich ist, so ist Lothe ist nach meinem Dafürhalten
noch nicht ARENA tauglich. Ihr fehlen einige Trainingseinheiten. Die
ARENA darf für die SVP in der heutigen Situation kein Trainingsfeld
mehr sein.
Es ist übrigens erstaunlich, wie Euroturbo Wermuth medienrhetorisch
mit seiner ruhigen Art punkten konnte.
Er hat seine raffinierte Dialektik in den letzten Jahren laufend
verfeinert. Seine Gegner haben es schwer, sein gedankliches Schachspiel
zu erkennen. Er spielt auf einer höheren Liga wie der ehemalige
Blocher Gegner Peter Bodenmann bei der EWR Auseinandersetzung.
Heute gewinnt nicht mehr der Brüller und Polterer. Wir haben es
bei der No Billag Debatte erleben können, wie Ladina Heimgartner
mit ihrer natürlichen freundlichen Art aber ihren kurzen, klaren,
verständlichen Aussagen viel mehr überzeugte als Kessler. Oder
in Oesterreich: Dort verstand es der neugewählte Kanzler Kurz
die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Auch dank des echten
freundlichen, stets verständnisvollen Zuhörens. Er zeigte
Verständnis für die Gegenseite, verdeutlichte dann aber immer
wieder, warum er die Situation anderst beurteilt. Das Publikum honoriert
heute Schreier nicht mehr.