Eleganti in der Tagespost: Wider die Spaltung
Wider die Spaltung
Über die Rechtmässigkeit einer zweiten Ehe
kann nicht das subjektive Gewissen entscheiden.
Von Weihbischof Marian Eleganti OSB 07. Februar 2018
Die Kirche kann aufgrund des Widerspruchs der Scheidung zum Gebot des
Herrn wiederverheiratete Geschiedene nicht einfach zur heiligen Kommunion
ermutigen und damit die Frage der Verbindlichkeit ihrer ersten Ehe ihrem
privaten Urteil überlassen. Das ist auch nach Amoris laetitia immer
noch die Ausgangsbasis einer Gewissensprüfung.
Gegenüber der Klarheit des Evangeliums und der bisherigen Lehre der
Päpste mutet es sonderbar an, welche Mühe sich beide Seiten, die
sogenannten Reformer und die sogenannten Bewahrer der herkömmlichen
Praxis nach den Apostolischen Schreiben Familiaris consortio 84 und
Sacramentum caritatis 29 geben, um entweder zu beweisen, dass sich
nichts oder alles am bisherigen Umgang mit zivil Wiederverheirateten
geändert hat. Dabei geht es vor allem um eine Fussnote, an die sich
Papst Franziskus nach eigenen Worten bei der Pressekonferenz im Flugzeug
auf dem Heimflug von Lesbos nicht einmal erinnern konnte. Dennoch ist
es klar, dass nun eine Wende versucht wird, indem bei nicht weiter
definierten "mildernden Umständen" zivil Wiederverheiratete, ohne
die bisherigen in den genannten Lehrschreiben von Johannes Paul II. und
Benedikt XVI. vorgelegten Voraussetzungen zu erfüllen, aufgrund
ihres eigenen Gewissensentscheides zur heiligen Kommunion ermutigt werden.
Zur Erinnerung: Die Nichtzulassung wiederverheirateter Geschiedener
zur heiligen Kommunion ist kein moralisches Urteil darüber,
wie wiederverheiratete Geschiedene zu Gott stehen. So sehr Gott
Barmherzigkeit walten lässt, so wenig verletzt er dabei Wahrheit und
Gerechtigkeit. In einem Ehekonflikt suchen erfahrungsgemäss beide
Partner in der je eigenen Perspektive Entlastung und neigen dazu, sich
selbst als Opfer eines Konfliktes zu sehen. Das ist verständlich. Wie
sich die Dinge in Wahrheit vor Gott verhalten, ist subjektiv nicht
auszumachen. In Ehe-Angelegenheiten sollten jedenfalls die Partner nicht
Richter in eigener Sache sein und niemand von uns die Übereinstimmung
des eigenen Urteils mit jenem des Herrn einfachhin behaupten. "Ich bin
mir zwar keiner Schuld bewusst, doch bin ich dadurch noch nicht gerecht
gesprochen; der Herr ist es, der mich zur Rechenschaft zieht." (1 Kor
4,4) Wir können uns also nicht selbst rechtfertigen, auch wenn wir
nach unserem Gewissen leben. Über die Rechtmässigkeit einer
zweiten Ehe kann demzufolge nicht das subjektive Gewissen aus der je
eigenen Perspektive entscheiden, aber auch nicht ein den Betroffenen
nahestehender Priester, der gebeten wird, eine zweite Partnerschaft im
Namen der Kirche anzuerkennen oder zu segnen. Der heilige Papst Johannes
Paul II. hat diesbezüglich festgehalten, dass allein die objektive
Situation zivil Wiederverheirateter den Ausschlag gibt, warum sie nicht
zur heiligen Kommunion gehen können, es sei denn sie enthalten
sich sexueller ehelicher Akte. Er hat dabei auch festgehalten, dass
es hier auch um die Klarheit der Lehre und die Kohärenz zwischen
Glaubenslehre und sakramentaler Glaubenspraxis geht. Nicht aber wurde
damit ein Urteil gefällt über den Gnadenstand der Betroffenen.
Es war ein grosser Fehler, an den beiden Familiensynoden nicht diese
Differenzierung neu verständlich gemacht zu haben, sondern Priester
und zivil Wiederverheiratete auf die schiefe Ebene zu bringen, indem
von ihnen eine Beurteilung des Gnadenstandes verlangt wird, die sie
beim besten Willen gar nicht leisten können. Statt sich wie in
der bisherigen Lehrtradition und sakramentalen Praxis an objektiv
feststellbare Tatsachen zu halten wie die Nichtigkeit einer ersten Ehe
(der einzige legitime Grund für die Rechtfertigung einer sogenannten
Zweitehe) und die Existenz absoluter Normen, die überall und immer
in sich schlechte Taten wie den Ehebruch verbieten (unabhängig
von Umständen, guten Absichten und mildernden Umständen), hat
man inzwischen mehr Verwirrung und Interpretationschaos hervorgebracht
als Klarheit. Es gibt eben nicht das richtige Leben im falschen. Mit
anderen Worten: Bei Fortbestand eines gültigen, unauflöslichen
Ehebandes rechtfertigt nichts - auch nicht das viel beschworene Wohl der
Kinder aus zweiter Verbindung - ein Zusammenleben more uxorio in einer
zweiten zivilen Ehe, es sei denn, man enthält sich der sexuellen
Akte, die der sakramentalen Ehe vorbehalten sind. Das ist deshalb so,
weil sie wie die heilige Eucharistie ein Realsymbol sind und in beiden
Fällen (Christus-Kirche; Bräutigam-Braut, Ehegatte-Ehegattin)
den unauflöslichen Bund gleichzeitig darstellen und verwirklichen.
Wenn nun wiederverheiratete Geschiedene in der heiligen Kommunion
die Verbindung mit dem Herrn suchen, stellt sich die Frage, wie
der Widerspruch zu Seinem Wort zu sehen ist, und warum sich zivil
Wiederverheiratete bei einem so bedeutenden Gebot des Herrn nicht an seine
Worte halten. Da die Ehe wie auch der Kommunionempfang öffentlich
sind, können die damit verbundenen Fragen - wie gesagt - nicht
einfach in der reinen Privatheit des eigenen Gewissens geregelt und
entschieden werden. Kein Scheidungsdrama gleicht dem anderen. Das ist
richtig. Es ist anzuerkennen, dass die Partner sich die Dinge nicht
leicht machen. Es ist auch festzuhalten, dass die Liebe des Herrn sie
zu keinem Zeitpunkt dieser wirklich existenziellen Prüfung allein
lässt oder verlassen wird, egal, wie sie entscheiden und diese
Herausforderung zu meistern versuchen. Da wir in dieser Welt nicht wissen
können, wie Gott jeden Einzelnen sieht, können wir uns nur an
seinem Wort im Evangelium orientieren. Zu diesem aber stellen Scheidung
und Wiederverheiratung einen objektiven Widerspruch dar, dem sich jedes
Gewissen ehrlich stellen muss.
Die Nichtzulassung zivil Wiederverheirateter zur heiligen Kommunion
"hat nicht den Charakter einer Strafe oder Diskriminierung. Sie
bringt vielmehr eine objektive Situation zum Ausdruck, die als
solche den Hinzutritt zur heiligen Kommunion unmöglich macht"
(vgl. das Schreiben vom 14. September 1994 der Kongregation für die
Glaubenslehre). Keinesfalls sind dabei die betroffenen Gläubigen
von der Kirche ausgeschlossen. Das wenigstens ist inzwischen auch
den weniger informierten Gläubigen klar geworden. Indem zivil
Wiederverheiratete sich daran halten und nicht zur heiligen Kommunion
gehen, setzen sie ein Zeichen: Sie überlassen das Urteil über
ihre objektiv den Weisungen des Herrn widersprechende Ehesituation Gott,
ohne durch den Kommuniongang ein öffentliches Votum für die
Legitimität ihrer zweiten Beziehung abzugeben, als ob in ihrem
besonderen Fall die Worte des Herrn über die Unauflöslichkeit
der Ehe keine Gültigkeit besässen.
"Richtet also nicht vor der Zeit; wartet, bis der Herr kommt, der das
im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen
aufdecken wird. Dann wird jeder sein Lob von Gott erhalten." (1 Kor 4,5)
Für jede Lebenslage gibt es einen Weg, eine Lösung, die Gott
uns "vorschlägt". Nach meiner Erfahrung liegt sie im hörenden
Herzen bereit. Denn der Herr hilft jedem bei der Klärung seiner
Verhältnisse und seiner Beziehung zu IHM.
Was ergibt sich aus dem Ganzen für das pastorale Vorgehen?:
1. Jesus hat eindeutig die Scheidung und Wiederverheiratung abgelehnt.
Er versteht die Ehe als eine unlösbare Einheit von Mann und Frau. Mit
dem Hinweis auf den ursprünglichen Willen Gottes korrigiert Jesus
die von Moses her überkommene Praxis und stellt den Gotteswillen in
Bezug auf die Ehe wieder her: Was Gott verbunden hat, darf der Mensch
nicht wieder trennen. Wo eine gültig geschlossene Ehe vorliegt,
das heisst ein unauflösliches Eheband besteht, muss also objektiv
von Ehebruch gesprochen werden.
2. Die vielzitierten mildernden Umstände machen eine illegitime,
nicht eheliche Verbindung nicht zu einer legitimen.
3. Wiederverheiratete Geschiedene müssen sich deshalb bewusst
bleiben, dass ihre zweite Beziehung objektiv dem Willen Gottes
beziehungsweise dem Evangelium widerspricht.
4. Es stellt sich für Wiederverheiratete Geschiedene deshalb noch
vor der Frage nach der Möglichkeit des Kommunionempfangs die tiefer
liegende Frage, wie weit sie sich auf die Beziehung mit Jesus einzulassen
bereit sind und sich an seinem Wort orientieren wollen beziehungsweise an
die Lehre der Kirche von der Unauflöslichkeit einer gültigen,
sakramentalen Ehe.
5. Der erste Schritt zur Heilung ihrer Situation geht über die
Erschliessung des Verständnisses der sakramentalen Ehe und der
sich daraus ergebenden Illegitimität jeder sexuellen Vereinigung
ausserhalb der sakramentalen Ehe (Letzteres gilt im Übrigen auch
für die Konkubinatspaare). Dieser Sachverhalt wird nicht dadurch
verändert, dass auch in einer solchen Beziehung menschliche
Werte gelebt werden (ein Bankraub verliert auch nicht dadurch seine
Illegitimität, weil die Diebe unter sich im Hinblick auf ihr
gemeinsames Ziel Solidarität, Verlässlichkeit und Freundschaft
leben).
6. Es muss klar werden, dass der Sexualität in diesem Kontext eine
Schlüsselrolle zukommt, weil durch sie die Ehe vollzogen wird (in
Analogie zur Bedeutung heiligen Eucharistie beziehungsweise Kommunion
im Vollzug der Hingabe Jesu an Seine Braut, die Kirche).
7. Die Betroffenen müssen sich vergewissern, ob sie die Forderung
Jesu über die Unauflöslichkeit der Ehe wirklich bejahen und in
ihrer Situation akzeptieren, um daraus die entsprechenden Konsequenzen
zu ziehen; etwa enthaltsam zu leben.
8. Die eigene Biografie und konkrete Lebenssituation muss im Lichte der
Ergebnisse dieser Gewissenserforschung reflektiert und vor Jesus gebracht
werden, um den Willen Gottes beziehungsweise den nächsten Schritt zu
erspüren in Richtung Versöhnung mit dem getrennten Ehepartner
oder Auflösung eines illegitimen eheähnlichen Verhältnisses
oder, wo dies nicht möglich ist, der Transformation der Beziehung
mit dem zweiten Lebenspartner auf die Ebene einer geistlichen Freundschaft
(wie Bruder und Schwester).
9. Ziel muss die Übereinstimmung mit dem Willen Gottes in Bezug
auf die Ehe sein und nicht die Angleichung der christlichen Ehe an
die gesellschaftlichen Standards. Mit anderen Worten: Die Kirche muss
leben, was sie lehrt (die Unauflöslichkeit der Ehe), nicht lehren,
was gelebt wird (Scheidung und Wiederverheiratung; die viel beschworene
"Lebenswirklichkeit").
10. Wo Wille und Bemühung dazu fehlen, wird die Forderung nach dem
Zugang zur Kommunion unglaubwürdig. Dabei sollte es in Wahrheit
nur um die Vereinigung mit dem Herrn und um die Übereinstimmung
mit Seinem Willen gehen und nicht gleichzeitig und in Wahrheit um
die Anerkennung einer zweiten Verbindung im Widerspruch zur ersten,
gültigen, sakramentalen Ehe.
Es darf nicht sein, dass wir eine innere Spaltung der Kirche zulassen,
indem einige Bischöfe und Bischofskonferenzen bei der Umsetzung von
Amoris laetitia von der Linie der bisherigen Tradition und immer noch
gültigen Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der
sakramentalen Ehe abrücken und sich dabei widersprechen.
Der Autor ist Weihbischof in Chur. Er hat kürzlich die Erklärung
der kasachischen Bischöfe zu Amoris laetitia unterschrieben (DT vom 11.1.).
Meier im Der Bund.
Moralapostel mit Mundharmonika
von Michael Meier
Der Churer Weihbischof Marian Eleganti widerspricht dem Papst.
Weihbischof Marian Eleganti findet, Wiederverheiratete dürften
keinen Sex haben.
Der Deutschschweizer Jugendbischof Marian Eleganti erhält viel
Applaus, wenn er mit Mundharmonika und Gitarre von Jugendfestival
zu Jugendfestival rockt. Am Weltjugendtag in For-taleza hat ihn die
brasilianische Presse gar mit Bob Dylan verglichen.
Bischof Huonders Weihbischof hat noch eine andere Seite. Er widerspricht
dem Papst ins Gesicht. Gerade hat Eleganti das "Bekenntnis zu den
unveränderlichen Wahrheiten des Ehesakramentes" unterzeichnet
- eine von drei kasachischen Bischöfen veröffentlichte
Protestnote gegen Franziskus Lehrschreiben "Amoris Laetitia", deutsch:
"Freude der Liebe". Es missfällt ihnen, dass das Schreiben
den Empfang der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene in
Einzelfällen öffnen will. Es gebe keine Ausnahme vom Gebot der
Unauflöslichkeit der Ehe, kontern diese Bischöfe. Das Gewissen
zwinge sie, die seit 2000 Jahren geltende Moral zu verteidigen.
Seit der römischen Familiensynode von 2015 brechen die Vorwürfe
nicht ab, der Papst sei ein Häretiker und Unruhestifter. Besonders
schlimm findet es Eleganti, dass Franziskus die Proteste ignoriert
und schweigt. Gegenüber der rechtskatholischen Plattform "One
Peter Five" beklagt er, widersprüchliche Interpretationen von
"Amoris Laetitia" durch die nationalen Bischofskonferenzen hätten
an der Basis zu Chaos und Verwirrung geführt. In der Schweiz sei
es seit langem Praxis, Wiederverheiratete zur Kommunion zuzulassen. Das
aber verbiete das Kirchengesetz, es sei denn, diese enthielten sich
sexueller Akte.
Wenn es darum geht, sich Rom zu widersetzen, hat Eleganti Routine: 14
Jahre lang lebte er in einer kirchlich verbotenen Gemeinschaft, die aus
Italien vertrieben wurde und später in erbittertem Widerstand gegen
Rom ein illegales Priesterseminar in Innsbruck betrieb. Gründer
dieser Gruppe war der suspendierte Priester Josef Seidnitzer, der wegen
Unzucht mit Burschen dreimal im Gefängnis gesessen hatte.
Nach der Auflösung des Seminars 1990 wurde Eleganti Benediktiner
in Uznach SG, später Abt, Weihbischof und Jugendbischof. Unter den
Schweizer Bischöfen ist er der Moralapostel: 2015 hat er ihnen das
Nein zur Segnung homosexueller Paare abgerungen. Jetzt fürchtet er,
dass diese "Unsitte" Schule machen und das Verbot der künstlichen
Empfängnisverhütung aufgeweicht werden könnte.
Was Franziskus Barmherzigkeit nennt, führt laut Eleganti in den
moralischen Niedergang: "Wiederverheiratete Geschiedene müssen sich
bewusst bleiben, dass ihre zweite Beziehung objektiv dem Willen Gottes
widerspricht", schrieb er am Mittwoch in der deutschen katholischen
Zeitung "Tagespost". In Bezug auf die Ehe müsse das Ziel die
Übereinstimmung mit dem Willen Gottes sein und nicht die Angleichung
an gesellschaftliche Standards.