Im Grimm Märchen vom Dornröschen wird die schlafende Prinzessin
vom Prinzen mit einem Kuss aufgeweckt. Ziemlich harmlos. Nein, der
Kuss war nicht im Einvernehmen passiert. Es ist ein gestohlener Kuss.
Nachdem Sprachpolizistinnen auch in Märchen und in der Literatur
alles eliminieren wollen, was einen Hauch von Sexismus hat, reagiert
die Öffentlichkeit genervt. Militanter Feminismus schadet den
echten Anliegen. Es gibt viel wichtigere Probleme bei der Gleichberechtigung.
Übrigens sind die älteren Fassungen von Dornröschen viel
Bildhafter. In zwei schriftlichen Werken aus dem 14. Jahrhundert
wurde das schlafende Mädchen geschwängert. Man kann
auf Wikipedia
auch skurile psychologische Interpretationen finden.
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Jetzt sollen auch Märchen sexistisch sein! "Dornröschen
ist für Kinder ungeeignet" Laut einer britischen Mutter sind
Märchen wie Dornröschen nichts für Primarschüler, da
sie frauenverachtend seien. Eine Schweizer Pädagogin gibt ihr recht.
Der Prinz erlöst die Königstochter mit eine Kuss. Halls -
eine Schweizer Pädagogin - moniert, das Märchen vermittle
eine falsche Botschaft. Weil der Prinz Dornröschen wachküsst,
sei der Kuss nicht einvernehmlich: "Ich denke, in Dornröschen geht
es auch um sexuelles Verhalten und Zustimmung. Diese Märchen sind
bezeichnend dafür, wie tief verwurzelt dieses Verhalten in unserer
Gesellschaft ist", so Hall.
Halls Tweet erntete gehässige Kommentare. Doch Schweizer
Feministinnen zollen Beifall. Elisabeth Müller, Diplompädagogin
und Lehrbeauftragte an der PH Zug, sagt: "Die Märchen transportieren
patriarchale Geschlechterrollen, mit denen sich Kinder dann zu
identifizieren versuchen. Sie passen darum nicht ins Kindesalter."
Die Feministinnen ärgern sich, wenn in den Märchen der Mann der
Starke ist. Wenn Hexen weiblich sind. Gebrüder Grimm reproduziere
frauenfeindliche Sterotype. Es sei auch fragwürdig, dass es in
Märchen nur die Ehe zwischen Mann und Frau gebe. Antiquierte
Geschlechterrollen würden eingeimpft.
Völlig absurd finden aber die Leser, dass in der Schule Kinder
gefragt werden müssten, warum nicht ein Prinz einen Prinzen
küsst.
Ich zitiere Conchi Vega, Märchen-Erzählerin und Mitglied der
Schweizerischen Märchengesellschaft: "Märchen zählen
zum Kulturgut. Die Kinder erfahren, was Liebe, Hass, Eifersucht oder
Freundschaft heisst." Halte man die Kinder von ihnen fern, beraube
man sie eines Erlebnisses: "Meine Erfahrung ist, dass Kinder sich in
die Heldenrolle des Märchens hineinbegeben und dies ihre Fantasie
anregt."