Persoenlich:
Vorweg darf gesagt werden: Die zweite Sendung
"Arena/Reporter" hat einen merkbaren Schritt nach vorne gemacht. Es
dominierte nun ein klares Konzept. Die Verlängerung um zehn Minuten
verhalfen dieser Sendung zu mehr Tiefgang. Als Beobachter - ich sass
im Studiopublikum - habe ich das Moderatorenteam eindeutig als viel
souveräner erlebt. Das Team harmoniert sehr gut.
Wiederum steht Christa Rigozzi im Mittelpunkt. Sie wirkt viel
selbstverständlicher, glaubwürdiger. Sie schafft es auch,
Langredner zu unterbrechen, ohne sie zu verletzen. Die Rollenteilung
ist in der zweiten Sendung offensichtlich viel klarer und eindeutiger
als beim ersten Mal: Jonas Projer ist für die Gespräche mit
den Diskutanten zuständig, und Rigozzi agiert als Vermittlerin
zu den Zuschauern und den Stimmen im Netz. Nur einmal hat Rigozzi in
Projers Terrain "gegrast": Nach einem publizierten Text im Netz befragt
sie unverhofft auch Cédric Wermuth in der Gesprächsrunde,
für die eigentlich Projer zuständig zeichnet.
Das "Dreamteam" - wie es diesmal bezeichnet wird - versteht es zudem,
schon vor der Sendung die Brücke zum Studiopublikum persönlich
auf angenehme Art aufzubauen. Dennoch gibt es einige Punkte, bei denen
das "Arena/Reporter"-Team über die Bücher gehen müsste:
1. Beim Titel "Grenzerfahrung - Retten oder Abweisen?" müssten
diese Begriffe der Grundsatzfrage unbedingt vertiefter ins Zentrum
gerückt werden. Ich hätte gerne Leute erlebt, die selbst
Erfahrungen einbringen hinsichtlich Grenzerfahrungen oder Erfahrungen
beim Retten. Im Zentrum stand jedoch ein recht langer Film mit dem
Piloten und seinem privaten Umfeld. Eine engagierte Person, die Rettern
behilflich sein möchte. Ferner war eine Einspielung zu sehen mit
Grenzwächtern, die illegale Einwanderer an der Grenze abfangen
müssen.
2. Wenn die Sendung unter "Arena/Reporter" ausgestrahlt wird, erwartet
der Konsument vor allem einen Film, der das Wort "Reporter" ernst nimmt.
Das Portrait eines Piloten, der privat und für seinen Einsatz so
langatmig dokumentiert wird, wirkt für zahlreiche Beobachter zu
langfädig. Reporter wären gefragt, die ihre Erfahrungen an
der Front schildern. Weshalb nicht einen Film zusammenschneiden mit
echten Reportern, welche an der Grenze, beim Verladen der Schiffe,
bei Rettungsaktionen, beim Abfangen der Schlepperboote die Situation
möglichst realistisch darstellen?
3. Zur Auswahl der Akteure: Nach der Ankündigung war das Setting
- laut Ausschreibung - so ausgelegt, dass es zwei Kontrahenten gibt
(Norman Gobbi und Cédric Wermuth) und dann zwei Akteure, welche
den Themenkreis von aussen beleuchten (Die Flüchtlingshelferin Liska
Bernet und der ehemalige Direktor des Bundesamtes der Flüchtlinge,
Peter Arbenz). Gesondert stehen zudem noch die Filmakteure (Pilot
Fabio Zgraggen und Grenzwächter Patrick Benz) an einem Tisch
für Aussagen zur Verfügung. Das Publikum legt bei
politischen Auseinandersetzungen grossen Wert auf Ausgewogenheit
hinsichtlich der Positionierung der Gesprächsteilnehmer.
Bei dieser "Arena/Reporter"-Sendung kann die Auswahl der Akteure
aber als unausgewogen bezeichnet werden. Nicht, weil Nationalrat Gobbi
rhetorisch dem abgeklärten Dialektiker Wermuth stark unterlegen war
und unverständlich gesprochen hatte, sondern weil die Positionen
hinsichtlich unbeschränkte Aufnahme von Flüchtlingen von vier
Akteuren unterstützt worden sind, nämlich von Wermuth, Bernet,
Arbenz und Zgraggen. Grenzwächter Benz können wir ausklammern:
Er kam nur zu Wort, als ihn Projer persönlich zu einem Votum animiert
hatte. An seiner Stelle hätte ich mich gefragt: Für was bin ich
eigentlich da? Die Sicht der Retter dominierte offensichtlich. Für
ein Gegengewicht sorgten immerhin die beiden Frauen im Studiopublikum.
4. In meinem Bekanntenkreis haben viele bei "Arena/Reporter" nur kurz
reingeschaut. Immer wieder hörte ich die Bemerkung, dass die
Sendung - so spät am Sonntagabend - zu einem schlechten Zeitpunkt
angesetzt sei. Man könne am anderen Tag nicht ausschlafen und
müsse am Montagmorgen wieder früh fit sein. Wenn schon
Fernsehkonsum so spät, dann dürfe es kein anspruchsvolles
Menü sein. Unterhaltung ja - aber keine politische Kost. Über
den Zeitpunkt werden die "Arena"-Macher wohl kaum Einfluss nehmen
können. Was mich aber brennend interessiert: Wie haben sich wohl die
aktuellen Verbesserungen des Konzeptes auf die Akzeptanz des Publikums
ausgewirkt?
Ich bin überzeugt, dass das selbstkritische "Arena"-Team auch diese
konstruktive Kritik ernst nehmen wird und an der Optimierung dieses
Formates weiterarbeitet.