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www.rhetorik.ch aktuell: (14. Jun, 2017)

Burkhalter's Rücktritt

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Bundesrat Didier Burkhalter wird per 31. Oktober zurücktreten. Burkhalter ist seit 8 Jahren im Bundesrat. Es ist eine Überraschung. Schon wird über die Nachfolge nachgedacht. Im Blick wird dem Tessiner Ignazio Cassis grosse Chancen gegeben.

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Aussenminister Didier Burkhalter liess am Mittwoch eine Bombe platzen. Der FDP-Bundesrat tritt per 31. Oktober zurück - noch vor Ende der Legislatur. Viele Beobachter hätten vorher den Rücktritt von Parteikollege Johann Schneider-Ammann erwartet, über dessen Gesundheitszustand verschiedentlich spekuliert worden war. Vor den Medien führte Burkhalter mit wässrigen Augen persönliche Gründe für den überraschenden Abgang an - laut Parlamentariern dürften aber auch die stockenden Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU eine Rolle gespielt haben. Amtsmüdigkeit: Der 57-Jährige ist seit 30 Jahren in der Politik und seit bald 8 Jahre im Bundesrat. Gerade im Jahr 2014, als er Bundespräsident war und zugleich den Vorsitz der OSZE inne hatte, stemmte der Neuenburger ein Mammut-Programm. Dass das anhängt, verhehlte der sichtlich müde wirkende Aussenminister gestern nicht: "Es braucht Jugendlichkeit, um zu regieren", sagte er. Politikberater Mark Balsiger sagt: "Burkhalter wirkt seit langem wie abwesend. Nach seinem Jahr als OSZE-Chef hat sein Gestaltungswille im Bundesrat abgenommen." Auch Politologe Adrian Vatter sagt: "Das Amt des Bundesrates ist aufreibend, die Arbeitsbelastung ist sehr hoch. Vielen Magistraten fehlt nach einigen Jahren die Energie, eine Amtsdauer von acht Jahren ist deshalb nahe am Durchschnitt." Genug vom Rummel in der Öffentlichkeit: Als Bundesrat stand Burkhalter ständig im Fokus der Öffentlichkeit. "Bundesrat zu sein, ist wie eine zweite Haut", sagte der freisinnige Magistrat. Selbst am Sonntag könne man sie nicht einfach ablegen. Zuletzt hatte er seine Reisetätigkeit bewusst reduziert, sich zunehmend nach Neuenburg zurückgezogen und Dossiers von zu Hause aus studiert. Auch seine Frau Friedrun, die zu Beginn seiner Amtszeit häufig an seiner Seite zu sehen war, scheute das Licht der Öffentlichkeit zunehmend. Künftig will Burkhalter weniger in der Öffentlichkeit stehen: "Ich brauche mehr Platz für das private Leben." Misserfolg im EU-Dossier: Burkhalter drängte auf den Abschluss eines institutionellen Rahmenabkommens mit der EU. Damit hat er sich laut Medienberichten in der Regierung, im Parlament und auch in seiner eigenen Partei zunehmend isoliert. Beobachter vermuten, dass er sich am EU-Dossier die Zähne ausgebissen hat. "Burkhalter hatte mit seinem Dossier zum Rahmenabkommen kein Glück. Er wollte vorwärts machen, doch er hatte keine Mehrheit im Bundesrat", so Politologe Vatter. Grünen-Präsidentin Regula Rytz vermutet, dass ihm auch die ständigen Angriffe zugesetzt haben: "Als Humanist und Demokrat perlte die ständige Kritik nicht einfach an ihm ab." Burkhalter selbst bestreitet einen Zusammenhang. Er habe einfach Lust, eine neues Kapitel in seinem Leben aufzuschlagen. Auch, dass er als zu wenig bürgerlich kritisiert wurde, habe ihm nichts ausgemacht. Einen Hinweis, dass der Entscheid doch einen Zusammenhang mit der Europapolitik haben könnte, lieferte Burkhalter jedoch gleich selber: Er habe seinen Rücktritt nicht nach der Bundesratssitzung vom Freitag angekündigt, weil er den Entscheid nicht mit der Diskussion im Bundesrat über die Europapolitik verknüpfen wollte, sagte er. So könne er Druck wegnehmen. Das Dossier Europa werde sich aber kaum in die Richtung entwickeln, die er sich wünsche. Ein Wechsel im Bundesrat werde aber möglicherweise eine ganz neue Dynamik bringen. "Das Spiel ist offen."

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