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www.rhetorik.ch aktuell: (04. Mai, 2017)

Das Le Pen Macron Duell

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Marine Le Pen und Emmanuel Macron sind am Mittwoch zum TV-Duell angetreten. Macron liegt in den Umfragen zur Präsidentenwahl weit vorn. Kann die Debatte trotzdem für eine Überraschung sorgen? lautete die Gretchenfrage. FAZ:
Kann ein Satz, ein rhetorischer Schlagabtausch die Wahl eines Präsidenten entscheiden? In der Geschichte der französischen TV-Duelle, die 1974 begann, gibt es dafür einige Beispiele. Mit Erfolg hatte Giscard d'Estaing seinem Widersacher Mitterrand das "Monopol der Herzen" streitig gemacht. Der als "Mann der Vergangenheit" vorgeführte Sozialist nahm das Motiv bei der Neuauflage sieben Jahre später auf, stilisierte den Gegner, der ihn als #passé" bezeichnet hatte, zum Präsidenten der #Passive", der Defizite, Niederlagen, Rückzüge. In einem späteren Duell empörte sich Chirac über die Anrede als Premierminister, die er als hierarchische Herabsetzung durch den amtierenden Präsidenten empfand. Er versuchte, ihre Gleichheit als Kandidaten zu beschwören. Damit lief er Mitterrand ins offene Messer: #Sie haben vollkommen recht, Monsieur le Premierminister." Ein Uber-Mensch aus der Retorte Aus dem TV-Duell vor fünf Jahren zwischen François Hollande und dem damals amtierenden Präsidenten Nicolas Sarkozy hat das geflügelte Wort #Moi, Président" überlebt. Schon zwei Stunden hatte die Debatte gedauert, die Zuschauer waren ermüdet. Wie aus einer Maschinenpistole kam die Wendung und brachte die Wende. Mit #Moi, Président" begann Hollande seine Antwort auf die Frage des Moderators, was für eine Art Präsident er sein würde. Er nutzte die Steilvorlage zu einer gewagten Improvisation. Mehr als drei Minuten dauerte die Sequenz. Ein Dutzend Mal wiederholte der Herausforderer #Moi, Président", stets folgte ein Argument aus den Wahlkampfreden. Mehr noch als den Franzosen schien Hollande sich selbst das Rollenverständnis einhämmern zu wollen. So deutete er es im Nachhinein: #Es ist der Augenblick, in dem sich die psychologische Übertragung einstellt: Ich werde Präsident."
Ein Millionenpubikum hat das Duell Le Pen -Macron mit verfolgt. Es dominierten gegenseitige Angriffe. Dies verhinderte jedoch eine sachliche Diskussion. Wenn es ums Ueberzeugen geht, genügten ein harter Schlagabtausch und Provokationen allein nicht. Mir fehlten gute Argumente. Die ewigen Sticheleien brachten nichts. Die Rechtspopulistin des Front National bezeichnete den früheren Wirtschaftminister als Kandidaten der "wilden Globalisierung", der "sozialen Brutalität" und des "Krieges alle gegen alle". Le Pen sagte von sich, sie sei die "Kandidatin des Volkes". Macron auf der anderen Seite warf Le Pen vor, sie verkörpere den "Geist der Niederlage", sie verbreite "Dummheiten" und zeichne ein "negatives Bild von Frankreich". Er hingegen wolle die Stärke Frankreichs" aufbauen. Beide Kandidaten schenkten sich an dieser Redeschlacht nichts. Beide Kontrahenten hatten eine Schwachstelle: Le Pen vermischte am Anfang Zahlen und Aussagen. Stimme und Mimik verrieten, wenn sie nicht mehr weiter wusste. Bei Macron kam es bei unsicheren Momenten zu Ueberreaktionen (Unterbrechungsverhalten, Körperspräche). Macron argumentierte oft zu technokratisch, zu komplex. Dies hat die Verständlichkeit enorm beeinträchtigt. Ich gehe davon aus, dass diese Debatte keine grossen Verschiebungen mehr bewirken wird. Viele Beobachter beurteilten das Duell als Patt-Situation. Dies, obwohl Umfragen Macron offenbar die Gunst des Publikums eher für sich gewinnen konnte. Nur ein Drittel fanden Le Pen überzeugender.
Macron wird wohl das Rennen machen. Viele werden ihm wählen, nur weil sie Le Pen unbedingt verhindern wollen.

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