Der Schweizer Vorzeige-Pädagoge
Jürg Jegge soll einen
anvertrauten Schüler 13 Jahre lang missbraucht haben.
Jäggis Erstlingswerk "Dummheit ist lernbar" gilt als Standardwerk
für die Pädagogik ohne Zwänge. Wer kennt es nicht?
Nachdem der Journalist Hugo Stamm das neue Buch mit dem Titel
"Jürg Jegges dunkle Seite" an einer Medienkonferenz vorgestellt
hatte, horchte die Medienwelt auf. Markus Zangger erhebt darin schwere
Vorwürfe gegen den Pädagogen Jürg Jegge, der das Charisma
eines neuen Pestalozzis hatte. Zangger schildert, wie er vom bekannten
Sonderschullehrer über Jahre massiv missbraucht worden ist, nachdem
ihn dieser psychologisch abklärte und zum Sonderschüler
degradiert hatte. Zangger wurde in Jegges alternative Sonderschule
in einem Bauernhof ausserhalb Embrach versetzt. Juristen störte
es, dass Jegge mit der Veröffentlichung des Buches an den Pranger
gestellt worden ist. Bis ein Sachverhalt erhärtet ist, gelte für
alle die Unschuldsvermutung. Nach der Publikation der Vorwürfe
meldete sich nun aber auch noch ein zweites Opfer. Weil Jegge sich
bis anhin in Schweigen hüllte, glauben viele Leser die Geschichte.
Zumal wir wissen, dass gewisse Kinderfreunde für eine "Pädagogik
ohne Zwänge" in der sexuellen Befreiung nichts Anrüchiges
gesehen hatten. Dass die Oeffentlichkeit den Vorwürfen vorschnell
Glauben schenkt, ist auch den Pädagogen der Odenwaldschule zu
verdanken, die ein ungezwungenes Verhältnis mit der Sexualität
mit Jugendlichen hatten. Der bekannte grüne Politiker Daniel
Cohn-Bendit strauchelte bekanntlich an seiner fragwürdigen Haltung,
die er auch noch schriftlich geäussert hatte.
Es bleibt zu hoffen, dass die Vorwürfe rasch geklärt
werden, selbst wenn die Taten verjährt wären. Jürg
Jegge dürfte nicht länger schweigen. Entweder erfahren wir
ein Eingeständis oder er versichert der Oeffentlichkeit, dass
er unschuldig ist und alle Vorwürfe völlig aus der Luft
gegriffen sind.
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Der bekannte Pädagoge und Schriftsteller Jürg Jegge hat
erstmals zu den gegen ihn erhobenen Missbrauchsvorwürfe Stellung
bezogen. Er bestreitet nicht, dass es zu sexuellen Kontakten mit seinem
Schüler kam, hat aber eine etwas andere Sicht auf die Dinge. Die
Therapie würde er aber heute nicht mehr anwenden.
Markus Zangger, ein ehemaliger Sonderschüler von Jegge, hatte die
Vorwürfe im Buch "Jürg Jegges dunkle Seite" erhoben. Gemeinsam
mit dem Co-Autoren des Buchs, dem Journalisten und Autoren Hugo Stamm,
schilderte er seine verschiedenen Erlebnisse mit Jegge.
So soll es unter dem Vorwand einer therapeutischen Massnahme über
Jahre zu körperlichen Übergriffen gekommen sein, bei denen sie
beispielsweise gemeinsam onaniert hätten. Im Gespräch mit
der Nachrichtenagentur sda bestritt Jegge nicht, dass es zu sexuellen
Kontakten kam. "Es gab alle möglichen Kontakte, auch sexuelle",
sagte er.
Zangger sei auch nicht der einzige gewesen: "Es gab immer dann einen
sexuellen Kontakt, wenn ich das Gefühl hatte, es bringe etwas." Zu
dieser Zeit habe man von einer allgemeinen Befreiung gesprochen,
die eher zu erreichen wäre, wenn sie mit einer Befreiung des
Körpers und seiner Sexualität einherginge. "Nicht alle haben
diese Theorie vertreten, aber sie wurde diskutiert." Jegge betonte aber
auch, dass er die Therapie heute nicht mehr machen würde. "Bei all
meinem fortschrittlichem Lehrertum habe ich falsch eingeschätzt,
dass ich für die Schüler eine Autoritätsperson bin",
sagte er. Das habe er damals nicht gesehen.
Diese Problematik sei damals in der ganzen Diskussion in diesem
"rot-grünen Kuchen" auch nicht thematisiert worden. "Das kam erst
jetzt hervor."
Bezüglich des Buchs habe er aber eine andere Wahrnehmung
der Ereignisse, als Zangger sie schildere. "Ich habe unser ganzes
Verhältnis von Anfang bis zum Schluss anders gesehen", sagte
er. Zwar habe er gewisse Einzelheiten auch so in Erinnerung, wie sie im
Buch beschrieben seien, "an die meisten erinnere ich mich jedoch anders".
So erinnert er sich beispielsweise nicht daran, dass er so gewaltigen
Druck auf Zangger ausgeübt habe. "Es war für mich - vor
allem gegen Schluss - einfach eine gute Freundschaft." Im Rahmen dieser
hätten sie dann auch später noch - ausserhalb der Therapie - ein
paar Mal im gegenseitigen Einverständnis sexuellen Kontakt gehabt.
Dabei habe er nie das Gefühl gehabt, er habe Zangger unter Druck
gesetzt oder gemacht, dass sich dieser herabgesetzt fühlte, wie
Zangger im Buch schreibt. "Wir haben nach dem Sex oft darüber
geredet und beide sagten, sie hätten Spass gehabt." Dies sei auch
von Zangger aus gekommen, "und nicht nur von mir".
Jegge war vor allem vom Zeitpunkt der Bucherscheinung überrascht. Er
sei zwar von einigen ehemaligen Schülern gewarnt worden, dass
Zangger ein Buch schreibe, dachte aber nicht, dass es so schnell
veröffentlicht werde.
Am vergangenen Dienstagmorgen habe er schliesslich einen Anruf von Hugo
Stamm erhalten. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass er und Zangger ein Buch
geschrieben hätten, in dem er prominent vorkomme. Eine halbe Stunde
später wurde das Buch den Medien präsentiert.
"Ich musste zuerst mit der Situation fertig werden und ging auf
Tauchstation. Dann musste ich das Buch erst einmal lesen", sagte der
73-Jährige. Sein Telefon habe ununterbrochen geläutet. "Ich
habe in den vergangenen Tagen aber auch viel Solidarität erlebt."
Vor einiger Zeit bekam der bekannte Pädagoge von Zanggers Anwalt
ein Schreiben mit einer Geldforderung. Das Geld sei als Autorenhonorar
für die Mitwirkung am Buch "Dummheit ist lernbar" und als Genugtuung
für die sexuellen Übergriffe - die rechtlich verjährt
sind - gedacht gewesen.
"Da habe ich mir einen Anwalt genommen." Denn wenn er einfach gezahlt
hätte, wäre das als Beweis gesehen worden, dass er etwas
Unrechtes getan hätte. "Ich wollte mit Zangger zusammensitzen. Das
ist aber nie passiert." Schliesslich kam ein zweiter Brief mit einer
kleineren Geldforderung und nun die Veröffentlichung des Buchs.
Ob er rechtliche Schritte einleiten wird, liess Jegge noch offen. Er
müsse zuerst schauen, wie es weitergehe. Er wolle auch nicht gross
zurückschlagen, "sondern einfach meine Sicht schildern". Von seinen
verschiedenen Ämtern bei verschiedenen Institutionen, beispielsweise
seinem Amt als Ehrenpräsident der Stiftung Märtplatz, sei er
zurückgetreten, um diese aus der Schusslinie zu bringen. "Das ist
meine Geschichte. Es ist wichtig, dass die Institutionen weiter bestehen."
Jegge, der als Autor des Bestsellers "Dummheit ist lernbar" bekannt
wurde, erklärt sein Schweigen: "Ich habe das Buch von Herrn
Zangger noch nicht fertig gelesen. Es war sehr viel die letzten zwei
Tage. Ich brauche Zeit, um auf den Boden zu kommen." Die erhobenen
Vorwürfe werde er prüfen. Er hat sich einen Anwalt genommen
und will in den nächsten Tagen Stellung nehmen.
Jürg Jegge bricht sein Schweigen und gesteht die
Uebergriffe. Juristisch haben seine Taten keine Folgen mehr. Die
Uebergriffe sind verjährt. Bedenklich sind folgendeAussagen
Jegges: Er habe alles in anderer Erinnerung. Er sei überzeugt
gewesen, dass. wenn der Körper befreit werde, auch der ganze
Mensch befreit würde. Der bekannte Reformpädagoge
verlangte, dass die Kinder schweigen, weil die Handlungen damals
(sprich Therapie) nicht verstanden worden sei und bestraft
worden wäre. Wie in der Odenwaldschule, scheiterte Jegge,
wie Daniel Cohn-Bendit an der fragwürdigen Ideologie der
Reformpädagogik.