Viele Politiker werden von PR Spezialisten betreut, die auf das
Image ihres Kunden bedacht sind. Denn bei einem missliebigen
Partner publizieren die Medien gerne ein unvorteilhafte Aufnahme und
umgekehrt. Dass die Medien keine PR Fotes schätzen, ist ebenfalls
verständlich.
Die Persönlichkeit vereinbart mit dem Journalisten: "Sie dürfen
fotografieren, aber ich darf entscheiden, welche Aufnahme publiziert
wird." Eine Vereinbarungen vor dem Interview kann helfen, das Recht auf Bild
und Wort zu klären.
Blick:
Staatssekretärin Pascale Baeriswyl wollte sich bei einem
nterviewtermin nicht fotografieren lassen. Was etwas über
Pressefreiheit und sie sagt. Nur dieses unaktuelle Foto wurde durch die
Pressestelle des EDA freigegeben: Staatssekretärin Pascale Baeriswyl.
Seit über hundert Tagen amtet Pascale Baeriswyl (48) als
Staatssekretärin. Anfang April übernimmt die oberste Diplomatin
der Schweiz zudem das schwierige Europa-Dossier.
Beides gute Gründe, den Medien längere Interviews zu
gewähren. Letzten Samstag redete Baeriswyl erstmals in der Aargauer
"Schweiz am Wochenende". Ein Termin für BLICK für Donnerstag
angesetzt. Neben einer Journalistin und einem Journalisten sollte wie
üblich ein Fotograf am Interview teilnehmen. Er würde kurz
während des Gesprächs fotografieren, danach ein Porträt
machen.
Umgehend kam von der Pressestelle des Eidgenössischen Departements
für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ein Nein. Es sei nicht
möglich, einen Fotografen mitzunehmen. Frau Baeriswyl habe sich
im Vorfeld fotografieren lassen. Einzig diese Bilder stünden den
Medien zur Verfügung.
Nicht journalistische Fotos sollten das Interview mit Pascale Baeriswyl
illustrieren - sondern PR-Bilder. Das gelte für alle, so das
EDA. Dass für BLICK Fotos wichtig seien, änderte so wenig wie
mehrfaches Nachfassen.
Wegen dieser Bedingungen entschied sich die BLICK-Chefredaktion, auf
das Interview zu verzichten. Zumal sich vor kurzem auch Fotoagenturen
gegen die Schweizer Grossbanken wehrten. Diese wollen ebenfalls
kontrollieren, wie ihre Chefs gezeigt werden: UBS-CEO Sergio Ermotti (56)
und CS-Chef Tidjane Thiam (54) sollen während Medienkonferenzen
nicht fotografiert werden.
Am Tag der Absage meldete sich Staatssekretärin Baeriswyl
persönlich per Mail: "An diesem 8. März gestehe ich Ihnen auch,
dass es Frauen halt offenbar mehr stresst, wenn dann auch noch neben
dem Interview ein Fotograf erscheint. Mir geht es jedenfalls so."
Mail wie Absage werfen Fragen auf. Beschneidet die Bundesverwaltung die
Pressefreiheit, wenn sie wie Konzerne die Medien mit vorfabrizierten
Fotos bedient? Sicher ist: Bundesräte wie Spitzenbeamte umgeben sich
immer mehr mit PR-Leuten, die sich um das Image ihrer Chefs kümmern.
Und: Wie belastbar ist die wichtigste Schweizer Diplomatin, wenn
die Präsenz eines Fotografen sie "stresst"? Was, wenn sie am
Verhandlungstisch einem hinterhältigen Gesprächspartner
gegenüber sitzt?
Für Bundesrat Didier Burkhalter (56) war es ein Triumph, mit
Baeriswyl erstmals eine Frau ins Amt des EDA-Staatssekretärs zu
hieven. Endlich eine Frau im anspruchsvollsten EDA-Job.
Sucht Pascale Baeriswyl nun Schutz hinter ihrem Geschlecht? Oder verdient
die Staatssekretärin einfach Respekt, weil sie im Gegensatz zu
vielen Männern zu Schwächen steht? Gerne fotografieren lassen
sich nämlich die wenigsten.