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Bundesrat vom 1071-1986, haben sich am 3. März
über das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft unterhalten.
Es gab dabei legendäre Momente. So begann Frisch mit einem langen
Monolog, den Furgler mit der Frage, ob er auch Guten Abend sagen könne,
konterte. Frisch seinerseits hatte die Lacher auf seiner Seite, als er meinte,
Frisch Zitate mache ihn nervös.

Am 3. März 1978 sendet das Schweizer Fernsehen das rhetorische
Aufeinandertreffen von Max Frisch und Bundesrat Kurt Furgler. Moderiert
wird der Abend von Heiner Gautschy vor Publikum.
Im Abstand der Jahre hat sich dieses Aufeinandertreffen in den
Köpfen derer, die sich daran erinnern, zum Highlight verklärt.
Besonders in Erinnerung ist der Start von Frisch mit einem Frontalangriff
auf Furgler. Der dauert drei Minuten. Bis Furgler Frisch mit der Frage
unterbricht, ob er wenigstens "Guten Abend" sagen dürfe.
Furgler hat die Lacher auf seiner Seite und nimmt Frisch mit seiner
Bewunderung für den Dichter den Wind aus den Segeln.
Yves Bossart beschäftigt sich mit den wichtigen Fragen des
menschlichen Daseins: "Wer bin ich? Wie werde ich glücklich?"
Der geborene Luzerner versucht, die grossen Themen des Lebens
verständlich zu vermitteln, zum Beispiel im Projekt "Filosofix",
oder auch als Moderator von "Sternstunde Philosophie", als Buchautor
und als Lehrer.
Stellt man Yves Bossart, dem Moderator der "Sternstunde Philosophie",
heute diese Frage, verweist er auf ganz verschiedene philosophische
Sichtweisen: Während Horaz noch von "nützen und erfreuen"
spreche, plädiere Schiller für die "Schaubühne als
moralische Anstalt" - mit Welt- und Selbsterkenntnis.
Die kritische Distanz der Künstler zur Gesellschaft lasse sich
bei Adorno als Position finden: Kunst müsse wehtun. Sie müsse
den Zeitgeist spiegeln, wie Hegel das nannte, während es für
Marx nicht reicht, den Spiegel vorzuhalten, da gehöre schon ein
Hammer her.
Bossart selbst findet: "Gute Kunst ist utopische Gesellschaftskritik.
Sie verändert unsere Sichtweise, im Idealfall unser Leben."
Die Plattentektonik unserer Seele
Künstler nehmen oft für sich in Anspruch, Fragen zu stellen,
Antworten hätten sie keine. Reicht das noch? "Ja, wenn die Fragen
gut sind", sagt Bossart: "Neue Fragen öffnen neue Denkhorizonte
und können meine ganze Welt auf den Kopf stellen."
Die Rolle der Künstler sei damals wie heute, "uneinig zu sein mit der
eigenen Zeit. Das gibt dem Künstler seine Daseinsberechtigung." Sagt
Bossart und zitiert damit André Gide.
Er selbst würde die Künstlerrolle so beschreiben: "Künstler
sind Randständige, mit einem Blick von ausserhalb. Sie irritieren
und berühren. Wir Zuschauer und Leser können in fremde
Welten eintauchen und dadurch die eigene besser verstehen." Kunst
sei wichtig, sagt Bossart, "weil wir Narrationen brauchen, um die
Wirklichkeit zu begreifen." Zusatzinhalt überspringen In welchem
Verhältnis steht ein Dichter zur Gesellschaft? Wir haben diese
Frage dem Schriftsteller Lukas Bärfuss gestellt. Kunst ist weniger
politisch als utopisch
Sie löse keine Detailprobleme und suche keine Kompromisse, "sondern
setzt bei der Wurzel an, ähnlich wie die Philosophie." Gelungene
Kunst gehe tief: "Sie bewegt die Plattentektonik unserer Seele, und
leitet uns anschliessend wie ein neues Lebensideal."
Im Film sieht Bossart das mächtigste künstlerische Medium der
Gegenwart. "Diese #Gesamtkunstwerke# spiegeln den Zeitgeist und sind
damit wichtig für unser Selbstverständnis. Im Gegensatz zur
Museumskunst erreichen sie auch die breite Gesellschaft, ähnlich
wie Kunst im öffentlichen Raum."
Wie aktuell Kunst sein soll, darüber scheiden sich die Geister,
etwa wenn es um Kunstwerke geht, die das Schicksal flüchtender
Menschen zum Inhalt haben.
Yves Bossart geht es a priori nicht um Aktualität, sondern um
Ästhetik: "Aus meiner Sicht braucht es immer einen ästhetischen
Mehrwert. Die Botschaft allein reicht nicht. Es braucht eine Idee, wie
man diese Botschaft transportiert. Inhalt und Form sollten untrennbar
verbunden sein. Wenn man dasselbe auch anders sagen kann, ist es keine
gute Kunst." Inszenierte Realität versus realistische Inszenierung
Wir leben im postfaktischen Zeitalter, das Schlagwort unserer Tage.
Während im Theater Rimini Protokoll oder Milo Rau dokumentarisch
arbeiten, bedient sich etwa die amerikanische Administration eines
driftenden Wirklichkeitsbegriffs. Theatralik und Wirklichkeit vertauschen
die Bühnen.
Bossart sagt, Kunst schaffe den "Raum, wo man Zeit hat, über das
moralische Elend der Welt nachzudenken. Ansonsten versinken wir in einer
Flut von News und Negativmeldungen. Erst durch die Kunst verstehen wir,
was da draussen tagtäglich passiert."