Die Trump Rhetorik wird uns noch lange in Atem halten.
Zur Kraft der einfachen Sprache
Persoenlich blog
Nach den Analysen über das Phänomen Trump lohnt es sich, die
Trump Rhetorik unter die Lupe zu nehmen. Trotz abgehackter Sätze,
stetiger Gedankensprünge wurde Trump zur Überraschung der
gesamten Medienwelt zum Präsidenten der Vereinigten Staaten
gewählt. Er konnte es sich leisten, sich zu verhaspeln. Seine
Art zu Reden hat jedenfalls nichts mit dem üblichen Sprechen von
Magistraten zu tun. Trump nimmt sich das Privileg, so zu reden, wie
es ihm passt. Er reiht die Gedanken aneinander, wie sie ihm gerade
einfallen. Erstaunlicherweise übt seine supersaloppe Art zu
sprechen für viele einen sonderbaren Reiz aus. Noch nie hat ein
Präsident so geredet, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Wenn
Trump sich öffentlich äussert, hat man stets das Gefühl,
er unterhalte sich beim Bier.
Linguisten bezeichnen Trumps Sprache als schludrig. Seine Art zu Sprechen
entspricht aber dem Zeitgeist der 60iger Jahre, als Mode, Sexualität
und vieles mehr zwangsloser geworden war. Gestelztes Reden ist heute
nicht nicht mehr gefragt.
Kommt dazu, dass die Medien einfaches und verständliches
(strassengängiges) Reden schätzen. Der Trend lautet: Echtheit,
verständliches freies Reden! Trump überträgt den Twitter
Stil (Aussagen auf 140 Zeichen begrenzt) auf seine Alltagsrhetorik.
Es gab noch nie einen Präsidenten, der gar keine sprachlichen
Ambitionen hatte. Nach der Wahl wird nun aber nach und nach klar,
welche Risiken planloses Drauflosreden birgt. Trumps Aussagen sind gar
nicht immer so verständlich, wie es die "volksnahen" Wortfetzen
vortäuschen.. Man fragt sich: Was wollte er eigentlich sagen?
Sprachwissenschaftler ordnen die Einfachheit von Trumps Sprache unter
dem Begriff "basic level cognition" ein. Damit sind Wörter,
gemeint, die sinnlich wahrnehmbar sind. Ich bezeichne diese Art sich
auszudrücken als "sinnvolles Kommunizieren". Aussagen sind beim
sinnvollen reden wahrnehmbar (anfassen, sehen, hören schmecken).
Wer so spricht oder schreibt, dass die Sinne angesprochen werden,
spricht wirksamer. Im Gegensatz zu Trump hat Hillary Clinton vor allem
mit Statistiken argumentiert, statt so zu reden, dass man ihre Aussage
"sah". Nicht umsonst wird in der Medienrhetorik empfohlen:
Erzählt ein Beispiel. Koppelt die Botschaft mit einer Geschichte.
Konkrete Details haften erfahrungsgemäss im Langzeitgedächtnis.
Trumps Populismusstorys haben sich in der Wahlkampfphase bewährt. Nun
müsste er jedoch den Uebergang zu einer angemessenen Amtssprache
schaffen. Im weissen Haus gelten andere Regeln.
Die Aussage "Krumme Hillary, sperrt sie ein!" hat Trump bereits in
der Wahlnacht geändert. Er sagte, er wolle Hillary nicht weiter
verfolgen, sie müsse genesen. Doch seine grosszügige Haltung
dauerte nicht lange an. Er wiederholt kurz darauf, Clinton sei eine
Kriminelle.
Ich bezweifle, dass sich der 45. Präsident der Vereinigten Staaten
einer anderen Rhetorik bedienen kann als während der Wahlkampfphase.
Die rhetorischen Muster wird (oder kann) wohl Trump nicht mehr ablegen.
Wenn er frei - ohne Manuskript - spricht, redet Trump recht schnell
und folgt impulsiv dem Lauf seiner Gedanken. Das zeigt sich vor allem
in seinen Interviews. Er benötigt fast eine Minute für eine
spontane Antwort.
Generell steht fest: Trump reiht kurze Gedanken - meist Hauptsätze -
aneinander. Diese bestehen aus eingängigen kurzen Wortfetzen. Er
kann Sätze abbrechen, um in später wieder aufzunehmen. Was
ferner auffällt, sind seine Abschweifungen, die Randbemerkungen und
Fussnoten. Es besteht bei seinen Formulierungen immer die Gefahr, dass der
Zusammenhang fehlt. Trump vermeidet Satzgefüge mit Nebensätzen.
Er nutzt auch immer wieder die Macht der Wiederholung.
Fazit: Donald Trump dent, dass er sagen kann, was ihm gefällt,
und dass es für ihn keine Konsequenzen gibt. Deswegen wurde er von
vielen nicht ernst genommen. Einen Typ wie ihn kann am Ende des Tages
eigentlich niemand ernst nehmen. Das war die gängige Meinung, sie lag
komplett daneben. Mit seinen Provokationen und fragwürdigen Aussagen
bringt er die Medien zum tanzen. Trump will seinen Anhängern zeigen:
Ich bleibe mir treu und verbiege mich nicht. Vermutlich wird er sein
sonderbares Verhalten gar nicht ablegen. Ich prognostizierte schon vor
Monaten, Ihm ist die Medienpräsenz wichtig.Er muss im Rampenlicht
stehen und könnte es ist nicht ausgeschlossen, dass er es geniesst,
wenn man ihn fürchtet. Trump sei unberechenbar und man könne
bei ihm mit weiteren Ueberraschungen rechnen. Dass sich Trump mit
seinem exzentrischen Verhalten selbst das Grab schaufelt, ist gar nicht
sicher (Es gibt Prognostiker, die bereits ein Amtenthebungsverfahren
prophezeien). Es muss weiterhin damit gerechnet werden, dass der
Präsident nicht von der Bildfläche verschwinden wird. Er
hat die Medienwelt gewaltig aufgemischt. Kritik perlt an ihm ab. Sie
bestärkt ihn höchstens, dass er berufen ist, Amerika wieder
gross zu machen. Eines ist sicher: Dank seiner Provokationen ist Trump
die Medienpräsenz noch lange gesichert Denn auch Trump Bashing
ist Medienfutter.
Nachtrag vom 16. Januar: Eine Pressekonferenz:
Blick
Stephen Colbert lacht über die 70 Minuten Pressekonferenz.
Er nennt es die Stresskonferenz.