Es ist ein altes Thema das schon Plato faszinierte:
wie soll Demokratie mit
Populismus umgehen?
Ein
"Die Welt" Artikel vom Jahre 2014 nennt populismus das ``süssen Gift"
um Politik zu machen und errinnert, dass schon er Name
Demokratie
eine Griechische, im
Populismus eine Römische Wurzel hat.
Vom Artikel beginnt mit der Frage:
Demokratie meint die Methode, im vernünftigen Diskurs Macht zu
übertragen, auszuüben und zu zähmen. Populismus meint den
Appell an einfache Instinkte, Schmeichelei der Massen, Vereinfachung
der Sachverhalte. Sind Demokratie und Populismus einander zugewandt,
von ähnlicher DNA, oder stehen sie auf immer im polaren Gegensatz?
und warnt zum Schluss
Es gibt kein Naturgesetz, nach dem die Zahl der Populisten immer
zunimmt. Es ist aber absehbar, dass, wenn die Indifferenz unter den
Wählern wächst, die Politiker eines Tages allein stehen - das
dürfte dann der Anfang vom Ende der parlamentarischen Demokratie
sein, im schlimmsten Fall Demagogie, im besten Technokratie. Oder eine
Mischung aus beidem. Die Demokraten sind gewarnt.
Tatsächlich birgt die Präsenz vom Populismus
auch die Gefahr, dass die Demokratie selbst und Mehrheitsentscheide in Frage gestellt wird:
Verteufelter Populismus
Im deutschen Fernsehen wurde nach der überraschenden Trump-Wahl
der sogenannte Populismus verteufelt, alle patriotischen Parteien als
Populisten gebrandmarkt und mit sämtlichen Parteien am rechten
Flügel in den gleichen braunen Topf geworfen. Im Grunde genommen
werden damit auch demokratische Entscheide in Frage gestellt.
Mich erstaunten folgende einseitige Aussagen, die ich in zahlreichen
Analysen und Kommentaren vernommen hatte: - Wenn das Volk "falsch"
entscheidet, muss man sich fragen, ob wir überhaupt das Volk
entscheiden lassen sollen. - Das Volk ist unfähig, differenziert
zu denken. - Das Volk lässt sich verführen. - Volksentscheide
lassen den Populismus erstarken. - Die Mehrheit hat nicht immer recht,
deshalb stösst die direkte Demokratie an Grenzen. - Populismus
ist gefährlich, weil bei Mehrheitsentscheiden die Minderheiten
unter die Räder kommen. - Der fragwürdige Entscheid in den
USA verdeutlicht, dass man bei wichtigen Fragen das Volk nicht allein
entscheiden lassen darf.
Nicht nur in der ARD versuchten in den letzten Tagen Moderatoren,
Politologen und Analytiker alle Bewegungen auf der rechten Seite -
AfD, Trump-Anhänger, die Le-Pen-Bewegung in Frankreich usw.,
aber auch die SVP in der Schweiz - als nationalistisch, populistisch,
nationalkonservativ oder rechtsextrem abzustempeln. In verschiedensten
Sendegefässen wurde die Bevölkerung immer wieder vor
Volksbewegungen gewarnt.
Es zeigt sich, dass für Länder, welche die Demokratie nicht
gekannt haben, Volksentscheide ungewohnt sind und vermutlich deshalb nicht
geschätzt werden. Für viele meiner Freunde in Deutschland ist
die direkte Demokratie auf ihren Staat nicht übertragbar. Ein
Journalist aus dem süddeutschen Raum sagte mir: "Bei der
Einwanderungsfrage hat sich gezeigt: Wir können froh sein, dass
wir keine direkte Demokratie haben." Deutschland kennt weder Referendum
noch Initiative.
Als direkte Demokratie wird - im Gegensatz zu der in vielen anderen
Staaten der Welt üblichen parlamentarischen Demokratie - die in der
Schweiz heimische Variante der Demokratie bezeichnet, bei der das Volk
nicht nur über Wahlen, sondern durch häufige Volksabstimmungen
direkten Einfluss auf die Politik nehmen kann.
Zweifel an den Volksentscheiden sind nichts Neues. In Diskussionen
mit Studenten dominierte bereits vor Jahren der Einwand: Das Volk kann
komplexe Zusammenhänge gar nicht erfassen. Es fehlt die Kompetenz
bei Laien. Deshalb sei es besser, wenn wir bei nachhaltigen Entscheiden
(beispielsweise Umweltschutz) Experten entscheiden lassen. Es trifft
tatsächlich zu: Im Alltag können zahlreiche Volksentscheide
hinterfragt werden.
Demokratisch gefällte Mehrheitsentscheide sind aber viel weniger
gefährlich, als Entscheide, welche von Monarchen oder Technokraten
zu schnell umgesetzt werden und dann vom Volk nicht mehr korrigiert
werden können.
Übrigens: Statt jene Parteien, die bei der Bevölkerung ankommt,
als Populisten zu verschreien, müssten andere Parteien die Sorgen
und Nöte des Volkes ernster nehmen. Dies hat erstaunlicherweise
die amerikanische Presse nach der Trump-Wahl selbstkritisch
eingestanden. Viele Politiker und Journalisten wüssten derzeit gar
nicht mehr, was den Stimmberechtigten unter den Nägeln brennt.
Der Begriff "Populist" deutet eigentlich nur darauf hin, dass die Sorgen
der Bevölkerung thematisiert und ernst genommen werden. Heute
wird der Begriff leider bewusst nur noch mit negativen Vorzeichen
versehen. Für mich gilt nach wie vor folgendes Churchill-Zitat:
"Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen
alle anderen."
Aus einem
Faz Artikel:
Populisten eint vor allem das Auflehnen gegen Obrigkeiten
Man muss nur einige Namen aufzählen, um zu erkennen, dass es sich
bei dieser Idee der Volksherrschaft nicht um ein deutsches Phänomen
handelt: Trump, Le Pen, Kaczynski, Wilders, Strache, Johnson. Alle wettern
sie gegen Obrigkeiten und versprechen den Bürgern die Freiheit von
allen empfundenen Zumutungen. Das scheint die eigentliche Gemeinsamkeit
der Populisten zu sein, nicht der Zorn von Globalisierungsverlierern
oder die Unsicherheit in Zeiten des Terrorismus.
Bei Platon endet diese Entwicklung in der Tyrannei, weil ein Teufelskreis
in Gang kommt. Je stärker der Zorn gegen die Autoritäten der
demokratischen Gesellschaft wird, desto stärker sprechen diese
mit einer Stimme. Sie lehnen den neuen Populismus ab und kritisieren
dessen Wortführer. Sie warnen vor dem Ende der Republik. In der
Empfindung des Volkes werden sie dadurch erst Recht zu jener Oligarchie,
die zu sein ihnen vorgeworfen wird.
Stichwort: "Altparteienkartell" und "Lügenpresse". Das Volk
wählt in Platons Experiment einen Volkstribunen zum Anführer,
der die "Oligarchie" zerschlagen soll. Jeder, der sich gegen den
Volkswillen wendet, gilt als Verräter. Als die Bürger merken,
dass der Volkstribun nach dem Sieg über alle Autoritäten die
einzig verbliebene Instanz ist, den Volkswillen zu interpretieren, ist
es zu spät. Wer ihm widerspricht, verrät das Volk, und was das
Volk will, weiss nur er. Wahlen gewinnt er, weil es keine Alternative
mehr zu ihm gibt. Der Pluralismus ist tot, ein Autokrat ist geboren.
Heute braucht man nicht in Hysterie verfallen. Es ist nicht notwendig,
gleich vom Ende der Republik zu sprechen, nur weil ein bärtiger
Philosoph vor 2400 Jahren dieser Meinung war. Es genügt, die Gefahr
zu erahnen, dass nicht nur der nach Diktatur strebende Extremismus,
sondern auch der nach ungezügelter Freiheit strebende Populismus
in eine Katastrophe münden kann.