Rhetorik.ch

Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com
Aktuell Artikel Artikel Inhaltsverzeichnis Suche in Rhetorik.ch:

www.rhetorik.ch aktuell: (15. Nov, 2016)

Demokratie und Populismus

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Es ist ein altes Thema das schon Plato faszinierte: wie soll Demokratie mit Populismus umgehen? Ein "Die Welt" Artikel vom Jahre 2014 nennt populismus das ``süssen Gift" um Politik zu machen und errinnert, dass schon er Name Demokratie eine Griechische, im Populismus eine Römische Wurzel hat. Vom Artikel beginnt mit der Frage:
Demokratie meint die Methode, im vernünftigen Diskurs Macht zu übertragen, auszuüben und zu zähmen. Populismus meint den Appell an einfache Instinkte, Schmeichelei der Massen, Vereinfachung der Sachverhalte. Sind Demokratie und Populismus einander zugewandt, von ähnlicher DNA, oder stehen sie auf immer im polaren Gegensatz?
und warnt zum Schluss
Es gibt kein Naturgesetz, nach dem die Zahl der Populisten immer zunimmt. Es ist aber absehbar, dass, wenn die Indifferenz unter den Wählern wächst, die Politiker eines Tages allein stehen - das dürfte dann der Anfang vom Ende der parlamentarischen Demokratie sein, im schlimmsten Fall Demagogie, im besten Technokratie. Oder eine Mischung aus beidem. Die Demokraten sind gewarnt.
Tatsächlich birgt die Präsenz vom Populismus auch die Gefahr, dass die Demokratie selbst und Mehrheitsentscheide in Frage gestellt wird: Verteufelter Populismus
Im deutschen Fernsehen wurde nach der überraschenden Trump-Wahl der sogenannte Populismus verteufelt, alle patriotischen Parteien als Populisten gebrandmarkt und mit sämtlichen Parteien am rechten Flügel in den gleichen braunen Topf geworfen. Im Grunde genommen werden damit auch demokratische Entscheide in Frage gestellt. Mich erstaunten folgende einseitige Aussagen, die ich in zahlreichen Analysen und Kommentaren vernommen hatte: - Wenn das Volk "falsch" entscheidet, muss man sich fragen, ob wir überhaupt das Volk entscheiden lassen sollen. - Das Volk ist unfähig, differenziert zu denken. - Das Volk lässt sich verführen. - Volksentscheide lassen den Populismus erstarken. - Die Mehrheit hat nicht immer recht, deshalb stösst die direkte Demokratie an Grenzen. - Populismus ist gefährlich, weil bei Mehrheitsentscheiden die Minderheiten unter die Räder kommen. - Der fragwürdige Entscheid in den USA verdeutlicht, dass man bei wichtigen Fragen das Volk nicht allein entscheiden lassen darf. Nicht nur in der ARD versuchten in den letzten Tagen Moderatoren, Politologen und Analytiker alle Bewegungen auf der rechten Seite - AfD, Trump-Anhänger, die Le-Pen-Bewegung in Frankreich usw., aber auch die SVP in der Schweiz - als nationalistisch, populistisch, nationalkonservativ oder rechtsextrem abzustempeln. In verschiedensten Sendegefässen wurde die Bevölkerung immer wieder vor Volksbewegungen gewarnt. Es zeigt sich, dass für Länder, welche die Demokratie nicht gekannt haben, Volksentscheide ungewohnt sind und vermutlich deshalb nicht geschätzt werden. Für viele meiner Freunde in Deutschland ist die direkte Demokratie auf ihren Staat nicht übertragbar. Ein Journalist aus dem süddeutschen Raum sagte mir: "Bei der Einwanderungsfrage hat sich gezeigt: Wir können froh sein, dass wir keine direkte Demokratie haben." Deutschland kennt weder Referendum noch Initiative. Als direkte Demokratie wird - im Gegensatz zu der in vielen anderen Staaten der Welt üblichen parlamentarischen Demokratie - die in der Schweiz heimische Variante der Demokratie bezeichnet, bei der das Volk nicht nur über Wahlen, sondern durch häufige Volksabstimmungen direkten Einfluss auf die Politik nehmen kann. Zweifel an den Volksentscheiden sind nichts Neues. In Diskussionen mit Studenten dominierte bereits vor Jahren der Einwand: Das Volk kann komplexe Zusammenhänge gar nicht erfassen. Es fehlt die Kompetenz bei Laien. Deshalb sei es besser, wenn wir bei nachhaltigen Entscheiden (beispielsweise Umweltschutz) Experten entscheiden lassen. Es trifft tatsächlich zu: Im Alltag können zahlreiche Volksentscheide hinterfragt werden. Demokratisch gefällte Mehrheitsentscheide sind aber viel weniger gefährlich, als Entscheide, welche von Monarchen oder Technokraten zu schnell umgesetzt werden und dann vom Volk nicht mehr korrigiert werden können. Übrigens: Statt jene Parteien, die bei der Bevölkerung ankommt, als Populisten zu verschreien, müssten andere Parteien die Sorgen und Nöte des Volkes ernster nehmen. Dies hat erstaunlicherweise die amerikanische Presse nach der Trump-Wahl selbstkritisch eingestanden. Viele Politiker und Journalisten wüssten derzeit gar nicht mehr, was den Stimmberechtigten unter den Nägeln brennt. Der Begriff "Populist" deutet eigentlich nur darauf hin, dass die Sorgen der Bevölkerung thematisiert und ernst genommen werden. Heute wird der Begriff leider bewusst nur noch mit negativen Vorzeichen versehen. Für mich gilt nach wie vor folgendes Churchill-Zitat: "Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen."
Aus einem Faz Artikel:
Populisten eint vor allem das Auflehnen gegen Obrigkeiten Man muss nur einige Namen aufzählen, um zu erkennen, dass es sich bei dieser Idee der Volksherrschaft nicht um ein deutsches Phänomen handelt: Trump, Le Pen, Kaczynski, Wilders, Strache, Johnson. Alle wettern sie gegen Obrigkeiten und versprechen den Bürgern die Freiheit von allen empfundenen Zumutungen. Das scheint die eigentliche Gemeinsamkeit der Populisten zu sein, nicht der Zorn von Globalisierungsverlierern oder die Unsicherheit in Zeiten des Terrorismus. Bei Platon endet diese Entwicklung in der Tyrannei, weil ein Teufelskreis in Gang kommt. Je stärker der Zorn gegen die Autoritäten der demokratischen Gesellschaft wird, desto stärker sprechen diese mit einer Stimme. Sie lehnen den neuen Populismus ab und kritisieren dessen Wortführer. Sie warnen vor dem Ende der Republik. In der Empfindung des Volkes werden sie dadurch erst Recht zu jener Oligarchie, die zu sein ihnen vorgeworfen wird. Stichwort: "Altparteienkartell" und "Lügenpresse". Das Volk wählt in Platons Experiment einen Volkstribunen zum Anführer, der die "Oligarchie" zerschlagen soll. Jeder, der sich gegen den Volkswillen wendet, gilt als Verräter. Als die Bürger merken, dass der Volkstribun nach dem Sieg über alle Autoritäten die einzig verbliebene Instanz ist, den Volkswillen zu interpretieren, ist es zu spät. Wer ihm widerspricht, verrät das Volk, und was das Volk will, weiss nur er. Wahlen gewinnt er, weil es keine Alternative mehr zu ihm gibt. Der Pluralismus ist tot, ein Autokrat ist geboren. Heute braucht man nicht in Hysterie verfallen. Es ist nicht notwendig, gleich vom Ende der Republik zu sprechen, nur weil ein bärtiger Philosoph vor 2400 Jahren dieser Meinung war. Es genügt, die Gefahr zu erahnen, dass nicht nur der nach Diktatur strebende Extremismus, sondern auch der nach ungezügelter Freiheit strebende Populismus in eine Katastrophe münden kann.

Rhetorik.ch 1998-2016 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com