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www.rhetorik.ch aktuell: (12. Okt, 2016)

Das Recht im Museum zu fotographieren

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
17 Gemälde aus der Sammlung des Reiss-Engelhorn Museums sind zwischen 1660 und 1900 gemalt worden. Sind die Bilder nun gemeinfrei? Ein Langer Streit zwischen einem Wikipedia Autor und den Museum ist nun enschieden worden. Die von einem Museumsfotografen aufwändig erstellten Fotografien der Gemälde nach dem Urheberrecht einen eigenständigen Schutz als Lichtbilder. Das ist noch verständlich. Mehr fraglich ist der Entscheid, dass Fotos die vom Wikipedia-Autor selbst erstellt worden sind, unzulässig sind. Das Museum darf alleine darüber entscheiden, wer Fotos von Ausstellungsgegenständen ins Netz stellen darf - sofern das Museum auch das Eigentumsrecht an den Gegenständen besitzt.
Die Geschichte wurde auf zwei Heise Artikeln behandelt: Heise:
Nachdem die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen die Betreiber der Online-Enzyklopädie Wikipedia im Sommer vergeblich abgemahnt hatten, geht der Streit nun vor Gericht. Wie Wikimedia Deutschland berichtet, ist die Klage inzwischen bei dem Berliner Verein und der Wikimedia Foundation eingetroffen. Gegenstand des Rechtsstreits sind Bilder mehrerer historischer Gemälde, die 2006 von einem deutschen Wikipedia-Nutzer in die Multimedia-Datenbank Wikimedia Commons hochgeladen wurden - darunter ein bekanntes auf 1862 datiertes Porträt Richard Wagners, das von Cäsar Willich gemalt worden war. Wie die Anwälte der Stadt Mannheim ausführen, ist das ausstellende Museum in der Vergangenheit vielfach erfolgreich gegen die Nutzung der Bilder vorgegangen - so hatte eine New Yorker Bildagentur das Wagner-Motiv im Internet zum Kauf angeboten. Ein anderer Anbieter hatte das Porträt auf Souvenirs gedruckt, die aus Sicht des Museums unpassend waren. Das Museum beansprucht ein Recht an den Fotografien der Bilder, die 1992 von einem angestellten Museumsfotografen für einen Sammelband erstellt worden war. Die historischen Originale sind hingegen gemeinfrei. Landgericht Köln sieht Urheberrechtsschutz In der Klage vor dem Landgericht Berlin fordern die Anwälte nun, dass die Wikimedia Foundation die Bilder löschen muss und Wikimedia Deutschland vom Gericht angewiesen werde, von der Domain Wikipedia.de nicht mehr auf die betreffenden Bilder weiterzuleiten. Die Kläger gehen dabei mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vor: So verklagten sie parallel auch den Wikipedia-Autor, der die Bilder hochgeladen hatte. Verschiedene Nachnutzer, die das Bild aus der Wikipedia übernommen hatten, bekamen ebenfalls teure Post von Anwälten der Stadt. Das Museum hatte bereits im Mai einen Beschluss des Landgerichts Berlin erreicht, wonach die in Frage stehenden Fotografien noch Urheberrechtsschutz geniessen. Allerdings fielen die Bilder nicht unter den vollen Schutz von "Lichtbildwerken", der sich bis 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen erstreckt, sondern nur auf die Regelung für "Lichtbilder", die nach aktueller Gesetzgebung bis zu 50 Jahre nach der Veröffentlichung geschützt sind und keine eigenständige gestalterische Leistung voraussetzen. Dieser Interpretation widersprechen die Wikipedia-Betreiber. Sie halten die Bilder nach wie vor online und vertreten die Auffassung, dass die originalgetreuen Digitalisate keine neuen Urheberrechtsansprüche begründen können. "Schutzfristen sind allein dadurch legitimiert, dass sie enden", erklärt Christian Rickerts, der geschäftsführende Vorstand von Wikimedia Deutschland, in einem Blogeintrag. Dem Mannheimer Museum wirft er eine "Fristverlängerung durch die Hintertür" vor. Die Erstellung der Fotografie sei ein technischer Akt, keine kreative Leistung. "Es kann auch eine zeitintensive und aufwändige Arbeit sein, ein Modellauto aus einem Bausatz zu basteln. Und trotzdem entstehen bei dieser Art der originalgetreuen Reproduktion keine neuen Urheberrechte", schreibt Rickerts. Die Wikimedia Foundation äussert sich ähnlich und verweist auf die gute Zusammenarbeit mit anderen Museen, die die von ihnen verwahrten Werke freiwillig unter freien Lizenzen veröffentlichen. Es ist nicht der erste Streitfall dieser Art. Bereits 2009 hatte die Londonder National Portrait Gallery die Löschung von Bildern historischer Porträts aus der Wikipedia verlangt, scheiterte aber am Widerstand der Wikipedianer. [Update 25.11.2015 - 7:30 Uhr] Wie die Rechtsanwaltskanzlei Hoesmann berichtet, scheiterte das Mannheimer Museum bereits Ende Oktober vor dem Amtsgericht Nürnberg mit einer Klage wegen Verwendung des Wagner-Porträts. Das Gericht wertete die Bemühungen des Museums als unzulässige Verlängerung der gesetzlichen Schutzfristen. Entscheidend für die Klageabweisung war, dass das Museum Besuchern die Anfertigung eigener Fotografien verbietet. "Obwohl es sich bei dem abfotografierten Gemälde um ein gemeinfreies Werk handelt, ist es dabei letztlich dem betrachtenden Publikum nicht möglich [..] das genannte Gemälde zu nutzen oder zu eigenen Zwecken unentgeltlich widerzugeben", heisst es in der heise online vorliegenden Urteilsbegründung.
Neu:
In einem seit einem Jahr andauernden Rechtsstreit mit Wikipedia haben die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen einen Erfolg erzielt: Das Landgericht Stuttgart entschied in einem nun bekannt gewordenen Urteil, dass das Museum alleine bestimmen kann, wer Fotos von Ausstellungsgegenständen veröffentlichten darf. Das Gericht bestätigte eine Meldung der Berliner Kanzlei Müller Müller Rössner gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. In dem Streit geht es unter anderem um 17 Gemälde aus der Sammlung des Museums, die zwischen 1660 und 1900 entstanden waren und deshalb nach dem Urheberrecht als gemeinfrei gelten. Der Wikipedia-Autor hatte die Bilder in einem Sammelband entdeckt, eingescannt und auf Wikimedia Commons als gemeinfreie Werke veröffentlicht. Dagegen war das Museum vorgegangen, weil es mit den Bedingungen der Wikipedia-Lizenz nicht einverstanden war. So erlaubt die Online-Enzyklopädie ausdrücklich die kommerzielle Verwendung der Bilder. Nach Veröffentlichung war insbesondere ein Porträt des Komponisten Richard Wagner von 1862 als Motiv auf Merchandise-Artikeln aufgetaucht. Das Landgericht Stuttgart entschied nun - wie schon zuvor das Landgericht Berlin - dass die von einem Museumsfotografen aufwändig erstellten Fotografien der Gemälde nach dem Urheberrecht einen eigenständigen Schutz als Lichtbilder geniessen. Auch Fotos, die der Wikipedia-Autor in den Räumen des Museums selbst erstellt hatte, seien unzulässig. Nach dem Urteil darf allein das Museum darüber entscheiden, wer Fotos von Ausstellungsgegenständen ins Netz stellen darf - sofern das Museum auch das Eigentumsrecht an den Gegenständen besitzt. "Wir möchten betonen, dass wir grosse Sympathie für das Projekt Wikipedia haben", kommentierte Alfried Wieczorek, Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen, das Urteil. Dennoch könne man nicht hinnehmen, dass ein einzelner Wikipedia-Autor eigenmächtig entscheide, welche Kulturgüter weltweit zur gewerblichen Nutzung verfügbar gemacht werden. Der Streit ist damit aber noch nicht beendet. So geht die Wikimedia Foundation gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vor, das die Veröffentlichung der eingescannten Bilder ebenfalls als unzulässig bewertet hatte. Die Stiftung ist der Auffassung, dass das Museum über den Umweg des Lichtbildschutzes den Urheberschutz gemeinfreier Werke unzulässig verlängere. Dieser Auffassung hatte sich im vergangenen Jahr auch das Amtsgericht Nürnberg angeschlossen. Die in Frage stehenden Bilder bleiben in der Wikipedia vorerst online - allerdings mit einem Warnhinweis. (kbe)
Quelle

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