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Ständerat Daniel Jositsch dominierte an der zweiten Arena Debatte
über die Durchsetzungsinitiative. Es ist aufschlussreich, seine
rhetorischen Werkzeuge genauer zu betrachten. Erstaunlich, mit welchen
bewährten, zum Teil fragwürdigen Taktiken er sich in der
hitzigen Auseinandersetzung immer wieder Oberwasser erkämpfen
konnte.
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1. Unterbrechungen
Zuerst unterbricht Moderator Projer den stellvertretenden Chefredaktor
der Weltwoche Gut, als er das Wort "Täterschutzklausel" nennt.
Es folgt die Einspielung über den neuen Begriff der SVP für
das Wort " Härtefallklausel". Der Moderator gibt hernach Gut das
Wort zurück, der aber sofort von Jositsch unterbrochen wird mit
den Worten: "Ist Ihnen aufgefallen, dass..."
Gut spricht trotz dieser Unterbrechung weiter.
Es gelingt aber Jositsch, mit der Technik "ICH GEBE IHNEN RECHT",
den Gegner erfolgreich zu unterbrechen.
"Ich gebe Ihnen recht. Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass das Gesetz
das Sie kritisieren noch gar nicht angewendet werden kann?" Die
Unterbrechungstaktik wird hier noch mit einer Fragetechnik gekoppelt.
Jositsch gelingt es immer wieder, den Gegnern ins Wort zu fallen. Wird er
aber selbst unterbrochen, dreht er sofort den Spiess um und massregelt
den Unterbrecher. So gelingt es ihm, die Unterbrecher zu stoppen.
Jositsch beherrscht Stoppsignale, wie:
"Darf ich auch einmal ausreden?" oder mit einem Vorwurf, wie:
"Herr Gut, in einer Demokratie ist es üblich ... "
Jositsch stoppt Unterbrecher erfolgreich, indem er die Situation
beschreibt: "Sie unterbrechen mich schon wieder."
Er nutzt Stoppsignale, wenn er selbst unterbricht ("Falsch...." oder
"das stimmt nicht!" oder zeigt nonverbal sein Nichteinverständnis).
Bei der Unterbrechungstaktik dominiert Jositsch.
Falls aber ein Gegner versucht, Behauptungen oder Unwahrheiten mit
Zwischenrufen zu korrigieren, bezeichnet er dies als Niederschreien
des Gegners. Im zweiten Teil der Sendung reden alle durcheinander. Es
herrscht Chaos. Für Gegner der Initiative ist dies ein Beweis, dass
die SVP nicht zuhören kann. Jositsch hat diesen Eindruck geschickt
vorgespurt, indem er die eigenen Unterbrechungen stets kaschieren kann.
2. Wiederholungen:
Jositsch wiederholt seine Kernbotschaft bei jeder Gelegenheit:
Bei der Durchsetzungsinitiative gebe es ja gar keine Möglichkeit,
die Ausschaffungsinitiative umzusetzen, denn das Gesetz zur Umsetzung
sei ja gar noch nicht in Kraft.
Beispiele der Wiederholungstaktik sehen sie auch bei anderen Antworten.
3. Struktur
- Initiative ist gefährlich, weil sie keine Gelegenheit gibt,
die erarbeitete Ausschaffungsinitiative umzusetzen.
- Die Initiative ist gefährlich, weil sie polarisiert.
- Die Umsetzungsinitiative ist gefährlich, weil es bei ihr NUR
noch um Bagatellfälle geht.
- Die Durchsetzungsinitiative ist gefährlich, weil sie eine
strafrechtliche Selbstschussanlage ist (mit automatischer Umsetzung,
ohne dass Parlament und Gerichte mitreden können). Die Entscheide
sind unabänderlich.
Jositsch nutzt die Analogie Selbstschussanlage und verankert damit
seine fragwürdige Behauptung: Es gehe NUR um Bagatellfälle,
obschon nach dem Wortlaut der Vorlage das NUR nicht erwähnt wird.
4. Nonverbale Reaktionen
Wenn Gut oder Amstutz sprechen, zeigt Daniel Jositsch immer wieder
deutliche nonverbale Signale des Negierens . Er weiss, dass jeder
Kameramann solche Reaktionen aufnimmt und diese attraktiven Sequenzen
eingeblendet werden, wenn der Gegner spricht. Damit gelingt es ihm,
die Zuhörer von der Aussage des Kontrahenten abzulenken und dessen
Argument überhören zu lassen.
5. Lenkungstechniken
Nach einem ausführlichen, einleuchtenden Votum eines
Befürworters, übernimmt Jositsch sofort den Part mit der
Formulierung:
"Dabei ist ganz wichtig, dass wir beachten, dass die
Ausschaffungsinitiative angenommen worden ist. Da werden ja bereits
kriminelle Ausländer ausgeschafft. (Dann lenkt Jositsch zu seiner
Kernbotschaft) Wenn man dieses Gesetz in Kraft setzen könnte,
würden Sie sehen, dass dies auch gemacht wird. Der einzige
Unterschied ist die Härtefallklausel .Es geht nicht um Mörder,
sondern es geht um Ausnahmen .z.B. um einen Secondo, der eine leichte
Straftat gemacht hat. Den will man nicht ohne Klärung ausweisen."
Bei diesem Votum ist zugleich eine AUSKLAMMERUNGSTAKTIK versteckt:
Es wird ausgeklammert, dass der Secondo vor der sogenannten Bagatelle
vorgängig schon einmal verurteilt worden sein muss und nur bei
einer zweiten Verurteilung ausgeschafft würde.
6. Rechtgebens
Dies ist eine bewährte Methode, um zu beschwichtigen. Durch das
Entgegenkommen kann man auch problemloser unterbrechen. Denn der Gegner
ist eher bereit zuzuhören, weil er sich freut sich, dass er doch
recht hat.
Ein Zuschauer unterstützt die Durchsetzungsinitiative, weil
nach seinem Dafürhalten Täter erst dann das Land verlassen
müssen , wenn sie mehrfach "Mist gebaut" haben. Die Verurteilen
hätten ja ganz genau gewusst, dass es dann ernst gilt. Jositsch
unterbricht den Redner:
"Da haben sie recht. Die Ausschaffungsinitiative wurde ja angenommen
und der Täter würde ja ausgeschafft. Aber man müsste sie
nur in Kraft setzen können. Sie würden dann sehen, dass es so
geschieht, wie sie es gemeint haben."
In dieser Antwort ist noch eine AUSKLAMMERUNG versteckt.
Der Zuschauer hat nicht von der Ausschaffungsinitative gesprochen,
sondern von der Durchsetzungsinitative. Jositsch klammert das aus und
deutet damit seine Aussage geschickt um.
Verbunden mit den Taktiken des "RECHT-GEBENS" und der AUSKLAMMERUNG
handelt es sich bei dieser Replik ebenfalls um eine UMDEUTUNGSTAKTIK.
Ständerat Jositsch gelingt es, den Journalisten Gut ein zweites
Mal zu unterbrechen:
"ICH GEBE IHNEN RECHT. Sie können keine Gerichtspraxis kennen, die
noch nicht in Kraft ist. Wenn sich die Richter nicht ans Gesetz halten,
würden sie dies ja auch nach der Durchsetzungsinitiative nicht tun.
Was ich ihnen absprechen muss:
Sie haben ein fundamentales Problem mit einem Rechtsstaat."
Nachdem eine Befürworterin der Durchsetzungsinitiative von
Kuscheljustiz spricht und ihren Aengsten vor Gewalttätern nutzt
Jositsch eine Variante des RECHT GEBENS:
Taktik des Verstädnis zeigens. Er sagt:
"ICH VERSTEHE DAS SEHR GUT. Das ist auch der Grund, warum die
Ausschaffungsinitiative angenommen worden ist. Weil Leute ein gewisses
Unbehagen haben. Die Ausschaffungsinitiative wurde umgesetzt (bei schweren
Straftaten usw.). Die Täter werden nach dem Gesetz ausgeschafft,
das konnte leider noch nicht in Kraft gesetzt werden.
(Damit wiederholt Jositsch erneut seien Kernbotschaft
(WIEDERHOLUNGSTAKTIK) und sagt implizit, das Gesetz kann nicht angewendet
werden, weil die SVP die Durchsetzungsinitiative lanciert hat)
Der einzige Unterschied ist, ich betone es noch einmal
(WIEDERHOLUNGSTAKTIK): Es gibt Ausnahmefälle bei geringfügigen
Delikten, wenn eine Ausweisung übertrieben ist. Der Richter kann
ausnahmsweise eine Wegweisung verhindern..
Das steht in der Härtefallklausel."
7. Auf die Person des Gegners schiessen:
Amstutz zitiert eine zurückliegende Aussage Jositschs. Er habe damals
eindeutig gesagt, es sei ein Mangel, dass es keinen Unterschied zwischen
Schweren und mittelschweren Taten gebe. Heute streite er diese Aussage ab.
Ständerat Jositsch:
"Ich finde Herr Amstutz hat Fähigkeiten, die wenig Menschen
haben. Es sieht in die Zukunft uns liest Gedanken anderer Menschen.
(Nach diesem Einschub gegen die Person folgt eine LENKUNGS- kombiniert
mit einer WIEDERHOLUNGSTAKTIK)
- Die Härtefallklausel ist noch gar nicht in Kraft. Es kann ja
gar nicht gesagt werden, wie sie umgesetzt wird.
- Die Härtefallklausel sagt, dass nur in Ausnahmefällen auf
die Wegweisung verzichtet wird., wenn die öffentliche Sicherheit
nicht betroffen ist.
Wenn nun Herr Amstutz sagt, das werde nicht richtig umgesetzt,
dann behauptet er etwas, was er gar nicht wissen kann. Das Gleiche
könnte man auch bei der Durchsetzungsinitiative sagen. Sie werde
nicht umgesetzt. Ich habe im BLICK klipp und klar gesagt, ich stehe
hinter der Härtefallklausel. Das Einzige, was ich gesagt habe:
schwere Fälle, wie Mord ist nicht betroffen. Ich habe gesagt,
dass es schöner wäre, wenn dies klipp und klar drin gestanden
wäre."
Mit diesem langen Votum steht Aussage gegen Aussage. Das Publikum
erfährt nicht, ob das Zitat, das Amstutz erwähnt hat, stimmt.
Die persönlichen Etikettierung bewirkt, dass das Votum des Gegners
weggewischt wird.
Daniel Jositsch versteht es übrigens auch im SonnTalk (TeleZüri)
sich immer wieder geschickt ins Gespräch zu bringen. Er versteht
es mit geschickten Lenkungstechniken seine Botschaft ruhig zu platzieren.
Er wirkt nie wie ein militanter Debattierer.
So wie beim Skifahren nicht nur Talent und Ausrüstung, sondern auch
die Technik sehr wichtig ist, spielt bei Debatten die Technik ebenfalls
eine erhebliche Rolle.