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Muss sich eine Schule bei Schülern mit anderen Kultur oder
Religionswerten anpassen? Um diese Grunzsatzfrage geht es
in der "Händedruck" Affaire von Therwil.
Solche Fragen sind auch anderswo schon aufgetaucht, wie etwa
in einem Fall, wo ein Schüler aus religiösen Gründen
ein Dolch mit sich tragen will oder Schüler nicht im
Schwimm- oder Turnunterricht mitmachen müssen.
Die Händedruckaffaire, bei der zwei aus dem Irak stammende
Schüler der Lehrerin nicht die Hand geben wollen, wurde nicht
nur in der ganzen Schweiz zum Thema. Die Kontrowerse hat sich auch
in internationalen Medien
verbreitet.
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20 Min
Mehrere Tage war von Jürg Lauener, dem Therwiler Rektor, der mit
dem Händedruck-Dispens zweier muslimischer Schüler für
grossen Wirbel gesorgt hatte, nichts mehr zu hören. Schwere
Vorwürfe wurden gegen den Schulleiter laut. Doch nun äussert er
sich ausführlich und nimmt detailliert zu den Ereignissen und zur
Kritik Stellung - in einem Interview mit der "BZ Basel".
"Im ersten Moment hat mich die Berichterstattung betroffen gemacht",
sagt Lauener, darauf angesprochen, dass er als "Zauderer", Leiter der
"Skandalschule von Therwil" oder als Chef, der nun nach Ausreden suche,
bezeichnet wurde. Doch nun gehe es ihm persönlich gut. In der
Schule herrsche "Courant normal", man hoffe einfach, "dass sich der
Wirbel bald legt".
Der Wirbel um den Händedruck-Dispens für zwei muslimische
Schüler: Ist er denn unbegründet? Mittlerweile ist die
Sache zur Staatsaffäre geworden, Bundesrätin Simonetta
Sommaruga hat sich dazu geäussert, die Geschichte von den
Händeschüttel-Dispensierten geht um die ganze Welt, wo sie,
aus verschiedenen Gründen, für Kopfschütteln sorgt.
Nach und nach kamen weitere Details zutage - etwa, es sei anfangs gar
nicht um einen Händedruck gegangen, sondern um einen Streit auf
einer Schulreise. Deshalb hätten die muslimischen Brüder der
betreffenden Lehrerin die Hand nicht mehr geben wollen. "Das stimmt
nicht. Es hat in keiner Art und Weise einen Streit gegeben", sagt der
Rektor zur "BZ Basel": Er habe mit den Lehrern gesprochen und diese
Version der Geschichte hätten sie "klar verneint". Zudem: "Auch in
den zahlreichen Gesprächen, die wir mit den beiden Schülern
und der Familie geführt haben, war nie von einem solchen Vorfall
die Rede."
Allerdings räumt Lauener ein, er könne sich vorstellen, dass
das Thema Religion bei der Schulreise diskutiert wurde - und dass dieses
danach als Streit dargestellt wurde. Zu weiteren Ausführungen in
der "Basler Zeitung" über eine Affäre zwischen einem Lehrer
und einer Schülerin und einer Schlägerei sagt Lauener:
"Die Vorfälle sind passiert, aber nicht so, wie im Artikel
beschrieben. Ich denke, dass diese Berichterstattung eine persönliche
Abrechnung mit meiner Person darstellt."
Es treffe auch nicht zu, so Lauener, dass sich "zahlreiche" Personen
Sorgen machten: Es habe zwei Anfragen im Sekretariat gegeben, mehr
nicht. "Niemand hat seine Kinder von der Schule genommen." Lauener betont:
"Es gibt keinerlei Anzeichen für eine Gefährdung." Ein Brief
- gemeinsam von Schule und Polizei verfasst - soll alle Eltern weiter
informieren.
Zum Vorwurf, er würde die Gefahr und den Ernst der Lage
womöglich verharmlosen, entgegnet Lauer: "Nein, die Experten von der
Polizei kommen zur genau gleichen Einschätzung." Dies sei nach allen
Gesprächen mit der Familie und den Söhnen der Fall gewesen,
und dies bleibe auch so, nachdem nun verdächtige Videos auf dem
Facebook-Feed des älteren Bruders gefunden wurden. Rektor Lauener:
"Wenn ich alle Profile meiner 450 Schüler durchstöberte,
würde ich auf manch schräges Zeug stossen."
Der Klassenlehrer beschreibt die Schüler als religiös, fromm,
höflich und zuvorkommend. Sie hätten "ihre religiöse
Haltung verinnerlicht". Wenn die Weisung aus Liestal komme, sie
müssten den Lehrern die Hände schütteln, dann würde
er das durchsetzen, sagt Lauer. Zur Frage, wie er das bewerkstelligen
werde, sagt er: "Gerade das ist die Frage. Wie setzen sie bei einem
Schüler, der sich weigert, etwas durch, das gesetzlich nicht
vorgeschrieben ist?" Er verlange vom Kanton eine juristische Expertise.
Vom Verraten von Schweizer Werten will Lauener erst recht nichts
wissen. Der Rektor: "In der Bundesverfassung steht nichts von
Händeschütteln."