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www.rhetorik.ch aktuell: (21. Mar, 2016)

Zufriedenheits Kampagne der SBB

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Quelle 20 Min:
Am Montag stehen in den Bahnhöfen von Zürich und Genf Kamerateams der SBB. Sie drehen aber nicht etwa einen neuen Werbespot, sondern laden alle Kunden ein, ihnen ihre Kritik ins Gesicht - also in die Kamera - zu sagen. Diese Clips werden danach auf den Social-Media-Kanälen der SBB verbreitet. Auf der neuen Plattform sbb.ch/zufriedenheit können die Kunden ab sofort ihre Befindlichkeit über das Angebot der SBB ausdrücken und bewerten. Mittels Sterne-Rating in acht verschiedenen Bereichen - zum Beispiel Freundlichkeit, Sauberkeit oder Pünktlichkeit - sehen die SBB so in Echtzeit, was den Kunden derzeit auf dem Herzen liegt. Die Ergebnisse sind auch für die Öffentlichkeit sichtbar. Jeden Tag wird das Rating wieder zurückgesetzt, in der Monatsübersicht wird aber ersichtlich, wie die Bahn abgeschnitten hat. Zusätzlich stellen die SBB an den Bahnhöfen Basel, Bern, Genf und Zürich sogenannte Buzzer auf und lanciert die neue digitale Plattform www.sbb.ch/zufriedenheit (siehe Box). Für "Ungeduldige" und "Pünktlichkeits-Fanatiker" Gleichzeitig schalten die SBB neue TV-Werbespots auf, die sich explizit an die "Ungeduldigen, Rastlosen, Pünktlichkeits-Fanatiker, Saubermänner und Gastrokritiker" richten. Die SBB lädt also die ärgsten Kritiker ein, sich öffentlich zu äussern, gibt ihnen eine Stimme und - so die Idee - schenkt ihnen Gehör. Kann das wirklich gutgehen? Kommunikationsexperte Marcus Knill findet die Kampagne mutig und gelungen: "Den Dialog mit den Kunden zu suchen ist lobenswert und gut und wird von vielen Unternehmen viel zu wenig gemacht." Dennoch hat er einige Vorbehalte. Denn der TV-Spot berge eine gewisse Gefahr: So könnten die unangenehmen Erlebnisse bei den Kunden wieder hoch kommen - was bedeute, dass die negativen Erlebnisse trotz den zum Teil recht lustigen Sequenzen geankert und verstärkt würden. Er selbst sei das beste Beispiel: "Ich musste jüngst mit einem 1.-Klasse-Billett von Bern nach Zürich auf der Treppe im Gang Platz nehmen." Geteilter Ärger ist halber Ärger Knill hält das Einbinden der Kunden und der ärgsten Kritiker für psychologisch "geschickt aufgegleist": "Durch die Möglichkeit, den Frust los zu werden und den Ärger gleichsam abzuladen, kommt es zwangsläufig zu einer Entlastung bei den Kunden." Das sei ähnlich wie bei der Beichte. "Ganz im Sinne von: Geteilter Ärger ist halber Ärger." Doch nehmen die SBB die Kritik überhaupt ernst? Jan-Hendrik Völker-Albert, Marketing-Verantwortlicher SBB, sagt: "Natürlich. Wir wollen speziell von unseren unzufriedenen Kunden wissen, wo sie der Schuh drückt." Da sowohl positive als auch negative Erlebnisse unmittelbar bewertet werden, könnten die SBB so Schwachstellen schneller identifizieren. Die SBB suchen dabei laut Völker-Albert auch nach Hinweisen, die ihnen bisher noch nicht bekannt waren. Er betont aber, dass keine Wunder erwartet werden dürften. "Komplexe Themen wie eine Fahrplan-Optimierung müssen langfristig angegangen werden." Kurt Schreiber vom Verein Pro Bahn glaubt den SBB, dass diese sich die Kritik der Kunden zu Herzen nehmen werden. "Sie setzen alles daran, die Qualitätsstandards zu erfüllen." Und die Kunden müssten zum Teil vor der eigenen Türe kehren - zum Beispiel in Sachen Sauberkeit: "Man kann selbst etwas dafür tun und seinen Abfall nicht einfach liegenlassen." "Mit einem Lächeln quittieren" Die Kampagne findet Schreiber gelungen - auch die Bezeichnungen im TV-Spot wie "Pünktlichkeitsfanatiker" könne man so belassen, wie sie sind. "Für mich ist einfach wichtig, dass die Betroffenen diesen Beitrag mit einem Lächeln quittieren."

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